Neuigkeiten beim Bezug von Gerinnungspräparaten und der Dokumentation von Hämostyptika

Es drohen Versorgungsengpässe mit Gerinnungsprodukten im August/September 2020!

Das Bildnis der Schlange in Paragraphenform "Paragraphendschungel" von Sonja Burger (mit ihrer freundlichen Genehmigung) haben wir in Modifikation als Äskulapnatter um den Stab gewählt, um die Verwirrungen der Gesetzesänderungen mit ihren Folgen für die Heilzunft hinzuweisen. 

 

Bezug von Gerinnungspräparaten ab September 2020

Im Zuge der Covid-19-Pandemie wurden spezielle Gesetze erlassen, die das Gesundheitssystem unter der Belastung mit der Infektionswelle entlasten sollen und den besonderen Anforderungen der Krise entsprechen sollen. Meldepflichten und Finanzierungen von Labortestungen sind darin neu geregelt. Bundesrat und Bundestag haben das "Zweite Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite" (siehe Wikipedia) Mitte Mai 2020 verabschiedet. 

Obwohl die AOK davon spricht, dass das Gesetz "entsprechende Lockerungen für die Krankenhäuser bei den Abrechnungsprüfungen" enthält und der Bezug von Arzneien für Krankenhäuser einfacher werden könnte (dies auch in der Intention und Anlass des Gesetzes verständlich wäre), sind Gerinnungsprodukte davon scheinbar ausgenommen: Gerinnungspräparate konnten bislang von Krankenhäusern ohne eigene Krankenhausapotheke direkt vom Hersteller bezogen werden. Bisher galt die Apothekenpflicht.  Ursprünglich ab dem 15.8., jetzt ab 1.9.20  war geplant gewesen, dass gemäß AMG §47,2a Hersteller die "aus menschlichem Blut gewonnene Blutzubereitungen oder gentechnologisch hergestellte Blutbestandteile, die, soweit es sich um Gerinnungsfaktorenzubereitungen handelt" direkt an "...den hämostaseologisch qualifizierten Arzt im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern an seine Patienten abgegeben werden dürfen". Das zweite Gesetz zum Schutz der Bevölkerung... ändert im Artikel 21 des Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung das AMG und die darin in §47 geregelten Ausnahmen von der Apothekenpflicht. Es hat aber diese Frist nur um 2 Wochen nach hinten an den Anfang September verschoben. Warum die Verschiebung notwendig war, lässt sich nur erahnen. Interessant ist auch, dass AT III kein Gerinnungspräparat ist (sondern Inhibitor). Sollten Sie also bereits Direktbezüge mit dem Hersteller von Gerinnungspräparaten für Mitte August vereinbart haben, kontaktieren Sie Ihre Apotheke hinsichtlich Überbrückung ihrer Versorgung mit Gerinnungspräparaten in den 2 Wochen. Hilfreich ist die Anfrage, welche Präparate ab September noch direkt geliefert werden und wofür Apothekenpreise kalkuliert werden müssen. Präparate, die nach dem neuen Absatz 3a des § 43 (Art. 1 Nr. 13 GSAV) im Rahmen der Notfallversorgung von Hämophiliezentren bezogen werden dürfen, sind davon getrennt zu organisieren. Oftmals machen aber Apotheken auch attraktive Preise, auch wenn die Präparate nicht apothekenpflichtig im obigen Sinne sind.

 

Eingruppierung der Hämostyptika als Medizinprodukte im April 2021

Hämostyptika wie z.B. Floseal®, Stypro®, Tabotamp® und PuraStat® werden als Medizinprodukte der Klasse III „resorbierbare Implantate“ eingestuft. Spätestens nach Ende der Übergangsphase der EU-Verordnung über Medizinprodukte (MDR) am 26.4.21 müssen hier von den Gesundheitseinrichtungen bereits bei Wareneingang die "UDI (unique device identifiers)" erfasst und nach Anwendung sowohl produkte- wie auch patientenseitig rückverfolgt werden können [Art. 27. Abs. 9]. Der Dokumentationsaufwand steht denen von Blutprodukten in keiner Weise nach. Entsprechende Vorkehrungen zur Erfassung sollten vom MPG-Beauftragten veranlasst werden!

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