Blutsicherheit in der Pandemie

Der AK-Blut und das Paul Ehrlich Institut geben Entwarnung: Derzeit keine Hinweise auf eine Covid-19-Übertragungsgefahr durch Blutprodukte!

Wie sicher sind Blutspender vor Ansteckung bei der Spende und wie sicher sind die Blutprodukte für den Empfänger?

Zum jetzigen Zeitpunkt informiert das Deutsche Rote Kreuz (DRK) als größte deutsche Blutspendeorganisation auf Ihrer Informationsseite (bitte dort tagesaktuell nachschauen), dass sich Blutspender bei der Spende mit nur geringer Wahrscheinlichkeit anstecken können. Gerade in diesen Tagen werden Blutkonserven aber dringend gebraucht. Laut unseren Kontakten sind die Vorräte schwindend und Blutspender dringend benötigt.

Im Zuge der Versorgungssicherheit mit Blutkonserven stellt sich uns, als der Fachgesellschaft für die Anwender von Blutkonserven, die Frage, ob die in diesen Zeiten gespendeten Blutkonserven sicher sind.

Gibt es Erkenntnisse zur Übertragungsfähigkeit des SARS-CoV-2 / COVid-19 über eine Bluttransfusion?.

Zusammenfassend kann nach unseren Recherchen und den Angaben von RKI, PEI, DRK etc. mit zuverlässiger Sicherheit berichtet werden, dass eine hämotogene Übertragung von „respiratorischen“ Viren wie Influenza- und Coronaviren (auch SARS und MERS) durch Bluttransfusionen nie berichtet wurde.

Das Paul-Ehrlich-Institut PEI auf seiner Webseite (Coronavirus Neuigkeiten des PEI):

"Aufgrund der Erfahrungen mit anderen Coronavirus-Infektionen (SARS und MERS) und weiteren Viren, die zu Atemwegsinfektionen führen, wird die Gefahr einer transfusionsbedingten Übertragung des SARS-CoV-2 nach bisherigem Erkenntnisstand als derzeit nicht begründbar eingeschätzt"

Der Arbeitskreis Blut des RKI in einer Stellungnahme vom 17.03.2020:

"Bisher gibt es keine Berichte, dass prä- oder asymptomatisch Infizierte ebenfalls virämisch sind. In der Untersuchung eines deutschen Clusters mit vorwiegend milden respiratorischen Symptomen wurde in 31 Blutproben kein Virus nachgewiesen. Es gibt keine Berichte von transfusionsassoziierten Infektionen mit SARS-CoV-2, auch nicht mit SARS- und MERS-Coronavirus. Auch bei anderen Erregern respiratorischer Infektionen, insbesondere Influenza, gibt es keine Hinweise auf transfusionsassoziierte Infektionen.

Somit wird das Risiko einer Infektion mit SARS-CoV-2 durch Transfusion von nicht- virusinaktivierten Blutkomponenten als sehr gering eingeschätzt. Zu dieser Einschätzung kommt auch das European Center for Disease Prevention and Control (ECDC) in seinemaktuellen Risk Assessment“. www.ecdc.europa.eu“

Da in einzelnen Publikationen trotzdem Hinweise auf Virämien (? oder nur Virus-RNA?) im Blut asymptomatischer Patienten und damit potenziellen Spendern auftauchen (s.u.), bleibt eine wichtige deutsche Publikation zu diesem Thema abzuwarten, die in TRANSFUSION eingereicht ist[1]. Demzufolge fanden sich in einem Zeitraum von 14 Tagen kein RNA-Nachweis im Serum/Plasma bei 17 von insgesamt 18 Patienten, deren Rachenabstriche positive Ergebnisse in der RT-PCR zeigten. Die Patienten zeigten unterschiedlichste Krankheitssymptome. Ein PCR-Nachweis im Blut war nur bei einem der Patienten mit einer ausgeprägten Symptomatik (künstlicher Beatmung bei ARDS) möglich. Drei der 18 Patienten wiesen keine Krankheitssymptome auf und hätten somit die Kriterien der Zulassung zur Blutspende erfüllt. Eine hämatogene SARS-CoV-2-Übertragung wäre bei diesen asymptomatischen Patienten und möglichen Blutspendern aufgrund der fehlenden Virämie, bei Existenz der Virämie aufgrund der Symptomatik nicht möglich gewesen. Die Viruslast im Blut scheint also mit schwerster Symptomatik und damit der Spendeunfähigkeit einherzugehen. Damit übereinstimmend gibt es nun einen ersten Fallbericht der Thrombozytentransfusion eines Covid-19 positiven Spenders, die nicht zu einer Infektion des Empfängers mit aplastischer Anämie führte [8].

Weitere vereinzelte Hinweise aus der internationalen Literatur deuten zwar eine mögliche Viruslast im Blut von Patienten an, aber mit noch eine Reihe offener Fragen: 

Laut der amerikanischen Gesellschaft für Transfusionsmedizin AABB (Link) (http://www.aabb.org/advocacy/regulatorygovernment/Documents/Impact-of-2019-Novel-Coronavirus-on-Blood-Donation.pdf) gibt es eine Publikation vom Februar in Transfus Med Rev (siehe Literaturrezension der IAKH in "Für Sie gelesen" oder zum PDF, bei der 15% der chinesischen Patienten Virus RNA im zirkulierenden Blut aufweisen. Die damit einhergehende Viruslast im Blut ist unklar (es wurde ja nur RNA nachgewiesen, keine vitalen Viren), die RNA-Mengen waren unabhängig vom klinischen Erscheinungsbild niedrig und konnten innerhalb von 2-3 Tagen nach Symptombeginn nachgewiesen werden.

 

Ungeklärt sind dennoch folgende theoretische Möglichkeiten, die noch geklärt werden müssen:

  • Wie hoch die Viruslast im zirkulierenden Blut sein muss, um eine hämatogene Übertragung möglich zu machen, ist unbekannt. „Bislang sind keine Fälle von einer Übertragung des neuartigen Coronavirus über Blutprodukte bekannt geworden. Es ist auch unklar, ob Viren, die solche Erkrankungen auslösen, überhaupt durch Blut übertragen werden können.“
  • Welche zeitliche Verzögerung gibt es zwischen Virusnachweis im Rachenabstrich und im Blut? (Im Rachen ist der quantitative Virusnachweis bei ersten Symptomen bereits abfallend, d.h. das Maximum liegt vor dem Symptombeginn!)
  • Wie hoch kann der Anteil der oligo-bzw. symptomatischen Blutspender sein, wenn von einer vermehrt symptomarmen Symptomatik in jüngeren Patienten ausgegangen werden muss? Derzeitige Schätzungen gehen von bis zu 30% symptomfreien/armen Verläufen v.a. in jüngerem Alter aus.
  • Wie dringlich ist eine Untersuchung der Spender und der Blutprodukte auf eine aktive Virusbeladung? Die Spender werden derzeit nach unseren Informationen nicht auf die Virus-DNA im Spenderblut getestet, weil es den Test nach unseren Informationen noch nicht gibt. Firmen, die sich in Deutschland mit Spendertestung auf relevante Viren befassen (z.B.: die GFE Blut in Frankfurt https://www.gfeblut.de/contact-us/ ) sind erst im Design-Stadium. „Die DRK-Blutspendedienste bereiten sich dennoch auf mögliche Maßnahmen vor.“  Zum SARS Coronavirus gab es eine Testentwicklung und die Anwendung bei über 31 000 asymptomatischen Blutspendern mit durchgehend negativem Resultat- kein Nachweis. Derselbe Test funktionierte aber bei Patienten: Mittels real-time CoV PCR Test konnten SARS-CoV bereits zu Beginn der Infektion bei oligo-symptomatischen Patienten entdeckt werden. Damals schlussfolgerten die deutschen Autoren ( als Coautor Christian Drosten), dass der Test einfach zu den anderen DNA-Testen auf HIV, Hep etc. zur Erhöhung der Virussicherheit der Blutprodukte hinzugefügt werden könne (Schmidt et al.NAT screening of blood donors for severe acute respiratory syndrome coronavirus can potentially prevent transfusion associated transmissions. Transfusion 2004;44:470-475)
  • Die derzeitigen Regelungen des DRK sind (laut Internetseite Hinweise für Blutspender) kritisch zu überprüfen: 
    • Spendewillige, die Kontakt zu einem an COVID-19-Erkrankten oder zu einem Verdachtsfall hatten, werden für 4 Wochen nach Exposition von der Blutspende zurückgestellt.
    • Personen, die an COVID-19 erkrankt sind, müssen für 3 Monate nach Ausheilung von der Blutspende zurückgestellt werden.“

Weiterführende Literatur: 

[1]-Victor M. Corman1, Holger F. Rabenau, Ortwin Adams, Doris Oberle, Markus B. Funk, Brigitte Keller-Stanislawski, Jörg Timm, Christian Drosten, Sandra Ciesek; SARS-CoV-2 asymptomatic and symptomatic patients and risk for transfusion transmission (eingereicht bei dem Journal“Transfusion”)

[2]-COVID-19 and Blood Safety: Help with a Dilemma
Roger Y. Dodd and Susan L. Stramer
Transfusion Medicine Reviews • Available online 26 February 2020
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[3]-Asymptomatic carrier state, acute respiratory disease, and pneumonia due to severe acute respiratory syndrome coronavirus 2 (SARS-CoV-2): Facts and myths
Chih-Cheng Lai, … … , Po-Ren Hsueh
Journal of Microbiology, Immunology and Infection • Available online 4 March 2020
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[4]-Comparison of different samples for 2019 novel coronavirus detection by nucleic acid amplification tests
Chunbao Xie, … … , Zhenglin Yang
International Journal of Infectious Diseases • April 2020
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[5]- Sonja A. Rasmussen, John C. Smulian, John A. Lednicky, Tony S. Wen, Denise J. Jamieson. Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) and Pregnancy: What obstetricians need to know, American Journal of Obstetrics and Gynecology, 2020, Download PDF
 
[6]- Soheil Kooraki, Melina Hosseiny, Lee Myers, Ali Gholamrezanezhad. Coronavirus (COVID-19) Outbreak: What the Department of Radiology Should Know. Journal of the American College of Radiology, 2020, Download PDF
 
[7]- Tauseef Ahmad, Muhammad Khan, Haroon, Taha Hussein Musa, Saima Nasir, Jin Hui, D.Katterine Bonilla-Aldana, Alfonso J. Rodriguez-Morales. COVID-19: Zoonotic aspects, Travel Medicine and Infectious Disease, 2020, Article 101607, Download PDF

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7218366/pdf/main.pdf

[8]- Cho HJ et al. Covid-19 Transmission and Blood Transfusion. A Case Report. J Infect Public Health. 2020 May 13.doi: 10.1016/j.jiph.2020.05.001, Download PDF 

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