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Autor Thema: Pool TK versus Apheres-TK
Medago
kommt regelmäßig her
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ID # 146


  Erstellt am 09. Oktober 2007 19:32 (#1)  |  Zitat Zitat   PN PN   E-Mail E-Mail
Sehr geehrte Damen und Herren,
in Bayern versucht die AOK darauf Einfluss zu nehmen , welche Thrombozytenkonzentrate wir zukünftig anzuwenden haben. Hintergrund ist wohl der Kostenfaktor, bei Aphereskonzentrate gibt es ab 2 TE ein Zusatzentgelt, bei Poll-TK erst ab 16 TE. In München bietet sich das Bayer. Rote Kreuz an, Pool-TK`s herzustellen, während der amtliche Blutspendedienst der Stadt München Pool-TK's gar nicht mehr anbietet.Nach den Empfehlungen zur Thrombozytentransfusion der Thrombozyten-Arbeitsgruppe der DGTI,GTH und DGHO soll bei nichtimmunisierten Patienten die Auswahl des TK allein von der Verfügbarkeit der Präparate abhängig gemacht werden (Evidengrad 1B).
Meine Frage an das Forum lautet: Ist es tatsächlich egal, ob ich ein Pool-Tk oder ein Apherese-TK transfundiere, oder gibt es doch gewichtige Gründe, dem Apherese-TK den Vorzug zu geben, um damit dem Ansinnen bestimmter Krankenkassen argumentativ entgegentreten zu können.
Vielen Dank für die Antworten.
M.G.

Beiträge: 16 | Mitglied seit: Oktober 2007 | IP-Adresse: gespeichert
Schanzst
kommt regelmäßig her
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ID # 8


  Erstellt am 09. Oktober 2007 23:55 (#2)  |  Zitat Zitat   PN PN   E-Mail E-Mail
Das Thema war gerade auf der DGTI Tagung in Friedrichshafen erneut in der Diskussion. In einem round table Sitzung zeigte sich das nur wenig Evidenz in der Thematik zu erhalten ist, auf den Bezug der Wirksamkeit schon gar nicht.

Haupt Streitpunkt ist wohl die Spenderexposition die durch Apherese um den Faktor 4 reduziert wird wenn Random Apherese gegeben wird oder noch weiter wenn ein Spender für den Patienten reserviert wird, was aber nur selten möglich sein wird.
Der Vorteil beim Infektionsrisiko wird dadurch wettgemacht das ein Apherese Spender in der Fenster Phase mehrfach spenden kann und damit mehr Patienten in Gefahr bringt und die Dosis des Infektiösen Agens im Pool geringer ist.
Der Vorteil der geringeren HLA, HNA und HPA Exposition/Immunisierung wird durch die Dosisreduktion wohl ebenfalls wettgemacht und ist nicht bewiesen insbesondere nicht für Leukozyten depletierte Produkte.
Auch das Risiko der Bakteriellen Kontamination ist wohl gleich groß insbesondere bei Industriell-maschineller Herstellung in den Blutspendediensten.
Somit bleibt das Spenderrisiko (wenn auch klein) ein Argument. Auf der einen Seite wirft man den Rohstoff für Thrombokonzentrate (Buffy Coat) in den Eimer und auf der anderen riskiert man Reaktionen des Spenders was ethisch hinterfragt wird.
Weiteres Argument ist die Reduktion von Isoagglutinienen im Pool TK durch Verwendung von Stabilisatorlösung was bei der häufigen Minor-Inkompatiblen Transfusion von TK evtl. ein Vorteil ist da Apherese TK häufig im Plasma suspendiert ist. Die durch die Poolung gestreßten Thrombos werden durch den häufig höheren Plätchengehalt wieder wettgemacht.

Die Arbeitsgruppe die die Empfehlung herausgegeben hat ist prominent und überzeugend besetzt. Ich gehe davon aus das der Inhalt sich auch in den Hämotherapie Leitlinien der BAEK wiederspiegeln wird. Das ist sicher auch mit ein Grund das die neuen Leitlinien zur Hämotherapie sich noch eine weile Zeit lassen da weiter umstritten zwischen Apherese Überzeugten bzw. zu deren Herstellung zur Versorgung ihrer Hämatoonkologischen Abteilungen mit überproportiolnalen TK Verbrauch gezwungenen Herstellern in den Unikliniken/STKB und den Massenherstellern mit dem Buffy Überschuß(DRK).

Wie geht man jetzt mit Leitlinien um? Sie grenzen uns immer mehr ein und beschränken die Therapie, helfen aber vielleicht den Stand der Wissenschaft zu halten im Alltag. Klar das der MDK da Einsparpotential bei einer teuren Therapie zu verwirklichen sucht. Hier muß man sich Unterstützung von dem Hersteller hohlen wenn der von der Apherese überzeugt ist oder diese zur Versorgungssicherheit benötigt. Letztendlich müssen mehr Studien zu dem Thema gemacht werden um eine sichere Aussage zu treffen die aber keiner finanzieren wird.

Ich persönlich hätte nach dem aktuellen Stand (Wissen eines peripheren Klinikers mit geringem wissenschaftlichen Background ohne Lagerbestand an TK) lieber ein ganz frisches Pool TK statt einem alten Apherese und das zur rechten Zeit (also doch wieder nach Verfügbarkeit).

PS: Ein Pool TK entspricht je nach Hersteller 4 bis 5 TE die sich ja auf das Einzellspender TK aus einem Buffy Coat beziehen.

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St. Schanz
Anästhesie und Notfallmedizin, Bluttransfusionswesen
Loßburg Schömberg

Beiträge: 141 | Mitglied seit: Juli 2003 | IP-Adresse: gespeichert
Medago
kommt regelmäßig her
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ID # 146


  Erstellt am 11. Oktober 2007 09:40 (#3)  |  Zitat Zitat   PN PN   E-Mail E-Mail
Sehr geehrter Herr Schanz,
vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort.
Es hat mich doch ein wenig überrascht hat, dass Sie als Kliniker das Pool-TK favorisieren.
Hierzu möchte ich auf einen meiner Ansicht nach sehr guten Artikel (Thrombozytenkonzentrate aus Vollblutspenden - time to say goodbye" im Journal "Transfusion Medicine and Hemotherapy" 2007; 34; S. 208-210) verweisen, der mich mehr überzeugt hat.
Die Pool-TK`s stellen neben anderen Gründen auch ein logistisches Problem dar. Auf der einen Seite klagen die Blutspendedienste z.Z. (jedenfalls in Bayern) über mangelnde Spendebereitschaft der Bevölkerung. Auf der anderen Seite würde der vermehrte, von den Kostenträgern geforderte Einsatz an Pool-TK´s, wenn man noch dazu ABO-und Rh-kompatibel transfundieren wollte, was eigentlich Ziel sein sollte zur Vermeidung mögl. schwerer unerwünschter Wirkungen,noch mehr Spender erforderlich machen und wahrscheinlich erhebliche Zeitverzögerungen in der Bereitstellung nach sich ziehen, wohingegen man nur ganze 18 750 Spender (laut o.g. Artikel) braucht, um komplett auf Apherese-TK umzustellen. Außerdem ist noch lange nicht hinreichend die Beobachtung geklärt, dass Pool-TK gegenüber Apherese-TK mit einem 5-fach höherem Risiko septischer Reaktionen behaftet ist.

Mfg
M.G

Beiträge: 16 | Mitglied seit: Oktober 2007 | IP-Adresse: gespeichert
Kretschmer
kommt regelmäßig her
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ID # 13


  Erstellt am 11. Oktober 2007 17:33 (#4)  |  Zitat Zitat   PN PN   E-Mail E-Mail   HP HP
Diese Empfehlung ist tatsächlich noch immer nicht von den zuständigen Gremien endgültig ausgesprochen. Meine Empfehlung ist: Apheresepräparate, möglichst nicht älter als 3 Tage für die chronische prophylaktische Transfusion insbesondere von immunsuprimierten Patienten. Hier ist die Zeit bei vernünftiger Planung vorhanden, Apherese-TK bereitzustellen. Sie haben wesentlich weniger Spenderexposition, was sich sowohl immunologisch wie infektiologisch auswirkt (auswirken muss). Die internationalen Zahlen zeigen ganz klar die höhere bakterielle Belastung der Pool-Tk, was im Hinblick auf 4 -6-Hautpunktionen, das nicht immer zuverlässige sterile docking sowie Beutel- und Filterleckagen bei der Zentrifugation und Filtration nicht verwunderlich ist. Wenn dies in multizentrischen Studien nicht nachweisbar ist, liegt das daran, dass die bakteriellen Proben so häufig sekundär kontaminiert werden (bei der Probenentnahme und beim Anlegen der Kulturen), dass die reale Kontamination der Präparate überspielt wird. Die Immunisierung spielt zumindest auch nach Leukodepletion als Sekundärimmunisierung von Frauen eine Rolle, so dass das Poolen auch immunologisch nachteilig ist. Darüber hinaus zeigen die Apherese-TK bei Herstellung mit Verfahren, die die Thrombozyten nicht während der ganzen Separation in der Zentrifuge sammeln und zu einem Sediment zusammenquetschen, deutlich bessere in-vitro-Funktion als die gepoolten Präparate, insbesondere wenn Vollblute oder Buffy coats über Nacht bis zur Präparation liegen bleiben. Die in-vitro-Daten der Morphologie (Kunicki-Score) und die Laktatkonzentration wurden an der Überlebenszeit validiert und korrelieren gut damit. Wir haben vor Jahren bereits publiziert, dass sogar die unterschiedlich gewonnenen Apherese-Thrombozyten unterschiedliche Überlebenszeiten zeigen [Infusionstherapie 1991;18:196-198}. Die großen Blutspendedienste jammern, wenn wir ihnen die Erythrozyten der Blutgruppe AB nicht abkaufen, dabei könnten sie einen Teil dieser Spender für Plasma- und Thrombozytapheresen heranziehen und damit auch minorkompatible Apheres-TK bereitstellen, und es kommt in der Regel nur auf die Minorkompatibilität bei Thrombozyten an. Die Pool-Tk sind weiterhin unverzichtbar für die perioperative Medizin und für die akute Versorgung bei Blutungskomplikationen. Hier spielt es keine Rolle, wenn die Überlebenszeit der Thrombozyten verkürzt ist, die Patienten sind bei weitem nicht so immunsupprimiert und die evtl. provozierte Immunisierung wirkt sich aktuell nicht aus.
Im übrigen ist die ökonomische Diskussion völlig unangebracht. Inzwischen werden zu etwa den gleichen Unkosten wie zuvor Doppelthrombozytenpräparate mit der Apherese gewonnen, sodass die entstehenden Kosten für das einzelne Präparat nicht mehr höher als für ein Poolpräparat sein müssen. Hier müssen die Krankassen und die Verwaltungsdirektoren ansetzen.
Im übrigen sind sich die Experten trotz unterschiedlicher Interessen darin einig, dass man beide Herstellungsverfahren braucht, um die Versorgung zu gewährleisten. Also sollte man dafür entsprechende sinnvole Indikationen formulieren und nicht die, dass in Unikliniken Apherese-TK und in kleinen Kliniken Pool-TK verwendet werden, oder dass es von der Krankenkasse des Patienten abhängig gemacht wird.

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V. Kretschmer

Beiträge: 401 | Mitglied seit: September 2003 | IP-Adresse: gespeichert



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