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Autor Thema: Kreuzprobe mit mütterlichen Blut
Schanzst
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ID # 8


  Erstellt am 08. Dezember 2003 13:28 (#1)  |  Zitat Zitat   PN PN   E-Mail E-Mail
Im Rahmen der Versorgung der Kinderklinik mit Blut wird für Früh und Neugeborene von unserem Institut eine Verträglichkeitstestung bis 4 Wochen nach Geburt mit mütterlichem Serum durchgeführt. Bei der Versorgung von Frühgeborenen möchte die Kinderklinik diesen Zeitraum ausdehnen mit dem Argument das noch keine Immunisierung/Antikörperbildung stattfindet und der Blutverlust der Kreuzprobe relevant ist.

Was ist Akzeptabel??
Kreuzprobe mit Mutterblut bis errechneter Geburtstermin (+ 4 Wochen) oder 2-4 Wochen nach Geburt, ungekreuzt Rh/Kell kompatibel zur Mutter, ungekreuzt Rh/Kell kompatibel zum Kind bei negativen AKS der Mutter? Verlängerung der Kreuzproben Laufzeit mit dem Kind, 0 Rh negativ für alle Kinder??
Eine kurze telefonische informelle Umfrage an Unikliniken ergab ein buntes Bild.

Formulierung aus den Richtlinien:
4.4.2 Besonderheiten der perinatalen Transfusionstherapie
Folgende transfusionsmedizinische Besonderheiten sind zu beachten:
- Blutentnahmen für Untersuchungen sind auf ein Mindestmaß zu beschränken, um eine iatrogene Anämie zu vermeiden.
- Antikörpersuchtest und serologische Verträglichkeitsprobe vor Erythrozytentransfusionen können unter Beachtung der AB0-Blutgruppen mit dem Serum der Mutter durchgeführt werden.

PS 7.1.2004
Ausführliche Richtlinien des British Committee for Standards in Haematology (BCSH) evidence based kommentiert:
Transfusion Guidelines For Neonates and Older Children.
http://www.bcshguidelines.com/publishedHO.asp?tf=Blood%20Transfusion

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St. Schanz
Anästhesie und Notfallmedizin, Bluttransfusionswesen
Loßburg Schömberg

Beiträge: 141 | Mitglied seit: Juli 2003 | IP-Adresse: gespeichert
Kretschmer
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ID # 13


  Erstellt am 19. Dezember 2003 13:29 (#2)  |  Zitat Zitat   PN PN   E-Mail E-Mail   HP HP
Wenn Erythrozytenkonzentrate der Blutgruppe O transfundiert werden, kann mit mütterlichem Blut (jeweils nicht älter als 3 Tage) ohne weiteres bis 4 Wochen nach Geburt gekreuzt werden, in Notfällen kann auch bei aktuell negativem Antikörpersuchtest der Mutter ohne Kreuzprobe transfundiert werden (eigene Erfahrung). Erfahrungen bei sehr unreifen Neugeborenen, die über diesen Zeitraum hinausgehen und zeigen, dass die Immunisierung noch langsamer eintritt, habe ich nicht, und sind mir auch nicht von anderen bekannt. Was die Rh-Eigenschaften der Blutkonserven anbelangt, wird im allgemeinen aus Gründen der besseren Vorratshaltung ccddee gewählt, was jedoch bei Kindern mit CCDee nicht optimal ist, da bei dieser Konstellation leicht Anti-E und Anti-c entstehen. Wir bevorzugen in diesen Fällen CCDee-Blut. K-negativ sollten die Erythrozytenkonzentrate sein, wenn das Kind K-neg. ist. Im übrigen muss natürlich immer kompatibel transfundiert werden, was sich nicht an den Blutgruppenkonstellationen orientiert, sondern an der Tatsache, dass keine Antigene transfundiert werden, gegen die Antikörper bestehen (und umgekehrt). K-positive Konserven sind für einen K-neg. Empfänger erst dann inkompatibel, wenn Anti-K vorhanden ist. In dieser Hinsicht sind sogar Fehler in Lehrbüchern von Transfusionsmedizinern zu finden, die z.B. von der Rhesus-kompatiblen Transfusion sprechen.

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V. Kretschmer

Beiträge: 401 | Mitglied seit: September 2003 | IP-Adresse: gespeichert
ab
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ID # 54


  Erstellt am 03. November 2004 16:35 (#3)  |  Zitat Zitat   PN PN   E-Mail E-Mail
Zitat aus dem sehr erfreulichen Werk von Rump, G. Transfusionsmedizin compact:
"Merke: Bei Neugeborenen sind in den ersten 100 Tagen in der Regel weder eine Kreuzprobe noch ein Bedside-Test erforderlich, da die Blutgruppenmerkmale und Isoagglutinine noch unvollständig ausgebildet sind. Daher wird üblicherweise in dieser Zeit nur 0-Blut und AB-Plasma transfundiert."
Richtlinie: perinatal AKS und Kreuzprobe mit mütterlichem Serum
Fragen:
1. 4 Wochen oder 100 Tage mit mütterlichem Serum? Zeitrechnung ab Geburt oder bei Frühgeborenen das Gestationalter berücksichtigen?
Gibt es einen Zeitraum, in dem noch mit mütterlichem und schon mit kindlichem Serum gekreuzt werden muss?
2. Ist es richtig, dass die Kreuzprobe mit mütterlichem Serum aller 72 Stunden zu wiederholen ist, auch wenn weder Mutter noch Kind bisher Transfusionen erhalten haben?
3. Nach Transfusion beim Kind für weitere Kreuzproben dann kindliches Serum benutzen, oder weiterhin mütterliches oder von Mutter und Kind? Innerhalb welchen Zeitraumes gilt dies?
4. Wirklich kein Bedside in ersten 100 Tagen?
5. Ist Bestrahlung der EK für alle Neugeborenen sinnvoll vor dem Hintergrung, dass Immundefekte oft erst später aufgedeckt werden?

Pädiatrische Transfusionen gehören zu den Exoten und führen so zu vielen Fragen. Vielen Dank für die Antworten!

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ab

Beiträge: 7 | Mitglied seit: November 2004 | IP-Adresse: gespeichert
Kretschmer
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ID # 13


  Erstellt am 08. November 2004 12:26 (#4)  |  Zitat Zitat   PN PN   E-Mail E-Mail   HP HP
Tatsächlich gibt es wenig Erfahrung und nur wenige Informationen zu den verschiedenen Aspekten. Bisher wurde generell sehr restriktiv vorgegangen, sodass die nötigen Erfahrungen hinsichtlich Liberalisierung fehlen. Dennoch möchte ich auf der Basis grundsätzlicher Erwägungen sowie Abwägung von Nutzen und Aufwand Empfehlungen geben:
100 Tage lang post partum mit mütterlichem Blut zu kreuzen, ist im Hinblick auf die Entwicklung der eigenen Immunabwehr der Neugeborenen zumindest bei reifen Kindern zu lang. Man weiß doch, dass nach Infektionen sehr wohl bereits früher, sogar bereits intrauterin Antikörper gebildet werden. Daher halte ich den Zeitraum von 4 Wochen post partum für die Verwendung von mütterlichem Blut zum Kreuzen für akzeptabel. Das ist doch auch ein Zeitraum, nach dem nur noch selten Transfusionen stattfinden. Darüber hinaus ist dies definitionsgemäß die Neugeborenenperiode, sodass dieser Zeitrahmen auch leicht einzuprägen ist. Ob man diesen Zeitraum für Frühgeborene verlängern kann, kann m.E. derzeit niemand beantworten.
Solange vom selben Spender das Blut transfundiert wird, sind in diesem Zeitraum auch keine Wiederholungen der Kreuzproben erforderlich. Wenn in diesem Zeitraum Blut anderer Spender transfundiert werden soll, sind die Kreuzproben mit mütterlichem Blut sinnvoll, da möglicherweise auch mal Antikörper gegen seltene Blutgruppenmerkmale vorliegen können, die nicht im Antikörpersuchtest bei der Mutter nachgewiesen werden können.
Solange die Neugeborenen Erythrozytenkonzentrate der Blutgrupppe O erhalten, ist auch kein ABO-Bedsidetest erforderlich bzw. auch nicht wünschenswert, zumal man ja die Kinder nicht durch Blutentnahmen transfusionsbedürftig machen darf.
Der Zeitraum der Bestrahlung von zellulären Blutkomponenten wird kontrovers diskutiert. Hier ist festuhalten, dass Bestrahlung von Blutprodukten nicht einfach nur als eine zusätzliche, aber harmlose Maßnahme anzusehen ist. Es weiß doch keiner etwas über Langzeitfolgen. Fakt ist auch, dass die GvH-Reaktion bei Neugeborenen trotz zahlreicher Transfusionen mit unbestrahlten Präparaten eine Rarität darstellt. Daher sollte man halbwegs "evidence-based" vorgehen: Bestrahlung von Blutkomponenten für intrauterine Transfusionen und für Transfusion unreif geborener Kinder (<37. Woche) bis 4 Wochen nach dem errechneten Geburtstermin sowie Kinder mit erdacht auf Immundeffizienz.

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V. Kretschmer

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