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Autor Thema: Ernennung zum QB: Widerspruch möglich?
tfrietsch
Supermoderator
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ID # 24


  Erstellt am 20. Februar 2018 12:39 (#1)  |  Zitat Zitat   PN PN   E-Mail E-Mail
Eine Anfrage eines Forumnutzers:

Ich bin seit 2001 Qualitätsbeauftragter für Hämotherapie in unserem Haus.
Aus verschiedenen Gründen möchte ich diese Aufgabe nicht weiter ausfüllen. Kann der Arbeitgeber mich in dieser speziellen Aufgabe zwingen, sie weiter auszuführen?
Andererseits habe ich ja auch nie einen Vertrag o.ä. bezüglich der Aufgabe des Qualitätsbeauftragten bekommen, ich habe damals 2001 lediglich eine mündliche Zusage zu dem damaligen Transfusionsverantwortlichen gegeben, dies zu machen und erst recht habe ich nie ein Gehalt diesbezüglich bezogen...
Kein leichtes Umgehen mit dieser Situation und sehr undankbar.

Beiträge: 330 | Mitglied seit: Dezember 2003 | IP-Adresse: gespeichert
tfrietsch
Supermoderator
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ID # 24


  Erstellt am 20. Februar 2018 13:21 (#2)  |  Zitat Zitat   PN PN   E-Mail E-Mail
Unternehmen also hier Krankenhausbetriebssatzung in Person der Geschäftsführung sind aufgrund diverser öffentlich-rechtlicher Normen verpflichtet, Beauftragte zu bestellen. Die Beauftragten sollen in den jeweiligen Bereichen eine betriebliche Selbstüberwachung, insbesondere in Bezug auf die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften, gewährleisten. Dabei kommen den Beauftragten unterschiedliche Aufgaben zu, je nach Art der zugrundeliegenden Norm; es kommen Beratungs-, Informations- und Initiativaufgaben in Betracht.
Der Arbeitgeber kann die Pflicht, einen Beauftragten im Unternehmen vorzuhalten, entweder durch eigene Arbeitnehmer oder Externe erfüllen. Die Beauftragten sollen i.d.R. selbständig und unabhängig agieren, stehen aber in einem gewissen Spannungsverhältnis, wenn sie zugleich abhängige Arbeitnehmer sind.

Gem. § 15 Abs. 1 Satz 2 TFG haben Einrichtungen der Krankenversorgung zusätzlich für jede Behandlungseinheit, in der Blutprodukte angewendet werden, eine ärztliche Person zu bestellen, die in der Krankenversorgung tätig ist und über transfusionsmedizinische Grundkenntnisse und Erfahrungen verfügt (transfusionsbeauftragte Person). Gem. § 15 Abs. 1 TFG haben Einrichtungen der Krankenversorgung, die Blutprodukte anwenden, ein System der Qualitätssicherung für die Anwendung von Blutprodukten nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik einzurichten. Die Aufgaben des Qualitätsbeauftragten Hämotherapie und des Transfusionsbeauftragten werden gem. § 18 Abs. 1 TFG in der Richtlinie de Richtlinie zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Richtlinie Hämotherapie) festgeschrieben.
Das TFG und die Richtlinie Hämotherapie regeln nicht, welches Rechtsverhältnis mit der Bestellung begründet werden soll, sondern widmet sich nur den Anforderungen, die an die Person zu stellen sind und ihren Aufgaben.
Die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen und Konsequenzen der Bestellung eines Beauftragten in einem Unternehmen hat das BAG für den Datenschutzbeauftragten mit Urteil vom 29.09.2010 ? 10 AZR 588/09 beantwortet. Die von den Richtern getroffenen Feststellungen können auf den Qualitätsbeauftragten Hämotherapie und den Transfusionsbeauftragten übertragen werden: Die Übertragung des Amtes als Qualitätsbeauftragter bzw. Transfusionsbeauftragter und der damit verbundenen Aufgaben ist gegenüber dem Arbeitnehmer regelmäßig nicht durch Ausübung des Direktionsrechts möglich. Es bedarf vielmehr einer Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, dass die Wahrnehmung des Amtes und der damit verbundenen Tätigkeit Teil der vertraglich geschuldeten Leistung werden soll. Diese Vereinbarung kann konkludent geschlossen werden, indem der Arbeitnehmer das angetragene Amt annimmt. Damit erweitern sich seine arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten um die Tätigkeit eines Qualitätsbeauftragten Hämotherapie/den Transfusionsbeauftragten. Sofern also ein Arbeitnehmer das ihm angebotene Amt des Beauftragten durch Übernahme der Tätigkeit annimmt und damit sein Einverständnis mit der Bestellung dokumentiert, wird der Arbeitsvertrag für die Zeitspanne der Amtsübertragung entsprechend geändert und angepasst (BAG, Urteil vom 29.09.2010 ? 10 AZR 588/09, Rn. 12 ff.). Konsequenz dessen ist, dass mit der Bestellung zum internen Beauftragten die damit verbundene Tätigkeit für die Dauer des Amtes zur (bisher) vertraglich geschuldeten Leistung des Arbeitnehmers hinzutritt. Der konkrete Inhalt der Änderungen des Arbeitsvertrages ist durch Auslegung zu ermitteln, §§ 133, 157 BGB.

Im BDSG ist die Beendigung einer Bestellung als Datenschutzbeauftragter eindeutig geregelt; die Bestellung kann nach § 4f Abs. 3 S. 4 BDSG wirksam widerrufen werden und ist sodann nicht mehr Bestandteil der vertraglich geschuldeten Leistung. Entsprechende Regelungen sehen aber weder das TFG noch die Richtlinie Hämotherapie vor. Insofern sind die allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätze zu bemühen und es bedarf in diesem Fall einer ausnahmsweisen zulässigen Teilkündigung. Entscheidendes Merkmal einer Teilkündigung ist die einseitige Änderung von Vertragsbedingungen gegen den Willen der anderen Vertragspartei. Im Gegensatz zur Kündigung oder Änderungskündigung erfasst die Teilkündigung nicht das Arbeitsverhältnis in seinem gesamten Bestand. Sie löst nur einzelne Rechte und Pflichten aus dem weiter fortbestehenden Arbeitsverhältnis heraus. Eine solche nicht vereinbarte einseitige Änderung einzelner Vertragsbedingungen durch Teilkündigung ist regelmäßig unzulässig, da sie das vereinbarte Ordnungs- und Äquivalenzgefüge des Vertrags stört. Die einzelnen Teile eines Arbeitsvertrages kommen regelmäßig nicht isoliert zu Stande, sondern stehen in einem inneren Zusammenhang und in Wechselwirkungen. Dem würde es zuwiderlaufen, wollte man einer Vertragspartei das Recht zubilligen, einseitig einzelne unwillkommene Teile des Vertrags aufzukündigen und dadurch den Vertragspartner zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter für ihn ungünstigeren oder zumindest ungewollt veränderten Bedingungen zu zwingen (BAG, Urteil vom 13.03.2007 ? 9 AZR 612/05, Rn. 30). Die Teilkündigung ist deshalb nur ausnahmsweise zulässig. Sie wird als Gestaltungsmittel anerkannt, wenn ein Gesamtvertragsverhältnis sich aus mehreren Teilverträgen zusammensetzt und diese Teilverträge nach dem Gesamtbild des Vertrags jeweils für sich als selbständig lösbar aufgefasst werden müssen.
Diese Voraussetzungen können bei einer Beauftragung als Qualitätsbeauftragter Hämotherapie und Transfusionsbeauftragter erfüllt sein. Denn diese Sonderaufgaben stehen grundsätzlich nicht in einem inneren Zusammenhang mit den sonstigen arbeitsvertraglichen Rechten und Pflichten. Deshalb wird der Wegfall der Beauftragung nicht zu einem einseitigen wesentlichen Eingriff in das Ordnung- und Äquivalenzgefüge des gesamten Arbeitsverhältnisses führen, da das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nicht verändert wird. Eine abschließende Beurteilung ist selbstverständlich nur in Kenntnis der jeweiligen individualvertraglichen Absprache möglich.

So hat unser Jurist Ihre Anfrage beantwortet.
Ich denke also , dass Sie durchaus jederzeit von Ihrer Bestellung als QB zurücktreten können. Ich würde Ihnen die schriftliche Form raten.

Beiträge: 330 | Mitglied seit: Dezember 2003 | IP-Adresse: gespeichert



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