Aktuelle Aspekte zur Transfusion von Thrombozyten- eine Übersicht

Blumberg N et al. Platelet Transfusions: The Good, the Bad, and the Ugly. Anesth Analg. 2024 May 1;138(5):921-924. doi: 10.1213/ANE.0000000000006918. Epub 2024 Apr 15. PMID: 38621279.

Aus Anlass von aktuellen Bedrohungen der amerikanischen Bestände an Thrombozytenspendern und -konzentraten bei einem ständig steigendem Bedarf hat eine Diskussion von mehreren Autoren-Gruppen in  Anesthesia Analgesia begonnen, Neil Blumberg hat dazu ein Editorial verfasst. Die Diskussion bezieht sich hauptsächlich auf die prophylaktische Indikation von (in den USA hauptsächlich üblichen) Apheresekonzentraten.

Der erste Bericht im New England Journal  nahm Bezug auf die Engpässe in der Versorgung mit Thrombozytenkonzentraten seit der Corona-Pandemie. Er forderte in Anbetracht der chronisch angespannten Lage neue Techniken zur Verlängerung der Lagerungsdauer und die Bemühungen zur semi/automatisierten Gewinnung von Thrombozyten bei der Vollblutspende (Poolkonzentrate sind aus unklaren Gründen in den Staaten nicht üblich). Bei zunehmenden Versorgungsengpässen müssen auch zunehmend die ineffektiveren und immunisierenden AB0-inkompatiblen Transfusionen vorgenommen werden. 

Der Kommentar von Burns et al. in Anesth Analg  konzentrierte sich auf die Verbrauchsseite und stellte die Frage, ob der große Anteil prophylaktischer Indikationen für Thrombozytenkonzentrate nicht in erster Linie vermeidbar sei.   Ungefähr die Hälfte aller amerikanischen Einrichtungen transfundieren unabhängig von Blutungen bei einer Schwelle von Plt <10 000/µl. Die Autoren fordern zur Umgehung der Thrombozytentransfusion eine kausale Therapie der Thrombopenie/pathie zum Beispiel bei iatrogenen Aggregationsdefiziten als auch mehr pharmakologische Alternativtherapien mit zum Beispiel Desmopressin, Antifibrinolytika oder Thrombopoietin-Rezeptoragonisten. Und natürlich Wahrnehmung der Bestandswahrung unter Klinischer Akzeptanz von restriktiven Triggern und die Ausschöpfung der Patient Blood Management-Maßnahmen, was wohl auch in den Staaten vielerorts noch nicht gelebt wird- obwohl drei überzeigende kontrollierte Studien die erhöhte Mortalität und Blutungsfrequenz von liberalen Transfusionstrategien von TKs gezeigt haben (s.u.).

Das (unten verlinkte) Editorial von Blumberg  würdigt die altruistische Leistung der Spender, die für die Throbozytapherese einen größeren Aufwand als der normale Blutspender auf sich nehmen. Die anamnestische und funktionelle Gerinnungssituation als Prädiktor von Blutungsrisiken müssen einen größeren Raum einnehmen und die Routinedosis reduziert werden. Auf die AB0-inkompatible Praxis mancher Blutbanken (in Ignoranz überzeugender Studienergebnisse) eingehend, wird das Problem der Refraktärität von Blumberg et al. dargestellt. Leukozytenreduktion und AB0-Kompatibilität können die Entwicklung von Refraktärität nahezu eliminieren. Gewaschene und weitgehend Plasmafreie TKs können ebenso die Rate an febrilen und allergischen Transfusionsreaktionen minimieren.

Da wir hierzulande beide Produkte und bislang alle leukozytendepletiert vorliegen haben, sind unsere Ansätze zukünftige Versorgungsengpässe zu vermeiden eindeutig auf der Verbraucherseite. Und genau dort sind wir Kliniker diejenigen, die die Thrombozytenkonzentrate sorgfältig und individuell einsetzen müssen, restriktiv und die prophylaktische Anwendung nicht allzu liberal praktizieren sollen. Deshalb ist diese Diskussion auch (oder besonders) für uns wertvoll. 

PBM

 

Für Sie gelesen von Th. Frietsch

 

Outcome der Thrombozytenkonzentration in RCTs

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