Endotheliale Mikropartikel als potentielle Marker der Schwere eines vorangegangenen hämorrhagischen Schocks

IAKH Förderpreis 2021

 

PD Dr. med. Dania P. Fischer, Universitätsklinikum Frankfurt, Anästhesiologie

 

1      Hintergrund

Veränderungen der Makrozirkulation im hämorrhagischen Schock gehen einher mit Veränderungen der Mikrozirkulation; es kommt zu endothelialer Aktivierung, Dysfunktion und ggf. Schädigung einschließlich erhöhter Adhäsion von Thrombozyten und Leukozyten am Endothel.1 Bekannte Marker einer gestörten Perfusion und Funktion der Mikrozirkulation z.B. nach kardiopulmonalem Bypass sind Glykokalix-Shedding-Marker wie Syndecan-1 und Heparan Sulphat.2 Weitere Marker niedriger Perfusion könnten Mikropartikel sein; denn in Studien an Patienten mit pulmonaler Hypertension konnte gezeigt werden, dass im Blut zirkulierende endotheliale Mikropartikel negativ korrelieren mit dem Cardiac Index.3

Ziel dieser Studie ist es, zu untersuchen, inwiefern endotheliale Mikropartikel und weitere bekannte Glykokalix-Shedding-Marker Rückschlüsse zulassen auf die hämodynamische Schwere eines hämorrhagischen Schocks und wie lange nach hämodynamischer Erholung vom Schock sich diese Marker im Blut nachweisen lassen.

 

 

2      Methodik

Ausgangsmaterial dieser Studie sind Proben aus einem bereits durchgeführten porcinen Hämorrhagiemodell, bei welchem während eines prolongierten hypovolämen Schockgeschehens an 24 Schweinen ein ausgedehntes hämodynamisches Monitoring einschließlich Messung des Cardiac Outputs mittels PiCCO®-Katheter vorgenommen wurde. Es wurden Serumproben zu fünf Zeitpunkten vor, während und nach hämorrhagischen Schocks asserviert. Der hämorrhagische Schock wurde induziert durch akute Entnahme von 500 ml Blut über einliegende Katheter, die Menge entnommenen Blutes wurde dann MAP-gesteuert eskaliert, um für eine Stunde einen Ziel-MAP von 45 mmHg zu halten.

Die Proben sollen nun im Rahmen dieser Sekundäranalyse verblindet mittels ELISA und Durchflusszytometrie untersucht werden. Mittels ELISA sollen die Glykokalix-Shedding-Marker Syndecan-1 und Heparan Sulphat im Serum quantifiziert werden. Zur durchflusszytometrischen Untersuchung werden die zu analysierenden Mikropartikel zunächst mittels Ultrazentrifuge aus dem porcinen Serum isoliert.

Wir untersuchen, ob verschiedene Oberflächenmarker korrelieren mit dem Cardiac Index bzw. ob es eine für die Dauer und Schwere des Schockgeschehens charakteristische Zusammensetzung von Mikropartikeln und Markern einer zerstörten Glykokalix gibt.

 

 

3      Zukunftsperspektive

Sollte sich zeigen, dass die o.g. Marker Rückschlüsse zulassen auf die Schwere eines vorangegangenen hämodynamischen Schocks, soll das etablierte Panel in einem Folgeprojekt im Rahmen einer prospektiven Studie an Patienten evaluiert werden, bei denen ein hämorrhagischer Schock diagnostiziert wurde.

Die Querschnittsleitlinie der Bundesärztekammer zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten erlaubt dem Anwender Spielraum, wenn V.a. einen Volumenmangel herrscht mit dem Hinweis, der gemessene Hämoglobinwert sei in diesem Fall falsch hoch. Wir suchen, die Diagnosestellung eines Schocks bzw. einer gestörten Mikrozirkulation zu unterstützen, indem wir potentielle Marker hierfür untersuchen an Proben aus einem hämodynamisch gut charakterisierten Hämorrhagiemodell. Letztlich könnten unsere Vorarbeiten somit dazu beitragen, bedarfsadaptierte Volumen- und Hämotherapie zu fördern.

 

 

4. Literatur

[1] Jung C, Fuernau G, Muench P, et al. Impairment of the endothelial glycocalyx in cardiogenic shock and its prognostic relevance. Shock 2015; 43: 450-5.

[2] Dekker NAM, Veerhoek D, Koning NJ, et al. Postoperative microcirculatory perfusion and endothelial glycocalyx shedding following cardiac surgery with cardiopulmonary bypass. Anaesthesia 2019; 74: 609-18.

[3] Amabile N, Heiss C, Real WM, et al. Circulating endothelial microparticle levels predict hemodynamic severity of pulmonary hypertension. Am J Respir Crit Care Med 2008; 177: 1268-75.

 

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