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Autor Thema: Ab welchem Transfusionsrisiko ist die Anforderung von AKS und BG geboten?
tfrietsch
Supermoderator
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ID # 24


  Erstellt am 20. Februar 2018 21:41 (#1)  |  Zitat Zitat   PN PN   E-Mail E-Mail
Die Anfrage eines Forumnutzers:

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

zu einer Problematik der täglichen Praxis habe ich eine Frage. Es geht darum, bei welchem Risiko man präoperativ BG und AKST (Type and Screen) bestimmen sollte. Wir haben seit Jahren eine restriktive (vorsichtige) Regelung, so dass wir bei allen Eingriffen, die auch als seltene Komplikation eine bedrohliche Blutung hervorrufen können, (z.B. laparoskopische Eingriffe) diese Untersuchung voranstellen.

Nun haben wir einen neuen viszeralchirurgischen Chefarzt, der das in Frage stellt. An der Uniklinik habe man das bei Bagatelleingriffen (z.B. CHE, AE, diagnost. Lap. mit PEs) nicht gemacht und könne ja im Übrigen im unwahrscheinlichen Notfall laparatomieren und die Blutung chirurgisch stillen. Nebenbei: Ich schätze den neuen Kollegen und wir haben einen guten Umgang. Es geht mir nicht um "Argumentationsmunition", sondern um ein Vorgehen nach validen Empfehlungen.

Wie ist die aktuelle Sichtweise? Gibt es dafür konkrete Anweisungen, z.B. in den Richtlinien oder AK Blut? Ich habe prima vista nichts gefunden außer einen Forenbeitrag hier vom 5.Okt 2007 (kdellori).

Beiträge: 330 | Mitglied seit: Dezember 2003 | IP-Adresse: gespeichert
tfrietsch
Supermoderator
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ID # 24


  Erstellt am 20. Februar 2018 22:02 (#2)  |  Zitat Zitat   PN PN   E-Mail E-Mail
Lieber Kollege,
Die Richtliniennovelle 2017 beziffert diesbezüglich keine explizite Wahrscheinlichkeit. Allerdings ist in den Richtlinien schon länger die 10%ige Transfusions- Wahrscheinlichkeit als Grenzwert für die Aufklärungsverpflichtung des Arztes gegenüber dem Patienten bezüglich alternativen Verfahren erwähnt und in den neuen Richtlinien von 2017 die Verpflichtung zur Ermittlung der Transfusionswahrscheinlichkeit aus hausinternen Daten verankert.
Sie haben recht, das es sicherer ist, es auch bei geringerer Wahrscheinlichkeit zu machen. Allerdings können sich das immer weniger Einrichtungen erlauben. Ökonomischer ist es, wenn wir gezielt die Eingriffe ermitteln, bei denen die vorab geforderte Blutgruppen (BG)-Bestímmung und die Durchführung des Antikörpersuchtests (AKS) auch zum Prozess der Transfusionsverabreichung genutzt werden kann. Labore, die aufgrund zu vieler BG-Bestimmungen die Konservenbereitstellung nicht in akzeptabler Zeit schaffen oder bei denen Prozesse wegen Überlastung fehlerhaft ablaufen, sind eine Gefahr für die Patienten. Paradox-aber dann ist es unsicherer, zur Sicherheit mehr GB und AKS anzufordern.
Folgerichtig sieht es die Qualitätsbewertung als Kriterium der gute Hämotherapie an, das Verhältnis von angeforderten BG und AKS-Bestimmungen und auch Kreuzproben zur Anzahl der verabreichten Konserven abzufragen. Wo die Anzahl der Labortests im Verhältnis zur erfolgten Konservenverabreichung zu hoch oder auch zu niedrig ist, stimmt die Qualität der Hämotherapie nicht.
Zusammenfassend ist meine persönliche Lesart der Richtlinie, dass es keinen Sinn macht, wenn die Transfusionswahrscheinlichkeit unter 10% ist, eine BG und AKS -Bestimmung durchführen zu lassen. Ob man bei negativem AKS dann auch passende Konserven auskreuzen lässt oder nur reservieren (und wieviele), halte ich für nebensächlich. Das wäre eine sehr sinnvolle und sichere Methode, Laborressourcen weiter zu konzentrieren.

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Prof Dr. med. Thomas Frietsch
1. Vorsitzender der Interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft
für Klinische Hämotherapie IAKH e.V.
Anästhesiologie und Intensivmedizin
Universitätsmedizin Mannheim

Beiträge: 330 | Mitglied seit: Dezember 2003 | IP-Adresse: gespeichert
ToniGraf
ist neu hier
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ID # 446


  Erstellt am 11. April 2018 09:14 (#3)  |  Zitat Zitat   PN PN   E-Mail E-Mail
Sehr geehrter Herr Prof. Frietsch,

zu diesem Thema habe ich eine etwas abweichende Meinung. Wir stellen ab einer Transfusionswahrscheinlichkeit von 10% gekreuzte Konserven bereit und klären den Patienten schriftlich auf. Bei einer Wahrscheinlichkeit von ca 2-10% machen wir BG und AKS, klären aber nicht auf. Das wichtige ist natürlich der negative AKS, dann kann ich ja im Notfall in kürzester Zeit Konserven bekommen, nachgekreuzt oder auch ungekreuzt. Ist der AKS aber positiv, muss vor dem Eingriff eine Antikörperdifferenzierung durchgeführt und evtl. doch gekreuzt werden. Für die erwähnten Eingriffe mit seltenem Blutungsrisiko (unter etwa 2%) wie Laparoskopie, Varizen, Struma, Galle, Knieprothese oder Bandscheibe machen wir keine BG/AKS.

mit freundlichen Grüßen

Dr. A. Graf
Transfusionsverantwortlicher
OK Achern-Oberkirch

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Dr. A. Graf
OK Achern-Oberkirch

Beiträge: 5 | Mitglied seit: April 2018 | IP-Adresse: gespeichert
tfrietsch
Supermoderator
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ID # 24


  Erstellt am 13. April 2018 21:25 (#4)  |  Zitat Zitat   PN PN   E-Mail E-Mail
Lieber Herr Graf,
Ihre Vorgehensweise ist im Sinne der Patientensicherheit sicherlich sehr positiv und ausreichend.
Solange das Laborpersonal alle anfallenden Arbeiten und Notfallsituationen ausreichend bedienen kann, ist dagegen nichts einzuwenden.

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Prof Dr. med. Thomas Frietsch
1. Vorsitzender der Interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft
für Klinische Hämotherapie IAKH e.V.
Anästhesiologie und Intensivmedizin
Universitätsmedizin Mannheim

Beiträge: 330 | Mitglied seit: Dezember 2003 | IP-Adresse: gespeichert
tfrietsch
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ID # 24


  Erstellt am 13. April 2018 21:26 (#5)  |  Zitat Zitat   PN PN   E-Mail E-Mail
Lieber Herr Graf,
Ihre Vorgehensweise ist im Sinne der Patientensicherheit sicherlich sehr positiv und ausreichend.
Solange das Laborpersonal alle anfallenden Arbeiten und Notfallsituationen ausreichend bedienen kann, ist dagegen nichts einzuwenden.

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Prof Dr. med. Thomas Frietsch
1. Vorsitzender der Interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft
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Universitätsmedizin Mannheim

Beiträge: 330 | Mitglied seit: Dezember 2003 | IP-Adresse: gespeichert



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