InPUT- Transfusionspraktiken auf der Intensivstation

Raasfeldt SJ et al. Red Blood Cell Transfusion in the Intensive Care Unit. JAMA. doi:10.1001/jama.2023.20737 Published online October 12, 2023.


Welche Patientenpopulation auf der Intensivstation wird doch nicht restriktiv transfundiert, wie wird das weltweit gehandhabt, gibt es andere Beweggründe und besondere Indikationen? Wie ist die weltweite Praxis?


Eine sehr schöne und aussagekräftige Praxisanalyse in Form einer prospektiven Beobachtung liegt nun als "InPUT" vor: Die International Point Prevalence Study of Intensive Care Unit Transfusion Practices (InPUT).
Die Amsterdamer Studiengruppe konnte n=3643 Patienten von 233 Intensivstationen in 30 Ländern in die prospektive Kohortenstudie InPUT einschließen.Im Mittel waren die Intensivpatienten 61 J alt (+/-16), zu 62% männlich mit einem Medianen „SOFA“ Score (eigentlich  3.2 (IQR, 1.5-6.0). Ein Viertel (25%)dieser kritisch Kranken benötigte in den Augen der Behandler eine oder mehrere Erythrozytenkonzentate (EK) während des ICU -Aufenthalts (mit einem Median von 2 Einheiten während des gesamten Aufenthalts pro Patient(IQR, 1-4)). Zwischen den Ländern (0-80%), Kontinenten (19-45%) und Krankenhäusern (0-100%)war eine hohe Variabilität des Anteils der transfundierten Patienten zu erheben. Insgesamt wurden n=1727 EKs verabreicht.


Die gebräuchlichsten Indikation war ein niedriger Hämoglobinwert (Hb) (n = 1412 [81.8%]; mit einem Wert vor Tx von  7.4 [+/-1.2] g/dL im Mittel, aktive Blutung (n = 479; 27.7%) und hämodynamische Instabilität (n = 406 [23.5%]). Die angeführten physiologischen Trigger bestanden aus Hypotension (n = 728 [42.2%]), Tachykardie (n = 474 [27.4%]) und erhöhte Laktatspiegel (n = 308 [17.8%]). Im Mittel waren die niedrigsten Hb-Konzentrationen an Tagen der Transfusion (Tx) schwankend zwischen Zentren 5.2 g/dL bis 13.1 g/dL, zwischen Ländern 5.3 g/dL bis 9.1 g/dL und zwischen Kontinenten von 7.2 g/dL bis 8.7 g/dL. Der mittlere Anstieg durch ein EK war im Mittel 1,2 g/dl.  


Ausgehend von einer restriktiven Transfusiontrigger-Grenze von 7 g/dL waren 84% aller auf ICU verabreichten Tx darüber. Ein restriktiver Trigger wurde hauptsächlich in den USA eingehalten (89% im Vergleich zu  Europa (24%)).
Damit ist die Rate an transzendierten Patienten auf der ICU seit 10 Jahren nicht gesunken (Vergleiche ICON-Studie mit 26% damals (Vincent JL, Jaschinski U, Wittebole X, et al. ; ICON Investigators . Worldwide audit of blood transfusion practice in critically ill patients. Crit Care. 2018;22(1):102)), obwohl sich mittlerweile die restriktive Transfusionsstrategie etabliert und wir präoperative Anämietherapie etabliert haben sollten. Die Variabilität zwischen den Zentren, Ländern und sogar Kontinenten ist beträchtlich. Der Hämoglobinwert bleibt die Orientierung Nummer 1 bei der Transfusionentscheidung.

Eigentlich ist diese Studie ein Anreiz, die Transfusionsentscheidung gerade bei den am besten überwachten Patienten auf bessere Daten als den Hämoglobinspiegel zu stellen. Und für die Europäer stellt sich die Frage, warum die restriktive Strategie so wenig überzeugend erscheint.

Pubmed

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Für Sie gelesen von Th. Frietsch

 

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