Maschinelle Autotransfusion zur Sectio ist sicher und effektiv !!

Iyer NS et al. Use of Cell Salvage at the time of Cesarean Delivery: A Meta-analysis of Randomized Controlled Trials. Am J Obstet Gynecol MFM. Published online December 16, 2023. doi:10.1016/j.ajogmf.2023.101257

Bei bis zu 7 % der Kaiserschnittentbindungen ist eine Fremdbluttransfusion erforderlich. Die Wirksamkeit und Sicherheit der maschinellen Autotransfusion (MAT) während einer Kaiserschnitt-Entbindung ist nicht gesichert. Befürchtet wird vor allem die Fruchtwasserembolie, die Exposition des mütterlichen Immun-/und Gerinnungssystems mit Fremdantigenen des Kindes und die Einschwemmung von Bestandteilen des Fruchtwassers. Das kann neben der Antikörperbildung zum Beispiel des Rhesusfaktors auch zur mütterlichen Freisetzung von Prostaglandinen und biogenen Aminen mit schweren Kreislaufreaktionen und pulmonaler Vasokonstriktion führen. "Normalerweise" dringt fetales Blut, Fruchtwasser und deren Bestandteile über das eröffnete Bett der Plazenta, über eine Verletzung von Gefäßen der Gebärmutter in das venöse System der Mutter. Man stellt sich vor, dass sich dieses zum Schock, Krampfanfall und dissemnierter Gerinnungsstörung (DIC) führende und höchst letale Ereignis (Inzidenz geschätzt 1: 800 bis 1:80000 Geburten bis zu 30% tödlich) durch die MAT theoretisch ebenso ereignen kann. Siehe auch (Tschöp et al. Anästhesiologisches Management der Fruchtwasserembolie.AINS 2020).

Wegen dieser Bedenken ist in vielen Einrichtungen in Deutschland (und vermutlich international) der Gebrauch der MAT in der Geburtshilfe nicht etabliert. Eine kürzlich Zusammenfassung von der Arbeitsgruppe um Jon Waters (Waters JH et al. How do I perform cell salvage in obstetrics? Transfusion 2019 Jul;59(7):2199-2202.doi: 10.1111/trf.15352.hat jedoch die Empfehlung zum Gebrauch erteilt, aus Erfahrung die Ängste als unbegründet beurteilt und den Gebrauch eindeutig befürwortet. Ebenso hat eine kürzlich veröffentlichte prospektive Kohorten-Studie eines Zentrums mit knapp 6700 Geburten (6,6% MAT-EInsatz) eine Inzidenz der Rhesusimmunisierung von 1:423 (0,23%) gezeigt (Leeson C et al. Routine Use of Cell Salvage during Cesarian Section. Acta Obstet Gynecol Scand. 2024 Mar;103(3):498-504. doi: 10.1111/aogs.14753). Leider fehlte der Vergleich hinsichtlich der Fremdblutexposition zu Patienten ohne Einsatz der MAT.

Diesbezüglich verlässlicher ist die Evidenz aus einer amerikanischen Meta-Analyse. Daten von insgesamt vier prospektiven Studien (RCTs) mit n=3231 Patientinnen, bei deren Kaiserschnittentbindung der Einsatz der MAT im Vergleich zur Standardversorgung bildeten die Grundlage der Analyse. 

Die Fremdblutexposition der Gebärenden konnte durch den Einsatz der MAT um nahezu 40% reduziert werden (OR 0,61, 95 %-KI [0,41; 0,92]). Der postoperative Hämoglobinabfall war nicht unterschiedlich zwischen den untersuchten Gruppen (MD -1,03, 95 %-KI [-2,78; -0,72]).

Sekundäre Ergebnisse zeigten keinen Unterschied in der Transfusionsreaktion (OR 0,56, 95 %-KI).[0,06; 5,59]) und Dauer des Krankenhausaufenthalts (MD -1,90, 95 %-KI [-4,85; 1,06]). Es ereigneten sich keine Fälle von Fruchtwasserembolie-Symptomatik  bei den mit MAT behandelten n=1620 Patientinnen.

Das ist vermutlich keine ausreichend große Fallzahl, um mit hoher Sicherheit die Anwendung der MAT in dieser Indikation als unbedingt notwendig erscheinen zu lassen, zumal 90% der eingeschlossenen Fälle aus einer Studie (SALVO) kommen. Aber die Daten kommen aus mehreren prospektiven und objektiven Studiensettings und somit ist die Datenlage um ein Vielfaches besser als die bei uns in der Richtlinie Hämotherapie verankerte Bestrahlung der MAT-Produkte in der Onkochirurgie.

Was fügt dies also zu dem hinzu, was bekannt war und welchen Einfluss auf unser tägliches Handeln kann diese Meta-Analyse haben? Durch die MAT kann die Notwendigkeit einer allogenen Bluttransfusion während eines Kaiserschnitts mit ausreichender Sicherheit verringert werden. Ein Risiko durch Fruchtwasserembolie ist theoretischer Natur, praktisch nicht existent und kann durch die bekannte Dosiswirkungsbeziehung erklärt werden: In den mütterlichen Kreislauf eingeschwemmte Volumina unter 1-2 ml an Fruchtwasser rufen wenig bis gar keine Reaktionen hervor (Dudenhausen JW et al.  Hermann P. G. Schneider, Gunther Bastert: Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Walter de Gruyter, 2002, ISBN 3-11-016562-7, S. 638–640). Für wen das immer noch nicht sicher genug ist, kann durch den zusätzlichen Gebrauch eines Leukozytendepletionsfilters ein noch höheres Sicherheitsniveau erreichen.

Pubmed

 

Für Sie gelesen und beurteilt von Th. Frietsch

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