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Author | Topic: Interpretation der PREVENTT-Studie zur Effektivität der Anämietherapie |
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tfrietsch Supermoderator ID # 24 |
Posted on March 29, 2021 09:52 AM (#1)
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Zuletzt war die PREVENTT-Studie aus Australien als größere multizentrische Studie zur präoperativen Eisengabe zum Ergebnis gekommen, dass
Prof. Dr. med. Patrick Meybohm, Uniklinikum Würzburg sieht die Ergebnisse der PREVENTT-Studie (siehe unsere Literatirrezension: https://www.iakh.de/zeitschrift/effizienz-der-praeoperativen-eisengabe-preventt-studie-publiziert.html) in folgendem Zusammenhang: "Bei PREVENTT sehe ich folgende Dinge kritisch, aber auch große Chancen: -Sehr lange Rekrutierung: 500 Pat an 45 Zentren in 5 Jahren, d.h. durchschnittlich 2 Pat pro Zentrum pro Jahr (keine Routine) -Transfusionen waren nicht standardisiert, Hb Werte als Trigger und als Ziel sind unklar, d.h. jeder Arzt oder jedes Zentrum hat ggf. irgendwann und irgendwie mit EK transfundiert. Damit gibt es ein großes Grundrauschen beim transfundierten EK- Volumen und Anzahl der Konserven, das jeden real existierenden Vorteil verdünnen könnte -Richtiges Studienziel?:Die Anzahl benötigter EKs pro Patient (Transfusionsrate) ist zukünftig für große Eisenstudien wahrscheinlich kein gutes Outcome und nicht fein genug; die Unterschiede 0 EK, 1EK oder 2 EK sind viel zu grob, kleinere Unterschiede wird man so nicht herausbekommen - Hohe Anzahl Non-responder: Nur 20% der Patienten haben auf eine Therapie reagiert, 80%!!! waren präop immer noch anämisch (trotz Therapie), d.h. anämische Pat haben trotz Therapie immer noch höheren EK Verbrauch -Keine differenzierte Anämiediagnostik: Präoperativ wurde nicht explizit nach Eisenmangel gescreent, nur die Anämie (egal welche Ursache) war Grund für einen Einschluss, d.h. auch Nicht-Eisenmangelpatienten wurden eingeschlossen. Wie soll hier Eisen i.v. aber helfen? Ein Giesskannenprinzip hat in der Medizin noch nie wirklich gut geholfen. Damit gab es bestimmt auch Verdünnung der Effekte bzw. Einschluss von nicht-wirksam therapierbaren Patienten. -Dosis zu gering: Für alle Patienten gab es immer 1000mg; je nach kg KG hätten ggf aber auch 1500-2000mg indiziert sein können, d.h. ggf waren auch 10-30% der Pat unterdosiert? - Zu kurze präoperative Eisentherapie: Die mittlere Zeit von nur 10 Tage präoperativ ist für eine adäquate Response sehr knapp; im klinischen Alltag nutzen wir jeden Tag, notfalls auch nur 1 Woche; aber in einer klinischen Studie mit max. Chance wären wohl eher 3-4 Wochen notwendig gewesen. - Unplausible Daten: Komisch ist, dass in der Kontrollgruppe 10% auch aus der Anämie rausgekommen sind? Wurde hier im Vorfeld schon transfundiert? - Weitere methodische Unklarheiten: Wie valide sind Fragebögen zur Lebensqualität (quality of life) sind; ggf passen sich Patienten nach Komplikationen schnell an reduzierte Leistungsfähigkeit an, vorher 3km tgl Waldspaziergang, nach OP nur noch Sofa und Fernseher, die Zufriedenheit könnte aber gleich gut sein?; Chancen: Spannend ist, dass v.a. postoperativ der bessere Hb-Anstieg wieder sichtbar ist, d.h. hier gibt es zukünftig ein hohes Potential. Vermutlich war die geringere KH-Wiederaufnahmerate ein Effekt der Anämiekorrektur. Univ.-Prof. Dr. med. Patrick Meybohm Direktor der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie Universitätsklinikum Würzburg |
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simon13althaus ist neu hier ID # 496 |
Posted on April 29, 2021 11:56 AM (#2)
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Liebe Kollegen,
Vermutlich würde mich das Ergebnis der PREVENTT-Studie nicht dazu veranlassen, eine gut laufende präoperative Anämieambulanz einzustampfen. Aber eine Struktur zur Diagnostik und Therapie neu zu etablieren? Mit welchen Argumenten Geschäftsführung und operative Kollegen davon überzeugen, dass sich der hohe Aufwand für unsere Patienten lohnt? Mit welchen Argumenten Patienten neu einbestellen, ggf. absetzen, ggf. zusätzlicher Präsenztermin...? (vielleicht gewagte-)Hypothese: bis es weitere Erkenntnisse aus Studien zu einer wirkungsvollen präoperativen Anämietherapie gibt, ist es zum aktuellen Zeitpunkt nicht sinnvoll, eine präoperative Anämieambulanz neu zu etablieren. Der Schwerpunkt muss auf all den anderen PBM-Maßnahmen liegen, deren Effektivität nachgewiesen- oder zumindest nicht widerlegt ist. Freue mich über fundierten Widerspruch! ----------------------- Dr. med. Simon Althaus, DESA<br />Kreiskliniken Reutlingen |
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