Transfusionsmedizin und Immunhämatologie

Grundlagen, Therapie, Methodik- von V. Kiefel, C. Mueller-Eckhardt, rezensiert von B. Fleiter, Duisburg und T. Frietsch, Marburg

  • 2010, Springer Berlin
  • Preis: 179,95€
  • 4., überarb. u. erw. Aufl.
  • Ausstattung/Bilder: XVII, 624 S. m. 112 Abb
  • Seitenzahl: 624
  • Best.Nr. des Verlages: 11306269
  • Deutsch
  • Abmessung: 289mm x 224mm x 41mm
  • Gewicht: 2218g
  • ISBN-13: 9783642127649
  • ISBN-10: 3642127649
  • Best.Nr.: 29151322

Inhalt:

  • Grundlagen der Transfusionsmedizin.
  • Blutkomponenten und Plasmaderivate
  • Therapie mit Blutkomponenten
  • Therapie mit Plasmaderivaten
  • Therapie mit Blut und Blutbestandteilen in speziellen klinischen Situationen
  • Blutsparende Verfahren
  • Unerwünschte Wirkungen von Blutübertragungen
  • Methodischer Anhang

Besprechung

Das deutsche Standardwerk auf dem Gebiet der Transfusionsmedizin und Immunhämatologie hat den Anspruch, das Fachgebiet in seiner Gesamtheit darzustellen: von den  Grundlagen der Transfusionsmedizin über speziell die Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten zur klinischen Hämotherapie: Die Therapie mit Blut und Blutbestandteilen in speziellen klinischen Situationen ist ebenso wie blutsparende Maßnahmen und die unerwünschten Wirkungen von Blutübertragungen behandelt. Dieser Aufbau bringt zahlreiche Querverweise in andere Kapitel mit sich.  Jedes Unterkapitel hat Empfehlungen zur weiterführenden Literatur. Es wurden insgesamt über 600 Seiten in Anspruch genommen und auch einige Kliniker als Autoren gewonnen.

Im ersten Drittel des Werks sind der Aufbau und die Funktion der einzelnen Blutzellen und andere Basisinhalte auch für den Kliniker verständlich beschrieben. Die klinische Bedeutung von thrombozytären Antigenen bietet in strenger Abgrenzung und ohne Überschneidungen zum Kapitel zur „Therapie mit Thrombozyten“ einen gut illustrierten Überblick über die Antigene auf Blutplättchen. Sehr interessant und verständlich ist das Kapitel über das HLA –System, allerdings wird die klinische Relevanz von HLA-Antikörpern im Zusammenhang mit Thrombozytentransfusionen bei therapierefräktären Patienten nur knapp behandelt. Wünschenswert wäre hier ein ausführlicheres Eingehen auf das Procedere bei der Versorgung solcher Patienten. Rechtliche Grundlagen sind klar strukturiert getrennt in Begriffe und Standards, herstellungs- und anwendungsbezogene Rahmenbedingungen, Qualitätsmanagement, Dokumentationspflicht, Meldewesen und Haftungsrecht auf über 10 Seiten in gebührendem Stellenwert ausgeführt.

Für den Kliniker reich und eindrücklich illustriert ist die Physiologie des Hämostasesystems und die Kapitel zur Therapie der hereditären wie erworbenen Gerinnungsstörungen . Trotz allem ist die Darstellung der für den Kliniker sehr komplexen Gerinnungsvorgänge durch die Orientierung an den einzelnen Faktoren infolge der Vielzahl der Aktivierungswege nicht immer einfach verständlich- etwas mehr Abbildungen bei den klinischen Kapiteln wäre zu begrüßen.  Die Beschreibung der effektiven Zellen des  Immunsystems, des Zytokin- und Komplementsystems ist mit 10 Seiten ausführlich- die Beschreibung des Zusammenwirkens als Physiologie des Immunsystems nimmt demgegenüber einen enttäuschend kleineren Teil (weniger als 5 Seiten) ein. Bei den Kapiteln zu den Therapieoptionen mit Einzelkomponenten sind besonders gelungene Details eine Tabelle zur telefonischen Abfrage von kryokonservierten Erythrozytenkonzentraten und eine praxisnahe Tabelle mit Empfehlungen zur Thrombozytensubstitution in Bezug zum operativen /anästhesiologischen Eingriff orientiert an Thrombozytenzahlen. Klinisch relevante Betrachtungen zur hereditären (Hämophilie und von-Willebrand-Syndrom) als auch erworbenen Koagulopathien und Thrombophilien sind in fachlich herausragender Art und Weise abgefasst, aber oftmals nur als Fließtext gehalten und damit anstrengend sowohl nach dem klinischen Feierabend als Lektüre oder als Nachschlageergebnis  in der Klinik schnell aufzunehmen.

Das für den Kliniker sehr wichtige, weil klinisch relevante Kapitel der Antikörperbildung gegen Erythrozyten und Thrombozyten ist oft mit einer Kurzbeschreibung von klinischem Bild, Differenzialdiagnose, Therapie und Prognose verbunden , die aber nicht im Stichwortverzeichnis aufgeführt ist. Für das Verständnis des Nachweises von Blutgruppen und der mit der Diagnostik der Antikörpersuchtests verbundene Zeitbedarf muss dann aber auf weitere, ausführliche und durchaus verständlich geschriebene Kapitel zu „Blutgruppen-Alloantigene auf Erythrozyten“ und „Nachweis von erythrozytären Antigenen und Antikörpern“ an anderen Stellen des Buches geblättert werden. Verständlicherweise ist der Wert des Kapitels 11.2 „Klinische Bedeutung der Blutgruppenantigene“ für das klinische Verständnis in diesem Zusammenhang hoch, ist aber alleine gelesen beinahe zu knapp. Der klinische Teil über die „Therapie mit Blut….in speziellen klinischen Situationen“  ist mit 80 von über 600 Seiten zu Gunsten einer eher produktorientierten Anwendungserläuterung (vorangegangene Kapitel III und IV) deutlich zu kurz gehalten- hier hätte man sich als Kliniker in Abwesenheit von Evidenz der Standpunkt der Experten gewünscht.  

Zu den Schwachpunkten des Buches aus unserer Sicht zählt neben den häufigen Redundanzen und der sehr verwirrenden  Aufgliederung der Thematik in Grundlagen, Komponententherapie und klinische Besonderheiten das Kapitel des „Eisenstoffwechsels“ - Es ist inklusive Diagnostik sehr detailliert und für den Kliniker als schneller Ratgeber wenig hilfreich beschrieben. Eine Tabelle zur diagnostischen Konstellation bei Eisenmangelanämie und die daraus ersichtliche Ursache und Therapie wäre hier wünschenswert. Die Notwendigkeit der perioperativen Therapie bei bis zu 30% des elektiven Patientenkollektivs wird ebenso wie die Nebenwirkungen oder die neue hochdosierte intravenöse Eisensubstitution nicht erwähnt. Auch das Kapitel über Blutersatzlösungen ist sehr knapp und teilweise undifferenziert.

Der methodische Anhang ist eine gute Idee und auch für den Kliniker als rasches Nachschlageverzeichnis gut. Die Umsetzung ist allerdings nicht ganz optimal gelungen- vergleicht man sie mit der englischen Version des „technical manual“ der amerikanischen Gesellschaft der Transfusionsmediziner (American Association of Blood Banks).

Die Gliederung insgesamt, die sich im Wesentlichen nicht von der vorherigen Auflage unterscheidet, ermöglicht nach wie vor kein strukturiertes Anwenden des Buches. Übersichtlicher wäre z. B. die Zusammenfassung von erythrozytären Antigenen, Antikörpern, klinischer Relevanz, Immunreaktionen auf Erythrozyten sowie Therapie mit Erythrozyten in einem Kapitel.

Fazit

In der Zusammenfassung stellt das über 600 Seiten starke Werk eine meist gut verständliche Fortbildungsquelle auch für Nicht-Transfusionsmediziner dar. Zahlreiche Tabellen und die Ausgliederung des methodischen Anhangs sind ebenso wie die Bebilderung einiger Kapitel als wertvoll zu bezeichnen und erhöhen die Verständlichkeit. Inhaltliche Stärken hat das Werk in den Kapiteln HLA-System sowie der klinischen Therapie der Koagulopathien und einzelnen klinischen Kapiteln. Insgesamt bereitet das umfassende Werk dem Kliniker allerdings einige  Probleme als reines  Nachschlagewerk - Die Redundanz der Behandlung eines Themenkomplexes von den Grundlagen über die Diagnostik und der klinischen Bedeutung in 2-3 verschiedenen Kapiteln macht ein schnelles Finden schwer. Angehängte Literaturverzeichnisse von weniger als 10 bis zu über 600 Zitaten sind symbolisch für eine sehr heterogene Qualität der einzelnen Kapitel.

Bewertung/Empfehlung

Die IAKH Empfehlung daher-in Anbetracht des Preises und den obig angeführten Schwächen als Lektüre für den Kliniker- 2 von 5 IAKH-Tropfen

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