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Autor Thema: Auslagerung von Labors- Vorgaben zur Versorgungszeit?
tfrietsch
Supermoderator
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ID # 24


  Erstellt am 17. April 2018 10:35 (#1)  |  Zitat Zitat   PN PN   E-Mail E-Mail
Die anonyme Anfrage eines Forumnutzers:

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Im Rahmen einer Krankenhausfusion soll an unserem Standtort das immunhämatologische Labor in ca. 28 km Entfernung verlagert werden.
Wir sind ein Akutkrankenhaus im ländlichen Bereich und zugelassen zur Schwerverletztenversorgung der BG. Notfalltransfusionen kommen regelmäßig vor. Bisher war die Bereitstellung von Blut im Notfall kein Problem.
In den ersten 15 Minuten Gabe von O rh neg ungekreuzt.
In den weiteren 15 Minuten blutgruppengleich ungekreuzt.
Danach gekreuzte Konserven.
Mit der Auslagerung des immunhämatologischen Labors wird folgendes Procedere vorgeschlagen.
Ausreichende Lagerung von O rh neg Konserven.
Versand der Blutprobe in das ausgelagerte Labor (ca. 30 bis 45 Minuten Fahrzeit).
Nach weiteren 10 min Mitteilung der Blutgruppe (d. h. über 45 min. Gabe von 0 rh neg) und Entnahme der ungekreuzten Konserven aus unserem im Haus geplanten Depot.
Nach weiteren 15 bis 20 Minuten (also mehr als 60 min)stehen gekreuzte Blutkonserven zur Verfügung (bei uns gelagert und aus dem Pilotröhrchen im externen Labor gekreuzt).
Nun meine Frage: Gibt es klare Empfehlungen in welcher Zeit an einem Haus der Akutversorgung im Notfall die Blutgruppe des Patienten bestimmt sein muss und wann die Kreuzprobe im Notfall durchgeführt sein muss.
Das geplante Vorgehen hat mit Qualitätssicherung in der Hämotherapie nichts mehr zu tun. Als Qualitätsbeauftragter Hämotherapie versuche ich das geplante Vorgehen abzuwenden. In den Richtlinien und Leitlinien sind Zeitvorgaben nicht zu finden. Das Risiko trägt immer der transfundierende Arzt.
In der Hoffnung auf eine hilfreiche Argumentationshilfe...

Beiträge: 331 | Mitglied seit: Dezember 2003 | IP-Adresse: gespeichert
tfrietsch
Supermoderator
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ID # 24


  Erstellt am 17. April 2018 10:45 (#2)  |  Zitat Zitat   PN PN   E-Mail E-Mail
Lieber Forumnutzer,
in der Tat sind Zeitvorgaben nirgendwo zu finden, weshalb solches Procedere auch hin und wieder umgesetzt wird.
Nur unter speziellen Rahmenbedingungen und der Voraussetzung, dass man so etwas sehr gut organisiert, kann man das aus meiner Sicht auch machen. Ich habe auch in meinem Verantwortungsbereich ein Haus, wo das gut funktioniert, aber das ist ein 100 Betten Haus ohne kritische Fachabteilung und das große Schwesterkrankenhaus ist 15 min entfernt. Da haben wir vielleicht 2x im Jahr mal die Situation, dass man sich einer Konserve aus dem Notfalldepot (4 EK Blutgruppe 0) bedienen muss, wenn überhaupt, meistens bei GI-Blutung.
In Ihrem geschilderten Fall finde ich allerdings sowohl die räumliche Distanz/Fahrtzeit als auch die Tatsache, dass solche Notfalltransfusionen regelhaft vorkommen, kritisch.
Die medizinische Notfallsituation, die eh schon allen Beteiligten viel abverlangt, wird noch durch eine ?logistische Notfallsituation? verschärft, die ja in diesem Fall geplant ist und in Kauf genommen wird.
Auch die Entnahme von Blutprodukten durch Mitarbeiter aus dem ärztlichen oder pflegerischen Bereich ist schulungsintensiv, von blutgruppengleich ungekreuzt (wäre ja im 2. Schritt der Fall) kann ich nur abraten, die Gefahr, dass dabei mal eben das falsche EK mit der falschen Blutgruppe gegriffen wird, ist viel zu hoch, also wenn, dann 0 (neg oder pos) bis gekreuzte EK zur Verfügung stehen.
Insgesamt ist dem Vorhaben also in Ihrem Fall nicht zuzustimmen. Es sprechen auch weitere Umstände dagegen:
Das geplante Vorhaben bedeutet ja auch Mehrarbeit für den ärztlichen und pflegerischen Bereich: Unter dem Gesichtspunkt der überall vorherrschenden Personalknappheit muss dieses unbedingt berücksichtigt werden, insbesondere wenn es regelhaft vorkommt.

Herzliche Grüße

Dr. med. Birgit Fleiter
Ärztin für Transfusionsmedizin, Hämostaseologie
Qualitätsbeauftragte Hämotherapie
Ärztliche Leitung externe Krankenhauslaboratorien

Beiträge: 331 | Mitglied seit: Dezember 2003 | IP-Adresse: gespeichert
tfrietsch
Supermoderator
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ID # 24


  Erstellt am 17. April 2018 10:46 (#3)  |  Zitat Zitat   PN PN   E-Mail E-Mail
Argumentationshilfe kann in Ihrem Fall nur sein, dass die voraussehbaren Versorgungszeiten zu einer Patientengefährdung führen müssen. Einer medizinischen Notfallsituation noch einen logistischen Engpass regelhaft zuzumuten, ist abzulehnen. Das hat Dr. Fleiter qualifiziert dargestellt. Als QB-Hämotherapie können und müssen Sie diese Zeiten im QM-Bericht erfassen und als Mängel weitergeben.

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Prof Dr. med. Thomas Frietsch
1. Vorsitzender der Interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft
für Klinische Hämotherapie IAKH e.V.
Anästhesiologie und Intensivmedizin
Universitätsmedizin Mannheim

Beiträge: 331 | Mitglied seit: Dezember 2003 | IP-Adresse: gespeichert
mloesch
kommt regelmäßig her
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ID # 16


  Erstellt am 17. April 2018 14:57 (#4)  |  Zitat Zitat   PN PN   E-Mail E-Mail
Sehr geehrter Kollege,
Die Anforderungen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger nach § 34 SGB VII an Krankenhäuser zur Beteiligung am Schwerstverletzungsartenverfahren (SAV) vom 01.01.2013 setzen unter 2.6.4 die Vorhaltung eines Labors und einer Blutbank voraus. Was sagt der Träger der Unfallversicherung zu der geplanten Auslagerung? Verlust der Teilnahme am Schwerverletztenverfahren?

Michael Loesch
QB-Hämotherapie
Vivantes - Berlin

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M. Loesch
QBH - Vivantes/Berlin

Beiträge: 26 | Mitglied seit: Oktober 2003 | IP-Adresse: gespeichert



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