Hämostasestörung als typisches Symptom von Coronaviren

Viele der Patienten, die an der Covid-19-Pneumonie versterben, fallen durch abnorme Gerinnungsparameter wie bei einer Fibrinolyse auf...

Patienten mit einer Covid-19-Pneumonie weisen besonders bei schweren Verläufen eine besondere Koagulopathie und thromboembolische Komplikationen bis hin zur disseminierten intravasalen Gerinnungsstörung DIC auf. Daraus ergeben sich prognostische Möglichkeiten, diagnostische Herausforderungen und therapeutische Notwendigkeiten. 

Eine aktuelle und lesenswerte Übersicht eines deutsch-amerikanischen Autorenteams (Giannis et al. Coagulation disorders in coronavirus infected patients: COVID-19, SARS-CoV-1, MERS-CoV and lessons from the past. J Clin Virol. 2020 Apr 9;127:104362. doi: 10.1016/j.jcv.2020.104362)  stellt klinische Aspekte der Coronavirusinfektionen SARS, MERS und COVID-19 in Bezug zu Thrombopenie, D-Dimer-Erhöhung, Lymphopenie und verlängerter INR dar. Diese meist prognostisch ungünstigen Faktoren sind die nicht untypischen Anzeichen des erhöhten Verbrauchs an Gerinnungsfaktoren und der Plättchenaktivierung durch eine Virusinfektion. Dabei scheint die Schwere der Ausprägung bei der COVID-19 Variante am stärksten, bei SARS erheblich und am mildesten bei MERS zu sein. Ätiopathogenetisch verursacht die Entzündung in den schweren Verläufen erheblich endotheliale Dysfunktion, gesteigerte Ausschüttung von von-Willebrand-Faktor, Aktivierung des Toll-like-Rezeptors und des Tissue-factor-Pathways.

Die Thrombozyten spielen insbesondere bei der Virusinfektion eine erhebliche Rolle als Mediatoren und Erregererkennung durch die Interaktion von Zelloberflächen (sog. pathogen pattern recognition recepors) oder Immunmediatoren (Immunglobulin Fc und Komplement-Rezeptoren). Besonders die Aktivierung von immunkompetenten Zellen sowie die Interaktion zwischen Macrophagen, Monozyten, Endothel, Thrombozyten und Lymphozyten sind kritische Schritte mit prokoagulatorischem Effekt in der Virusbekämpfung. Auch die SARS Epidemie 2003\2004 mit dem Covid-1-Corona Virus war geprägt von vornehmlich pulmonalen Thromboembolien und venösen Thrombosen und Thrombosen in den meisten Organ, wie das in Autopsien nachgewiesen werden konnte. Die Veränderung der Gerinnungsparameter waren damals sehr ähnlich. Dazu gibt es in vitro Studien an Monozyten und Leberzellen, die die Genexpression einer Reihe an Prokoagulatoren nachwiesen. Allerdings ist fraglich, welche genaue Ursache die Thrombozytopenie (mit schlechter Prognose bei der COVID-19-19-Erkrankung assoziiert) hat- Ist sie Teil der sepsisinduzierten DIC oder eigentliche Interaktion mit dem Virus? Weiterhin ist nicht klar, wem die Interaktion über die thrombozytenständigen Rezeptoren wie der C-type Lectin- oder die Toll-like Rezeptoren TLR-3, -7, -9 nützt - dem Virus oder dem Wirt (siehe dazu auch den Leserbrief von M. Othman). Thrombozyten bilden auf entsprechende Stimulation Kinocidine und andere Peptide gegen Viren.

Eine weitere Begründung für die gehäufte Anzahl von Thromboembolien unter Covid 19 ist als Preproof in J Amer Coll Surg von Wright et al. erschienen. Demnach empfiehlt sich ein Thrombelastogramm/-Thrombelastographie bei Aufnahme auf die Intensivstation zur Einschätzung des Thromboembolierisikos: Lediglich die D-Dimere und der Alpha-Winkel des Thrombelastogramms besaßen ausreichende Vorhersagekraft für Thromboembolien. Die meisten dieser schwer an Covid-19 erkrankten Patienten sind hyperkoabel; bei 57% der Patienten war eine Lyseaktivität nicht nachzuweisen. Der Nachweis eines sogenannten "Fibrinolyse-Shutdowns" mittels spätem Nachweis der fehlenden Lyse (nach 30 min- LY30=0)zusammen mit einer erhöhten Konzentration an D-Dimeren war mit einer 40%igen versus 5% Thromboembolierate assoziiert (p=0,013). Waren beide Laborparameter vorliegend (Lys30=0 und D-DImere > 2600) war das Thromboembolierisiko bei 50%, das Dialyserisiko bei 80% (gegenüber 0 und 14%, wenn keiner der beiden nachzuweisen war)!

Die Steuerung der Heparintherapie wie die Kontrolle der Thrombosepropylaxe bei der Antikoagulation gemäß den aktuellen Empfehlungen der GTH erfordert die Bestimmung des Faktor Xa, da die anscheinende Heparinresistenz, gemessen am fehlenden Anstieg der aPTT, irreführend zu einer nicht angebrachten Dosiserhöhung der Heparine und auch Blutungskomplikationen führt.
Insbesondere wenn Dosen über 35,000 IU/Tag notwendig werden, liegen gleichzeitig hohe F VIII Konzentrationen und normale AT3-Spiegel bei diesen Patienten vor, die die Heparinwirkung in vitro antagonisieren. Die in vivo-Wirkung ist aber unbeeinträchtigt. Leserbrief von Breun et al. (Beun R et al. Thromboembolic events and apparent heparin resistance inpatients infected with SARS-CoV-2. Int J Lab Hematol 2020. https://doi.org/10.1111/ijlh.13230)

Auffällig an der Pathologie der Covid-19-Pneumonie sind laborchemische Hinweise auf eine Fibrinolyse: Der Artikel von Tang et al. (Tang N et al. Abnormal coagulation parameters are associated with poor prognosis in patients with novel coronavirus pneumonia. J Thromb Haemost. 2020 Apr;18(4):844-847. doi: 10.1111/jth.14768. Epub 2020 Mar 13) korreliert diese Mit einer schlechten Prognose bei schwerem Verlauf. 

Hochrangig publiziert ist eine "schnell publizierte" Fallserie aus dem Mount Sinai Krankenhaus in New York über schwere Schlaganfälle bei jungen Covid-19-Patienten durch den Verschluss eines großen Hirngefäßes. Zwar ist diese Fallserie von 5 jungen Patienten zur Hälfte ohne diagnostizierte Vorerkrankungen bemerkenswert, aber endgültig nicht ohne die Einordnung der Ereignisse in eine saubere Statistik zu werten. Zumal die zugrunde liegende gesundheitliche Verfassung der US-Amerikaner nicht mit der eines Sozial-Gesundheitssystem wie dem unsrigen zu vergleichen ist. Allerdings bestärkt es die Empfehlung der GTH nach früherer, höher dosierter Antikoagulation bei Covid-19-Patienten. (Oxley TJ et al. Large-Vessel Stroke as a Presenting Feature of Covid-19 in the Young. N Engl J Med. 2020 Apr 28. doi: 10.1056/NEJMc2009787.

 

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