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Autor Thema: optimale Epo Therapie
dobi
ist neu hier
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ID # 417


  Erstellt am 10. April 2022 11:02 (#1)  |  Zitat Zitat   PN PN   E-Mail E-Mail
Guten Tag in die Runde!

An unserer Klinik versuche ich derzeit mit Ret Hb, Delta He und Haemoplot eigene Erfahrungen zu sammeln und in die Anämiediagnostik bzw. -therapie zu integrieren.

Bei der ACD wird ja immer häufiger (s. NATA 2021-spanische Arbeitsgruppe) die Kombination Eisen iv und Epo (z.B. Epo alfa) empfohlen.

Auf der IAKH Homepage haben Sie auch Epo Schemata hinterlegt. Dort applizieren Sie z.B. 40.000 U oder 600 U/kg KG sc., z.T. 1x wöchentlich vor Eingriffen.

Mittlerweile wird gehäuft auch die iv Gabe von Epo (entspricht auch der Fachinfo) empfohlen. Meine Frage ist allerdings, in welcher Dosierung ich hier Epo einsetze (100 U/kg ausreichend?, Wiederholungen?).

Auf unserer Intensivstation haben wir immer wieder Patienten (chirurgisch postoperativ), die kombinierte Anämien aufweisen (Blutung postoperativ, zudem z.T. Tumor oder ACD, reaktiv teils dtl. erhöhte Ferritin-Werte). Hier bringt die alleinige Eisengabe nicht immer Erfolg. Abgesehen davon, dass natürlich nicht alle Patienten solange bei uns sind, um einen Hb Anstieg messen zu können.
Mit Haemoplot würde sich für mich die ACD/ Entzündung besser eingrenzen, der Eisenstatus der Haematopoese einfacher darstellen lassen und hier würde ich gerne Epo kombinieren.

Nun stellt sich für mich die Frage des Dosisregimes.

Aber auch präoperativ bei ACD wäre Epo evtl. eine Option, da wir Anästhesisten die Patienten zumeist zu knapp vor der OP sehen, das Verschieben des Eingriffes bei uns meist nur in der Endoprothetik klappt und wir somit teilweise doch nur ein kurzes Zeitfenster zwischen Anämiediagnose, ggf. Therapie und OP Durchführung haben. Ist hier EPO eine Option?

Für weitere Anregungen / Empfehlungen wäre ich selbstverständlich sehr dankbar.

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dobi

Beiträge: 3 | Mitglied seit: April 2016 | IP-Adresse: gespeichert
tfrietsch
Supermoderator
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ID # 24


  Erstellt am 28. April 2022 09:36 (#2)  |  Zitat Zitat   PN PN   E-Mail E-Mail
herzlichen Dank für Ihre Anfrage.
Zur Diagnostik und Therapie des Eisenmangels liegt uns seit 2021 die aktualisierte AWMF Leitlinie Eisenmangel vor (https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/025-021.html). Diese geht vor allem auf den Eisenmangel (bei Kindern) ein und wurde federführend von der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie erstellt. Hier findet die orale Therapie als First line Therapie Anwendung, im zweiten Schritt parenteral. Erythropoietin wird nicht empfohlen.
Im perioperativen Setting, in welchem Sie sich befinden, wird auch in erster Instanz die orale Eisengabe empfohlen (The National Institute for Health and Care Excellence in the UK-NICE), bei schwerer Anämie auch die intravenöse Eisengabe (Management of Perioperative Iron Deficiency Anemia, Gomez-Ramirez et al, Acta Haematol, 2019, 142:21-29, Fig1 Pathway for preoperative anemia treatment, Fig 2 Pathway proposal for postoperative management). Auch im postoperativen Setting wird die intravenöse Eisengabe als therapeutische Option dargestellt.
Im präoperativen Setting finden verschiedene Algorithmen Anwendung, beispielsweise Gabe von 40.000 IU s.c. rHuEPO plus IV Eisen+ Vit B12 und Folsäure.
Man muss jedoch bedenken, dass VitB12 und Folsäure selten erniedrigt sind, und eher bei makrozytärer Anämie substituiert werden sollten. Wenn man den Patienten mehrere Termine zur Kontrolle anbieten kann, kann man sich zur Erythropoietingabe entscheiden. Im postoperativen Bereich ist es allerdings ein OFF-Label Use, den die Leitlinie (NICE) nicht empfiehlt.
Folgende Aspekte sind relevant und zu bedenken:
Patienten mit Niereninsuffizienz und Dialysetherapie erhalten häufig durch die Nephrologen eine Therapie, die Sie ggfs umsetzen könnten nach Rücksprache mit den Kollegen. Es ist abzuraten, Medikamente zu wechseln und in Eigenregie Erythropoietin zu substituieren bei Patienten unter regelhafter Therapie. Wichtig sind die Kontraindikationen zur Gabe von Erythropoietin, insbesondere kardiovaskuläre und thrombembolische Risiken. In Europa ist Erythropoietin für die präoperative Anämietherapie zugelassen. Insbesondere bei Patienten vor herzchirurgischen und gastrointestinalen Eingriffen ist die Nebenwirkungsrate jedoch erhöht und der Off-Label Use wurde in Studien untersucht. Die Ergebnisse zeigten eine Reduktion des RBC Verbrauches bei kardiochirurgischen, nicht aber bei gastrointestinalen Eingriffen. Insbesondere bei Tumorpatienten gibt es noch keine validen Daten zu Auswirkungen von Erythropoietin auf die Mortalität oder den Krankheitsprogress.
Auf der Intensivstation ist der solitäre Eisenmangel eher selten. Am häufigsten finden Sie die Anämie der Inflammation, also relativer Eisenmangel in Kombination mit einer Inflammation. Hier führen verschiedene Faktoren dazu, dass eine Anämietherapie schwierig sein kann und insbesondere das von Ihnen angesprochene Ansprechen in Form des Anstiegs im Hämoglobinwert verzögert eintritt. Das Knochenmark benötigt etwa 4 Tage Zeit, um einen Anstieg im Hämoglobinwert zu erzielen (und in dieser Zeit nehmen Sie ja auch weiterhin Blutproben), so dass schwierig ist, den Effekt ihrer Gabe noch unter ihrer Supervision zu sehen. Ein Anstieg der Inflammationswerte führt zusätzlich zu einer Suppression des Knochenmarkes, verlangsamt die Produktion und, das Eisenregulationshormon Hepcidin wird induziert und reduziert die Expression der Eisenabsorptionskanäle?
FAZIT: Es ist toll, dass Sie PBM umsetzen. Transfundieren Sie anhand der Querschnittsleitlinie, und versuchen Sie ein präoperatives Anämiediagnostik- und therapiekonzept umzusetzen. Die letztliche Entscheidung zur postoperativen Anämietherapie auf der Intensivstation obliegt dem behandelnden Arzt. Aus oben genannten Gründen sollten Sie individuell entscheiden, welcher Patient welche Therapie erhält.

Univ.-Prof. Dr. Andrea Steinbicker für die IAKH

Beiträge: 331 | Mitglied seit: Dezember 2003 | IP-Adresse: gespeichert



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