Wie sicher sind die neuen intravenösen Eisenpräparate?

Es gibt neue Informationen zu den nicht gänzlich als unbedenklich eingestuften neuen intravenösen Eisenpräparaten

Bei den intravenösen Eisenpräparaten Fe-Carboxymaltose (FCM, Ferinject der Fa. Vifor) und Fe-Derisomaltose (IIM, Monofer der Fa. Pharmacosmos) Eisen gibt es von der EMA sehr strenge Sicherheitsauflagen für die Applikation (Notfallausrüstung jederzeit bereit zu haben und für das Auftreten von anaphylaktischen Schockzuständen gerüstet zu sein). Zudem gab es Fallberichte über Anaphylaxien aus UK, den Niederlanden und auch aus Deutschland, u.a. einen Artikel aus der deutschen Apothekerzeitung von 2016.

Darin wurde  die vor wenigen Jahren in den deutschen Markt eingeführte Eisen(III)-Derisomaltose (iron isomaltoside 1000, IIM, Monofer) zwar als ebenfalls sehr stabil, vergleichbar der Fe-Carboxymaltose bezeichnet, aber im Grunde "den Dextranen zugeordnet, auch wenn es sich chemisch um lineare, unverzweigte Kohlenhydratketten handelt". In einem Immunoassay zeigten Antidextran-Antikörper eine Reaktion auf Monofer, nicht aber auf Ferinject , sodass – trotz Kontroversen zur gewählten Methodik – bei IIM von „Dextran-ähnlichen Strukturen“ auszugehen ist. Der Autor war Prof. Dr. rer. nat. Hans-Peter Lipp; Uni-Apotheke Tübingen. In der kommenden Deutschen Medizinischen Wochenschrift wird hierzu ein Update-Review erscheinen, in welchem unabhängige Autoren auch diesen Sachverhalt kommentieren.

Ebenso berichtet ein Artikel in DRUG SAFETY(PDF) von einer höheren Nebenwirkungsanzeige-Rate bei der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA für IIM gegenüber FCM. Allerdings ist das angewendete Verfahren nicht geeignet, die Sicherheit von Präparaten zu vergleichen (wie der Leiter Pharmakovigilanz der European Medicines Agency EMA, Dr. Peter Arlett betonte (allerdings zu Pandemrix) “Therefore to conclude that one product is safer than the other, based on numbers of spontaneous suspected adverse reaction reports alone, without consideration of all other relevant data, including clinical trials and epidemiological studies, is in our view ostensibly simplistic, invalid and misleading.” und ein vom Hersteller unterstützter Leserbrief überzeugend darstellt).

 

Nun aber gibt es Kongressveröffentlichungen von klinischen Vergleichen (Head-to-Head Studien nach Goldstandard und großen Patientenzahlen) der Studien, die wir eigentlich bereits an den Transfusionsgesprächen im März 2019 in Ludwigshafen präsentieren wollten. Bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin wurden zwei brandneue klinische Studien vorgestellt, die jüngst abgeschlossen wurden:

  • FERWONIDA, eine Head-to-Head Sicherheitsstudie nach FDA-Standard, in der 1.500 Patienten mit Eisenmangelanämie in zwei Armen mit Eisen-Derisomaltose („MonoFer“) bzw. Eisensaccharose (u.a. „Venofer“)  behandelt wurden. Weitere 1.500 Patienten stammen spezifisch aus einem Kollektiv mit chronischer Niereninsuffizienz, die Ergebnisse dieser FERWONNephro Studie werden im Sommer 2019 vorgestellt werden. Eine gepoolte Analse aller 3.000 Patienten wird schließlich für den Herbst 2019 erwartet.Diese Studie ist bislang einzigartig, da sie in ihrer statistischen Powerung im primären Endpunkt speziell auf das Auftreten schwerer Hypersensitivitätsreaktionen ausgerichtet war. Die beobachtete Inzidenz von diesen schweren Überempfindlichkeitsreaktionen in Höhe von 0.2% (Eisen-Derisomaltose) bzw. 0.4% (Eisensaccharose) in FERWONIDA  dürfte bereits jetzt als Sicherheitseinschätzung zu interpretieren sein;  weitere Studienpublikationen mit zusätzlichen Sicherheitsdaten sind zwar in Arbeit und zusätzlich spannend, aber die Einschätzung, dass beide Präparate sicher eingesetzt werden können, wird sich mit hoher Sicherheit nicht ändern. (Abstract)
  • Das PHOSPHARE-Studienprogramm (das sind zwei identische Multizenter-Studien zur Erhöhung der Robustheit mit insges. 245 Patienten) untersuchte neben dem Auftreten dieser schweren Reaktionen als sekundären Endpunkten die Inzidenz von (schwerer) Hypophosphatämie als primären Endpunkt.
    Auch hier wurde ein Head-to-Head Studiendesign zum Vergleich zwischen den Präparaten Eisen-Derisomaltose („MonoFer“) und Eisen-Carboxymaltose („Ferinject“) gewählt. Unterschiedliche Dosierungen wurde allerdings aufgrund der US-Labels beider Präparate getestet, da es sich um FDA-Zulassungsstudien handelt.Die beobachtete Rate an schweren Hypersensitivitätsreaktionen lag bei 0.8% (Eisen-Derisomaltose) bzw. 1.7% (Eisencarboxymaltose).Ein deutlicher Unterschied beider Präparate zeigte sich zudem im primären Endpunkt: In einer gepoolten Analyse beider Studie zeigte sich eine Inzidenz von schwerer Hypophosphatämie (< 1 mg/dL) von 11.3% bei Eisen-Carboxymaltose vs. 0.0% bei Eisen-Derisomaltose. Die Rate an Hypophosphatämie < 2 mg/dl betrug 74.4% (Eisen-Carboxymaltose) vs. 8.0% (Eisenderisomaltose). Alle Ergebnisse waren mit p<0.0001 signifikant. (Abstract)

Die Datenlage zu beiden neuen Eisenpräparaten FCM und IIM wird auch von der European Medicines Agency EMA kontinuierlich beurteilt. So bestätigt das Pharmacovigilance Risk Assessment Committe (PRAC) der EMA am 6. September 2018 in einem Statement„Based on the review of the data on safety and efficacy, the benefit-risk balance of iron complexes-containing medicinal products in the approved indication(s) remains unchanged.” Das PRAC ergänzt, das im Rahmen der Periodic Safety Update Reports (PSURs) auch zukünftig weiteres Monitoring stattfinden wird, derzeit im Rahmen einer eigenen Studie,  Intravenous Iron Postauthorisation Safety Study (PASS), die die intravenösen Eisen-Präparate bezüglich Verträglichkeit vergleichen soll. 2020 im 3. Quartal sind die Studienergebnisse zu erwarten.

Unsere Einschätzung, dass die beiden in Deutschland verfügbaren intravenösen Eisenprodukte FCM und IIM unbedenklich einzusetzen sind und das Sicherheitsprofil ausreichend hoch ist, bleibt bis dahin bestehen.

 

 

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