Hämovigilanzbericht des PEI veröffentlicht

Hämovigilanz-Bericht des Paul-Ehrlich-Instituts 2016/17: Auswertung der Meldungen von Reaktionen und Zwischenfällen nach § 63i AMG

Ausgewertet werden vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) die Meldungen von schwerwiegenden Zwischenfällen bei der Anwendung von Blut und Blutprodukten  nach § 63i des Arzneimittelgesetzes (AMG). Wir behandelnden Ärzte sind wie in §§ 14 und 16 des Transfusionsgesetzes TFG  verpflichtet, diese Meldungen zu erstellen und über standardisierte Formulare auf der PEI-Homepage oder auf https://humanweb.pei.de unter „Blutkomponenten“ zu melden.

Fehltransfusionen ohne Transfusionsreaktion sowie Fehler in der Transfusionskette, die zu einer Fehltransfusion hätten führen können, sind der Bundesoberbehörde nach § 63i AMG von den Produkte-Herstellern als SAE zu melden (16. Novelle des AMG). Bei Fehltransfusionen mit einer Transfusionsreaktion besteht auch für den behandelnden Arzt eine Meldepflicht nach §16 Abs. 2 TFG . Da nur die Meldung von schwerwiegenden Reaktionen und Zwischenfällen gesetzlich vorgeschrieben ist, liegen dem PEI nur sporadisch Informationen zu nicht schwerwiegenden Ereignissen vor und werden daher nicht in die Auswertung einbezogen. Fehltransfusionen ohne unmittelbar absehbare Folgen müssen nach der Hämotherapierichtlinie 2017 nur einrichtungsintern gemeldet werden.

Vom PEI wird als schwerwiegende Arzneimittelreaktion SAR eine Meldung bewertet, die einen "„sicheren“ oder „wahrscheinlichen“ Zusammenhang generell herstellt (bei Todesfolge auch einen möglichen), sofern die SAR sich auf eine transfusionsassoziierte akute Lungeninsuffizienz (TRALI), eine transfusionsbedingte bakterielle Infektion (TBBI), eine transfusionsbedingte virale Infektion (TBVI) und eine Fehltransfusion bezieht.".

Ausgewertet wurden die Jahre 2016 und 2017. Meldungen (2016 - n=547, 2017 - n=535), bestätigte Transfusionsreaktionen (2016 - n=362, 2017 - n=359) und Todesfälle (2016 - n=5, 2017 - n=11) waren auf vergleichbarem Niveau seit 2014.  

Die bestätigten Fälle von Transfusion-assoziierter Kreislaufüberladung (TACO) sind um fast 80 Prozent von 36 im Jahr 2014 auf 64 im Jahr 2017 (2016 - n=54(letal 1), 2017 - n= 64 (letal 2)) angestiegen. Todesfälle traten nur nach Erythrozytengabe auf, nicht nach Plasma, Thrombozytenkonzentraten  oder Komponentenmischtransfusion auf ((2016 - n=47(letal 1), 2017 - n= 55 (letal 2)).

Abbildung 1- Die Anzahl der durch EK, TK, Plasma ausgelösten, gemeldeten und bestätigten Fälle von TACO seit 2009.

In der Tendenz sind (mit leichten Schwankungen) seit 2014 die bestätigten Fälle von hämolytischen Transfusionsreaktionen (HTR) (2016 - n=28(letal 0), 2017 - n= 46 (letal 3))und Fehltransfusionen (Fehl-TF) (2016 - n=28(letal 2), 2017 - n= 27(letal 1)) angestiegen. Bei den Fehltransfusionen wurden unterschieden zwischen solchen die eine schwerwiegende Transfusionsreaktion ausgelöst hatten (Fehl-TF SAR) und Beinahe- Fehltransfusionen sowie Fehltransfusionen, die keine auf die Transfusion zurückzuführende Beeinträchtigung der Gesundheit der Empfänger verursachten, aber später als schwere Arzneimittelreaktion (Serious Adverse Event- SAE) gemeldet wurde (Fehl-TF SAE). Dabei nahm die Anzahl der Meldungen seit 2012 zu (Tab.1).

Tabelle 1 Die Anzahl der gemeldeten Fehltransfusionen seit 2012

Als Ursachen der Fehltransfusionen konnten hauptsächlich Verwechslungen eruiert werden (Tab. 2)

Tabelle 2 Fehlerquellen für die gemeldeten Fehl-TF-SAE. 

Die Autoren des Berichts schlussfolgern richtig, dass sich nur die Meldehäufigkeit, nicht aber die Inzidenz von schwerwiegenden Transfusionsreaktionen ermitteln lässt, da diese Hämovigilanzdaten auf Spontanmeldungen beruhen. (Obwohl es für schwerwiegende Zwischenfälle eigentlich eine MeldePFLICHT gibt!) Die leichtgradigen Reaktionen sowie die Fehltransfusionen ohne Folgen können weiterhin nicht zentral erfasst oder gar gezählt werden. Die Dunkelziffer der nicht gemeldeten Zwischenfälle ist vermietbar hoch. Damit bleibt die Anwendungssicherheit der Blutprodukte weiterhin ungeklärt. Als Hauptursache der Fehltransfusionen stellten sich im Hämovigilanzbericht 2016/17 in Übereinstimmung mit dem IAKH Fehlerregister Verwechslungen heraus- eine eigentlich vermeidbare Ursache, die womöglich durch Technik und Elektronik beseitigt werden könnte. 

Von 16 Todesfällen im 2jährigen Beobachtungszeitraum waren 3 durch Fehltransfusion und weitere drei durch TACO verursacht. Die Meldungen der TACO haben stark zugenommen, was auf die Zunahme der Herz, Nieren- und Leberinsuffizienzen zurückgeführt wird. Auch hier ist die Vermeidbarbarkeit bei geeigneter Technik in Verbindung mit ausreichender Erfahrung der Anwender gegeben.

Der Hämovigilanzbericht bestätigt die Schlussfolgerungen aus unserem Fehlerregister: Den Hauptanteil in beiden Melderegistern sind durch den Faktor Mensch verursachte Zwischenfälle, vorwiegend Fehltransfusionen, Fehl- und Überdosierungen. Die gemeldeten Reaktionen sollten Anlass genug sein, entsprechende Schritte zur Vermeidung und zur Wahrung der Patientensicherheit zu unternehmen. Dies ist umso relevanter, als auch im Hämovigilanzreport des PEI  schwerwiegende Zwischenfälle weiter zunehmen. 

Die Abbildungen und Tabellen sind aus dem Original-Bericht entnommen.

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