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Author | Topic: Indikation für Albumin |
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Kretschmer kommt regelmäßig her ![]() ![]() ![]() ![]() ID # 13 |
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Wann besteht eine Indikation für Albuminlösungen?
----------------------- V. Kretschmer |
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Kretschmer kommt regelmäßig her ![]() ![]() ![]() ![]() ID # 13 |
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Nachfolgend die Antwort von Professor Max, Leiter des Funktionsbereichs Intensivmedizin in der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum Marburg. Es handelt sich um die Leitlinie für unser Klinikum (mit Anhang), die unter seiner Federführung von einer Kommission erarbeitet und von der Arzneimittelkommission verabschiedet wurde:
Einsatz von Humanalbumin in der Intensivmedizin Leitlinie des Klinikums der Philipps-Universität Marburg Vor dem Hintergrund der bestehenden Datenlage zum Einsatz von Humanalbumin in der Intensivmedizin besteht zur Zeit keine Indikation für den Einsatz von Humanalbumin als Volumenersatzmittel bei kritisch kranken Patienten. In Übereinstimmung mit verschiedenen Konsensuskonferenzen gelten lediglich folgende Ausnahmen, bei denen ein Einsatz von Humanalbumin gerechtfertigt erscheint: 1. ein fortbestehender Volumenbedarf bei überschrittener Höchstdosierung von HES (hier sollte das Vorliegen einer verdünnungsbedingten Gerinnungsstörung und die daraus resultierende Indikation für die Gabe von Frischplasmen geprüft werden) 2. die Korrektur einer ausgeprägten Hypalbuminämie mit Serumalbumin- werten < 20 g/l 3. die Volumensubstitution bei Patienten mit nephrotischem Syndrom oder akutem Nierenversagen ohne kontinuierliche Hämofiltration mit geeigneten Filtern 4. eine bekannte Unverträglichkeitsreaktion für künstliche Kolloide 5. Volumensubstitution bei Drainage grösserer Aszitesmengen (> 2 Liter) 6. der Volumenersatz bei Neugeborenen und Kleinkindern Stand der Literatur – Zusammenfassung • Sowohl HES als auch Humanalbumin können den kolloidosmotischen Druck anheben und aufrechterhalten. • HES hat hinsichtlich des Volumeneffekts keine Nachteile gegenüber Humanalbumin. • Unverträglichkeitsreaktionen sind sowohl für HES als auch Humanalbumin sehr selten. • Die Gabe von HES ist mit keinem Infektionsrisiko verbunden. • Bei adäquater Dosierung führt HES weder auf plasmatischer noch auf thrombozytärer Ebene zu einer Beeinträchtigung der Gerinnung. • Weder HES noch Humanalbumin führen zu einer Beeinträchtigung der Nierenfunktion. Bei vorliegender renaler Dysfunktion (akutes oder chronisches Nierenversagen, Oligurie, Anurie) sollte die Indikation jedoch streng gestellt und eine wiederholte Gabe vermieden werden. • Bei Vorliegen eines Kapillarlecks scheint die Gabe von HES gegenüber Humanalbumin vorteilhaft. Universitätsklinikum Marburg, Version 1, 3. Mai 2004, Verfasser: Prof. Dr. Martin Max, Klinik für Anästhesie und Intensivtherapie für die Kommission Einsatz von Humanalbumin in der Intensivmedizin 1 Anhang zur Leitlinie „Einsatz von Humanalbumin in der Intensivmedizin“ Hintergrund und Stand der Literatur Ein intravasaler Volumenmangel mit drohender oder manifester Minderperfusion verschiedener Organsysteme kann in der Folge unterschiedlicher Krankheitsbilder wie Volumenmangelschock, septischem Schock, anaphylaktischem Schock oder auch im Rahmen perioperativer Verluste auftreten. Zur Behandlung des Volumenmangels können kristalloide und kolloidale Lösungen eingesetzt werden. Verschiedene Einzelstudien und darauf aufbauende Metaanalysen konnten bisher keine Vorteile des einen oder anderen Vorgehens belegen, so dass für die Entscheidungsfindung nach wie vor die pathophysiologischen Befunde des betroffenen Patienten als Grundlage herangezogen werden sollten. Entsprechend der bestehenden Richtlinien handelt es sich hierbei um eine A2-B1 Empfehlung (mehrere randomisierte, kontrollierte Studien mit z.T. widersprüchlichen Ergebnissen und unzureichender Power, Metaanalysen aufgrund unterschiedlicher Studienprotokolle nur bedingt aussagekräftig). Wird die Entscheidung zum Einsatz eines kolloidalen Volumenersatzstoffes gefällt, stehen prinzipiell natürliche und künstliche Präparate zur Verfügung. Natürliche Kolloide Das wichtigste natürliche Kolloid ist Albumin, das in Präparationen mit unterschiedlichen Konzentrationen zur Verfügung steht. In Abhängigkeit von der Konzentration wird der Volumeneffekt mit bis zu 100% angegeben, die intravasale Verweildauer hängt von der schwankenden Transmigrationsrate des Proteins in den Extravasalraum ab. Nachteilig können die, wenn auch sehr seltenen, anaphylaktoiden Reaktionen nach Infusion sein, die als Folge von Verunreinigungen der Präparate angesehen werden. Als Vorteil werden von Befürwortern der Albuminsubstitution die mögliche Aufrechterhaltung der vielfältigen physiologischen Effekte des in der Leber synthetisierten Proteins angesehen [5]. Nur der kleinere Anteil von etwa 30-40% des Gesamtalbuminpools liegt intravasal vor, während der grössere Anteil extravasal, hauptsächlich in der Haut und der Muskulatur, gespeichert ist. Zwischen dem intra- und dem extravasalen Kompartiment besteht ein erheblicher Austausch von Albumin, bei dem passive und rezeptorabhängige aktive Transportmechanismen sowie das Universitätsklinikum Marburg, Version 1, 3. Mai 2004, Verfasser: Prof. Dr. Martin Max, Klinik für Anästhesie und Intensivtherapie für die Kommission Einsatz von Humanalbumin in der Intensivmedizin 2 Lymphsystem eine wichtige Rolle spielen. Beim Gesunden erzeugt der intravasale Albuminpool ungefähr 80% des physiologischen kolloidosmotischen Drucks (KOD) von etwa 25 mmHg. Darüber hinaus dient Albumin als wichtiges Transportprotein für die verschiedensten Substanzen wie langkettige Fettsäuren, zweiwertige Kationen, Medikamente aber auch Hormone. Daneben hat es aber auch antioxidative und radikalbindende Eigenschaften und ist am Metabolismus verschiedener Medikamente, Lipide und Eicosanoide beteiligt. Durch die hohe Anzahl negativer Ladungen des Albuminmoleküls spielt das Protein auch bei der Regulation des Säure-Basen-Haushalts eine Rolle und eine Hypalbuminämie kann zu einer Vergrösserung der Anionenlücke oder einem Anstieg der plasmatischen Bicarbonatkonzentration führen. Veränderungen der Mikroperfusion durch erhöhte Permeabilität des Endothels wie sie bei einer Sepsis auftreten können, werden in vitro und in vivo durch physiologische Konzentrationen von Humanalbumin positiv beeinflusst [4]. Als mögliche Mechanismen werden eine Stabilisierung der endothelialen Membran, eine Reduktion des Durchmessers endothelialer Kanäle aber auch eine Abschwächung der NOinduzierten Vasodilatation durch Bindung von Stickstoffmonoxid an die negativ geladenen Gruppen des Proteins diskutiert. Auch antikoagulatorische Effekte durch einen heparinähnlichen Effekt auf Antithrombin III und eine Hemmung der Plättchenaggregation konnten für Albumin gezeigt werden. Beim kritisch Kranken kommt es in der Regel zu einer Hypalbuminämie durch die Veränderung der Albuminsynthese und –degradation, sowie einer Veränderung des Verteilungsgleichgewichts zwischen intra- und extravasalem Kompartiment durch die Entstehung eines Kapillarlecks zum Beispiel im Verlauf einer Sepsis oder durch chirurgisches Trauma. Die damit einhergehende, manchmal ausgeprägte Reduktion der plasmatischen Albuminkonzentration führt zu einer Abnahme des KOD, die wiederum mit einer erhöhten Morbidität und Letalität kritisch kranker Patienten korreliert [7]. Auch die Bindungseigenschaften von Medikamenten an Albumin sind beim kritisch Kranken verändert. So kann es durch eine begleitende Nierenerkrankung zu einem renalen Verlust an Albumin kommen, der zusammen mit Veränderungen des pH-Wertes und der Akkumulation von um die Bindung an das Protein konkurrierenden Substanzen zu einer Zunahme der freien Fraktion und der Toxizität verschiedener Medikamente führt. Die mögliche Bedeutung einer Hypalbuminämie für den Verlauf einer schweren Erkrankung konnte in verschiedenen Studien gezeigt werden. So hat sich die Serumalbuminkonzentration als verlässlicher, prognostischer Parameter bei verschiedenen Patientenpopulationen erwiesen, wobei jeder Abfall der Albuminkonzentration um 2,5 g/l mit einer Zunahme der Universitätsklinikum Marburg, Version 1, 3. Mai 2004, Verfasser: Prof. Dr. Martin Max, Klinik für Anästhesie und Intensivtherapie für die Kommission Einsatz von Humanalbumin in der Intensivmedizin 3 Sterbewahrscheinlichkeit um 24-56% einherging [2]. Bei kritisch Kranken korreliert ein niedriger Serumalbuminspiegel mit einer verlängerten Intensivbehandlungsdauer und einer Zunahme der Komplikationsrate und überlebende, intensivpflichtige Patienten haben eine höhere Serumalbuminkonzentration als Verstorbene. Unklar ist dabei jedoch, ob ein erniedrigter Serumalbuminspiegel lediglich Ausdruck oder auch Ursache eines schwereren Krankheitsverlaufs ist und inwiefern die Substitution von Albumin daher nur die kosmetische Korrektur eines pathologischen Laborwertes oder tatsächlich ein therapeutisch effektiver Ansatz ist [8]. Künstliche Kolloide Zu den künstlichen Kolloiden werden unterschiedliche Präparationen von Gelatine, Hydroxyethylstärke und Dextranen gezählt. Letztere haben aufgrund häufiger anaphylaktoider Reaktionen und einer deutlichen Beeinträchtigung der physiologischen Gerinnung heute keine klinische Bedeutung bei der Volumenersatztherapie des kritisch kranken Patienten mehr. Gelatinepräparationen werden aus tierischem Kollagen hergestellt und besitzen je nach Produktionsverfahren und Konzentration einen kolloidosmotischen Druck von 25-35 mmHg. Sie werden aufgrund der geringen Molekülgrösse rasch, vorwiegend renal eliminiert und haben eine initiale Halbwertszeit von 2-3 Stunden, sowie einen Volumeneffekt von 70-100%. Als nachteilig wird die von allen künstlichen Kolloiden höchste Rate an Unverträglichkeitsreaktionen angesehen, die in erster Linie Folge einer Histaminliberation ist. Die Beeinträchtigung der Blutgerinnung ist insgesamt von nachrangiger Bedeutung, ein hypervisköses, hyperonkotisches Nierenversagen tritt aufgrund des hohen Anteils an freiem Wasser nicht auf. Hydroxyethylstärke (HES) wird aus pflanzlichen Rohstoffen synthetisiert und steht mittlerweile in verschiedenen Präparationen zur Verfügung, die sich hinsichtlich der Konzentration, der Verteilung des Molekulargewichts sowie Hydroxylierungsgrad und – verteilung unterscheiden [1]. Die spezifischen, chemischen Charakteristika sind dabei wesentlich für die Geschwindigkeit des enzymatischen Abbaus und damit für die intravasale Verweil- und Wirkdauer. Der kolloidosmotische Druck liegt in Abhängigkeit von der Konzentration der verwendeten Lösung zwischen 25 und 70 mmHg. Der Abbau der Hydroxyethylstärke erfolgt durch Amylase, die Elimination der Abbauprodukte durch die Niere. Die initiale Halbwertszeit gibt die intravasale Verweildauer der jeweiligen HESPräparation an und liegt zwischen 3 und 10 Stunden, die Dauer des Volumeneffekts wird mit 3-8 Stunden beziffert, das Ausmass des Volumeneffekts mit 60-130%. Bei bestehendem Universitätsklinikum Marburg, Version 1, 3. Mai 2004, Verfasser: Prof. Dr. Martin Max, Klinik für Anästhesie und Intensivtherapie für die Kommission Einsatz von Humanalbumin in der Intensivmedizin 4 Kapillarleck kommt es durch HES erstaunlicherweise nicht zu einer übermässigen Extravasation mit Ausbildung interstitieller Ödeme, sondern zu einer Aufrechterhaltung der intravasalen Retention aufgrund eines sogenannten Versiegelungseffekts, der den von Albumin noch übersteigt. Mit zunehmender Molekülgrösse und hohem Substitutionsgrad steigt die Beeinträchtigung der Gerinnungsfunktion, die über eine Minderung der Aktivität von Faktor VIII und von- Willebrand-Faktor vermittelt wird. Bei den klinisch vorwiegend zum Einsatz kommenden HES Präparationen 200/0,5 und 130/0,4 spielt dieser Effekt aber nur noch eine untergeordnete Rolle. Daher haben speziell diese beiden Lösungen heute eine weite Akzeptanz und Verbreitung in Europa erreicht und können in Maximaldosierungen von 20 ml/kgKG/Tag (HES 200/0,5) bzw. sogar 50 ml/kgKG/Tag (HES 130/0,4) verabreicht werden ohne zu einer Störung der Gerinnungsfunktion zu führen [1]. Die Molekülgrösse und der Substitutionsgrad sind wahrscheinlich auch relevant für die Dauer der Speicherung der HES-Moleküle. Diese findet vorwiegend in den Zellen des mononukleären phagozytierenden Systems (MPS) statt und ist bei HES gegenüber Albumin oder Gelatine deutlich verlängert. So ist eine komplette Elimination von perioperativ üblichen Dosen von HES 200/0,5 aus verschiedenen Geweben (Haut, Leber, Milz, Darm, Lymphknoten, Skelettmuskulatur) frühestens nach 3-4 Monaten erfolgt. Für das neuere HES 130/0,4 liegen allerdings tierexperimentelle Daten vor, die eine deutlich schnellere Gewebeelimination nahe legen [6]. Eine erheblich gesteigerte Aufnahme und Speicherung von HES in den Zellen des MPS wird bei Patienten mit Oligo- oder Anurie nach wiederholter oder höher dosierter Anwendung des Präparates beobachtet. Sie führt zu einer ausgeprägten Vakuolisierung von Hepatozyten, Kupffer’scher Sternzellen, Gallengangsepithelien und Fibrozyten und zu einer makroskopischen Vergrösserung von Leber und Milz mit Druckanstieg in der Vena porta und der Bildung von Aszites. Da der beim Menschen einzige Eliminationsweg durch die Niereninsuffizienz blockiert ist, kommt es generell zu einer Kumulation der zugeführten Substanz. Eine Ausscheidung kann dann nur noch über die lysosomale Verdauung und die Haut erfolgen. Dies gilt trotz einer verbesserten Eliminationskinetik wahrscheinlich auch für HES 130/0,4, so dass bei Patienten, die mittels Hämodialyse und Filtern mit einem niedrigen cut-off (5-10 kDa) behandelt werden Vorsicht beim Einsatz von HES geboten ist und eine wiederholte Anwendung sich verbietet. Dies ist besonders bei chronisch hämodialysepflichtige Patienten von Bedeutung. Werden hingegen moderne, kontinuierliche Hämofiltrationsverfahren (CVVH, CVVHDF) und Filter mit hohem cut-off (~20 kDa, siehe Anhang 1) eingesetzt, wird selbst mittelsubstituierte HES 200/0,5 im Rahmen der Universitätsklinikum Marburg, Version 1, 3. Mai 2004, Verfasser: Prof. Dr. Martin Max, Klinik für Anästhesie und Intensivtherapie für die Kommission Einsatz von Humanalbumin in der Intensivmedizin 5 Intensivtherapie ausreichend ausgeschieden und kann, obwohl sich die Plasmahalbwertszeit im Vergleich zum Gesunden etwa verdoppelt, zur Volumensubstitution problemlos genutzt werden [3]. Das Auftreten eines akuten Nierenversagens und eine Vakuolisierung von Nierenepithelzellen wurden im Zusammenhang mit der Gabe verschiedener HES-Präparationen, Gelatine und Humanalbumin beobachtet. Ursächlich scheint jedoch nicht eine lange Zeit vermutete direkte Toxizität der Substanzen, sondern eine durch die Vakuolen bedingte luminale Einengung der Harnwege und damit ein Sistieren des Primärharnflusses zu sein. Negative Effekte auf die unspezifische Infektabwehr wie sie für Gelatine bekannt sind, konnten für HES beim Menschen bisher nicht nachgewiesen werden. Verschiedene in vitro Untersuchungen kamen hinsichtlich der Phagocytoseaktivität von Makrophagen, der Zytokinfreisetzung aus Monozyten, der Endothelzellaktivierung und der Expression von Adhäsionsmolekülen zu unterschiedlichen Ergebnissen, lassen aber die Vermutung zu, dass HES sich immunologisch eher inert verhält oder sogar eine systemische inflammatorische Reaktion (SIRS) zu dämpfen vermag. Die Inzidenz anaphylaktoider Reaktionen ist für Hydroxyethylstärke die niedrigste aller künstlichen Kolloide. Einsatz von Humanalbumin vs. HES als Volumenersatzmittel Die Rationale für den Einsatz von Humanalbumin als kolloidales Volumenersatzmittel war die Beobachtung, dass es eine Korrelation zwischen Hypalbuminämie und schlechter Prognose gibt, und die Hoffnung durch dieses Vorgehen eine Verbesserung des schlechten Outcomes zu erreichen. Bisher liegen jedoch keine Daten vor, die dieses Vorgehen und die daraus resultierenden Kosten rechtfertigen. Eine bessere Beantwortung dieser Frage kann von der kürzlich abgeschlossenen SAFE-Studie (Saline versus Albumin Fluid Evaluation) an etwa 7000 Patienten australischer und neuseeländischer Intensivmediziner erwartet werden. Beim Vergleich der vorliegenden Daten zu Humanalbumin und verschiedenen HESPräparationen lassen sich nur wenige Gründe finden, die einen Einsatz von Humanalbumin im Bereich der Intensivmedizin rechtfertigen. Stand der Literatur Volumeneffekt / cardiozirkulatorische Effekte Der Volumeneffekt von Humanalbumin und HES war in einer grösseren Anzahl von Studien identisch. Der dafür relevante kolloidosmotische Druck kann von künstlichen wie von Universitätsklinikum Marburg, Version 1, 3. Mai 2004, Verfasser: Prof. Dr. Martin Max, Klinik für Anästhesie und Intensivtherapie für die Kommission Einsatz von Humanalbumin in der Intensivmedizin 6 natürlichen Kolloiden auf etwa physiologische Werte angehoben und aufrechterhalten werden. In einigen Untersuchungen an traumatisierten und cardiochirurgischen Patienten kam es durch den Einsatz von HES im Vergleich zu Humanalbumin sogar zu einer Verbesserung cardialer Leistungsparameter. Auch bei Patienten im septischen Schock ist HES als Volumenersatzmittel geeignet und führt experimentell zu einer gleichen bis verbesserten Perfusion im Splanchnikusgebiet. Ein Verlust der kolloidalen Substanz ins Interstitium ist im Rahmen des septischen Kapillarlecks für natürliche wie künstliche Kolloide zu erwarten. Der damit zu erwartende Anstieg des extravaskulären Lungenwassers war bei koronarchirurgischen Patienten mit systemischer, inflammatorischer Reaktion bei der Gabe von HES jedoch geringer ausgeprägt als unter Humanalbumin oder Gelatine. Auch die adhäsionsmolekülabhängige Schädigung des Endothels ist im Tierexperiment bei HES geringer ausgeprägt als bei Humanalbumin. Insgesamt konnte für HES bei Vorliegen eines Kapillarlecks gegenüber Humanalbumin Vorteile hinsichtlich der kurzfristigen Steigerung des kolloidosmotischen Drucks, der Versiegelung endothelialer Gaps (Lücken) und der Leukozyten-Endothel-Interaktion gezeigt werden. Lediglich im Bereich der Pädiatrie und Neonatologie fehlen bisher klare Daten, um auf den Einsatz von Humanalbumin vollständig zu verzichten. Einsatz bei Patienten mit Nierenerkrankungen Die Gabe grösserer Mengen von Humanalbumin kann bei Patienten mit renaler Dysfunktion zur Kumulation und Störung der Serumkonzentration zweiwertiger Kationen führen. Eine vermehrte Speicherung von HES ist nur bei Patienten mit nicht dialysepflichtiger Insuffizienz oder dem Einsatz älterer Dialysefilter zu erwarten. Beim Einsatz moderner High- Flux-Filter mit hohem Cut-off im Rahmen der kontinuierlichen Hämofiltration scheint keine vermehrte Speicherung aufzutreten. Die von den Herstellern angegebenen Höchstdosen sollten allerdings eingehalten werden. Daten aus Tierexperimenten und Untersuchungen an nierentransplantierten Patienten lassen die Möglichkeit einer negativen Beeinflussung des frühdistalen Tubulussystems vermuten. Daher sollte insbesondere bei Patienten mit vorbestehender chronischer Niereninsuffizienz oder nephrotischem Syndrom die Indikation für die Gabe von HES streng gestellt, eine längerfristige Gabe vermieden und die Nierenfunktion streng überwacht werden. Einsatz bei Patienten mit Lebererkrankungen Beim Vorliegen eines schmerzhaften Aszites gilt die Punktion und Drainage desselben als Mittel der Wahl. Zur Vermeidung und Therapie, der mit diesem Volumenverlust assoziierten Universitätsklinikum Marburg, Version 1, 3. Mai 2004, Verfasser: Prof. Dr. Martin Max, Klinik für Anästhesie und Intensivtherapie für die Kommission Einsatz von Humanalbumin in der Intensivmedizin 7 hämodynamischen Störungen, ist in der Regel der Einsatz kolloidaler Volumenersatzstoffe notwendig. Hier hat sich Albumin gegenüber Dextranen und Gelatinepräparaten als vorteilhaft erwiesen. Daten zu modernen Kolloiden wie HES 200/0,5 oder HES 130/0,4 liegen allerdings nicht vor. Die mit den zugrunde liegenden Krankheitsbildern häufig korrelierenden Störungen der Eiweisssynthese und damit auch des Gerinnungssystems unterstützen jedoch eine äusserst strenge Indikationsstellung bzw. den gänzlichen Verzicht auf den Einsatz künstlicher Kolloide bei den betroffenen Patienten zugunsten von Humanalbumin [9]. Gerinnungsbeeinflussung durch HES / Albumin Sowohl Humanalbumin als auch HES können zu einer verdünnungsbedingten Störung der Gerinnung führen. Die neueren HES-Präparationen 200/0,5 und insbesondere 130/0,4 lösen nach dem derzeitigen Stand der Literatur keine Gerinnungsstörungen aus, sofern die angegebenen Maximaldosierungen eingehalten werden. Auch ein lange postulierter Coating- Effekt mit Veränderung der Thrombozytenfunktion liess sich bisher weder für Humanalbumin noch für HES eindeutig nachweisen. Eine mögliche Erniedrigung des Faktor VIII und des von-Willebrand-Faktors unter Therapie mit HES ist durch die Gabe von Desmopressin reversibel. Nebenwirkungen Die Rate anaphylaktoider Reaktionen wird für Humanalbumin mit etwa 0,003-0,011% und für HES mit 0,004-0,06% angegeben. Dabei ist aufgrund der verbesserten Herstellungsverfahren für die derzeit verwendeten Humanalbuminpräparate von einer weiteren Verringerung der Inzidenz derartiger Reaktionen auszugehen. Insgesamt sind schwere Unverträglichkeitsreaktionen bei beiden Präparaten sehr selten. Die Übertragung infektiöser Erkrankungen ist für HES ausgeschlossen, bei Humanalbumin nach dem derzeitigen Stand des Wissens bei korrekter Herstellung ebenfalls irrelevant. Metaanalysen Derzeit liegen wenigstens drei grössere Metaanalysen zur Wirksamkeit des Einsatzes von Humanalbumin bei intensivmedizinisch behandelten Patienten mit Hypalbuminämie vor. Keine dieser Analysen konnten allerdings überzeugend Vor- oder Nachteile für das eine oder andere Vorgehen belegen. Eine weitere Metaanalyse von Vincent et al. untersuchte die Sinnhaftigkeit der Gabe von Humanalbumin als Intervention bei Patienten mit Hypalbuminämie. Im Gegensatz zu dem eher insensitiven Parameter Letalität untersuchten die Autoren sowohl die Bedeutung der Albuminserumkonzentration als Prädiktor für das Outcome als auch den Universitätsklinikum Marburg, Version 1, 3. Mai 2004, Verfasser: Prof. Dr. Martin Max, Klinik für Anästhesie und Intensivtherapie für die Kommission Einsatz von Humanalbumin in der Intensivmedizin 8 Einfluss einer Korrektur erniedrigter Serumalbuminwerte auf die Morbidität. In die Metaanalyse eingeschlossen wurden Studien, die den Einsatz von Albumin mit der Verwendung kristalloider Volumenersatzstoffe verglichen. Ein randomisiertes Studiendesign war nicht erforderlich. Die Serumalbuminkonzentration erwies sich als einer der besten Prädiktoren für ein erhöhtes Letalitätsrisiko. Eine Auswertung von 53 eingeschlossenen Studien zeigte bei einem Abfall der Serumkonzentration von Humanalbumin um 10 g/L einen Anstieg der Wahrscheinlichkeit zu versterben um 137% (OR (95% CI): 2,37 (2,10-2,68)). Gleiches galt für die Korrelation zwischen Albuminwert und Morbidität, die am häufigsten als das Auftreten cardiovaskulärer Komplikationen, Infektionen und Organversagen definiert wurde. Dabei war der prädiktive Wert von Albumin für Letalität und Morbidität unabhängig von verschiedenen Indizes des Ernährungsstatus und der Ausprägung inflammatorischer Marker wie CRP, IL-6 etc. In die Untersuchung des Effekts einer Substitution von Humanalbumin auf die Morbidität bei Patienten mit Hypalbuminämie, d.h. das Auftreten einer oder mehrere Komplikationen, wurden 9 Studien eingeschlossen. Auch wenn sich bei Vincent et al. in der Analyse der Morbidität eine Tendenz zugunsten der mit Humanalbumin behandelten Patienten abzeichnete, erreichte diese keine statistische Signifikanz, so dass ebenso wie bei den zuvor dargestellten Analysen zur Letalität kein klarer Vorteil für die Therapie mit Humanalbumin gezeigt werden konnte. Literatur 1. Dieterich HJ (2003) Recent developements in european colloid solutions. J Trauma 54:S26- S30 2. Goldwasser P, Feldman J (1997) Association of serum albumin and mortality risk. J Clin Epidemiology 50:693-703 3. Lukasewitz P, Kroh U, Löwenstein O, Krämer M, Lennartz H (1998) Quantitative Untersuchungen zur Gewebsspeicherung von mittelmolekularer Hydroxyethylstärke 200/0,5 bei Patienten mit Multiorganversagen. Journal für Anästhesie und Intensivbehandlung 3:42-46 4. Margarson MP, Soni NC (2002) Effects of albumin supplementation on microvascular permeability in septic patients. J Appl Physiol 92:2139-2145 5. Nicholson JP, Wolmarans MR, Park GR (2000) The role of albumin in critical illness. Brit J Anaesth 85:599-610 6. Sirtl C, Laubenthal H, Zumtobel V, Kraft D, Jurecka W (1999) Tissue deposits of hydroxyethyl starch (HES): dose-dependent and time-related. BJA 82:510-515 7. Tonnesen AS, Gabel JC, McLeavey CA (1977) Relation between lowered colloid osmotic pressure, respiratory failure, and death. Crit Care Med 5:239-240 8. Vincent JL, Dubois MJ, Navickis RJ, Wilkes MM (2003) Hypoalbuminemia in acute illness: is there a rationale for intervention ? Ann Surg 237:319-334 9. Ginès P, Cárdenas A, Arroyo V, Rodés J (2004) Management of Cirrhosis and Ascites. New Engl J Med 350:1646-1654 Universitätsklinikum Marburg, Version 1, 3. Mai 2004, Verfasser: Prof. Dr. Martin Max, Klinik für Anästhesie und Intensivtherapie für die Kommission Einsatz von Humanalbumin in der Intensivmedizin Universitätsklinikum Marburg, Version 1, 3. Mai 2004, Verfasser: Prof. Dr. Martin Max, Klinik für Anästhesie und Intensivtherapie für die Kommission Einsatz von Humanalbumin in der Intensivmedizin ----------------------- V. Kretschmer |
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Eine Übersichtsarbeit gibts im European Journal of Anaesthesiology: Haynes GR, Navickis RJ, Wilkes MM: Albumin administration - what is the evidence of clinical benefit? A systematic review of randomized clinical trials, EJA 2003; 20:771-793
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