Der SHOT Report 2024 ist erschienen

Das Hämovigilanzsystem aus Großbritannien hat seinen Bericht des letzten Jahres veröffentlicht.

 

Zusammenfassung: Wichtige Erkenntnisse des SHOT-Berichts 2024

 

Insgesamt wurden 3.998 Berichte ausgewertet (inklusive Near Misses und „Right Blood, Right Patient“-Fehler). Vermeidbare Fehler im Prozess oder der Anwendung machen weiterhin den Großteil aller gemeldeten Vorfälle aus: 83,1 % (3.322 von 3.998) aller Berichte werden auf Fehler zurückgeführt (Ohne Near Misses und RBRP-Fehler: 70,8 % der Vorfälle).

 

Sterblichkeit & schwere Schäden

 

Die Zahl der transfusionsbezogenen Todesfälle ist in 2024 stark auf n=59 gestiegen. Todesfälle durch TACO (Transfusion-Associated Circulatory Overload) sind besonders stark angestiegen: 31 Todesfälle durch TACO in 2024 (im Vergleich zu 15 im Jahr zuvor).Weitere 18 Todesfälle werden mit verzögerten Transfusionen in Verbindung gebracht. Es gab keinen Todesfall, der als „definitiv durch Transfusion verursacht“ (Imputabilität Grad 3) eingestuft wurde. Das Risiko für Tod im Zusammenhang mit Transfusion liegt bei ca. 1:37.000 Komponenten, das Risiko für ernsthaften Schaden bei ca. 1:11.500 Komponenten.

 

Infektionen durch Transfusion

 

Es gab keine bestätigten oder wahrscheinlichen transfusionsübertragenen Infektionen (TTI) im Jahr 2024.

 

Hauptursachen & beitragende Faktoren

 

Inadäquate Personalausstattung, unzureichende Schulung, fehlende Supervision und eine suboptimale Sicherheitskultur werden weiterhin als häufige beitragende Faktoren für Fehler benannt. Kommunikationsprobleme sind insbesondere ein großes Thema bei verzögerten Transfusionen: Probleme bei der Entscheidungsfindung, bei der Anforderung von Blutkomponenten oder bei der Probenverarbeitung. Bei Handling- und Lagerungsfehlern (Kältekettenprobleme) bleibt ein bedeutender Anteil der gemeldeten Fehler im Labor bestehen.

 

Verzögerte Transfusionen

 

Die Zahl der gemeldeten verzögerten Transfusionen (Delayed Transfusions) ist stark angestiegen: von 212 im Jahr 2023 auf 312 in 2024. Es gab 18 Todesfälle, die mit diesen Verzögerungen in Verbindung gebracht werden. Hauptprobleme: Mangelnde Implementierung von Major Haemorrhage-Protokollen, verspätiges Eskalieren bei schwer blutenden Patienten.

 

Near Misses (Beinahe-Fehler)

 

Sehr viele Near-Miss-Ereignisse: 1.408 von 3.998 gemeldeten Vorfällen (etwa 35,2 %). Diese Beinahe-Fehler geben wichtige Hinweise auf potenzielle Risiken im System, auch wenn sie nicht immer zu Schaden führen.

 

ABO-Inkompatible Transfusionen

 

Es gibt eine positive Entwicklung: ABO-inkompatible Erythrozyten-Transfusionen nehmen ab. Allerdings werden weiterhin ABO-inkompatible Plasmatransfusionen gemeldet, meist durch Fehler bei der Komponentenauswahl im Labor.

 

Empfohlene Maßnahmen / Nächste Schritte

 

Verstärkte Umsetzung der Empfehlungen aus früheren Warnhinweisen: z. B. dem „Central Alerting System (CAS) Patient Safety Alert“ gegen Transfusionsverzögerungen; Verbesserung von Schulungen, Kompetenzprüfungen und Überwachung des Personals; Optimierung der Kommunikationswege zwischen klinischen und Laborbereichen, insbesondere bei Notfällen oder Major-Haemorrhagie-Situationen; Fortführung der Entwicklung einer positiven Sicherheitskultur im gesamten Transfusionsprozess.

 

Weitere Themen

 

Der Bericht enthält Kapitel zu verschiedenen konkreten Fehlerarten: z. B. Laborfehler, IT-Fehler, Handling- und Lagerungsfehler, Adverse Events bei Anti-D-Ig, Über- oder Untertransfusion, seltene Komplikationen usw. Spezielle Gruppen wie pädiatrische Patienten werden besonders hervorgehoben: Kinder sind überproportional in Fehler- und Reaktionsberichten vertreten. SHOT hat 2025 neue „Transfusion Safety Standards“ veröffentlicht, die sich an den in den Berichten identifizierten Risiken orientieren. Eine neue App „My Transfusion“ wurde eingeführt, um vor allem PatientInnen mehr Transparenz über den Transfusionsprozess zu geben

Fazit 2024:

Die Mortalität ist sprunghaft gestiegen, wobei die AB0-inkompatiblen EK-Transfusionen weniger geworden sind. Der Anteil der tatsächlichen Anwendungsfehler ist gegenüber den Beinahefehlern unverändert zu den Vorjahren bei ca 83% (!).

 

Besorgniserregend: Der dramatische Anstieg der TACO-bedingten Todesfälle ist ein zentraler negativer Trend.

 

Positiv: Mehr Struktur bei der Risikobewertung (TACO-Assessment) und eine erhöhte Aufmerksamkeit auf Prävention.

 

Langsamer Fortschritt: Einige Fehlerarten (ABOi Plasma, Laborfehler, Personalprobleme) bleiben trotz wiederholter Warnungen bestehen.

 

Systemischer Fokus: SHOT signalisiert, dass das Problem nicht nur bei einzelnen Personen liegt, sondern tiefer in System, Kultur und Ressourcenausstattung verankert ist.

 

Alles in allem wieder einmal sehr lesenswert und interessant. Verwenden Sie die Graphiken des SHOT Reports für Ihre Fortbildungen. 

Das IAKH Fehlerregister versucht die deutschen vermeidbaren Fehlanwendungen zu erfassen. Melden auch Sie unter Fehlerregister !

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