Affenpocken- Übertragung durch Bluttransfusion möglich?

Greninger A et al. Monkeypox and the safety of the blood supply. Transfusion 2022 Sep 10. doi: 10.1111/trf.17100. Online ahead of print.

Die WHO ruft eine höchste Alarmstufe und Bundesstaaten in den USA den Notstand aus. In Deutschland wurden laut Mitteilungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) Anfang Mai die ersten Fälle von Affenpocken festgestellt. Seither sind bis Ende Spetember mehr als 3500 Fälle aus alle Bundesländern gemeldet worden.

Affenpocken verlaufen beim Menschen sehr milde, können aber in Einzelfällen und vermutlich bei Immunsupprimierten vermehrt Komplikationen wie Enzephalitiden und Meningitiden, bakterielle Hautinfektionen, Keratitis und Konjunktivitis und Pneumonie. Schwere Krankheitsfolgen sind in der Regel entstellende Narben und bleibende Hornhautschäden bis hin zum Sehverlust. Die Fallsterblichkeit beträgt in diesem Klientel bis zu 11%.

Affenpocken werden symptomatisch mit Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen sowie Lymphadenopathie. Charakteristisch ist ein Exanthem in Form von Flecken bis Pusteln, teils bullös, im Genital- oder Analbereich, aber auch anderen Stellen wie an den Händen, Füßen, der Brust oder dem Gesicht für zwei bis vier Wochen. Einige Patienten sind aber asymptomatisch infiziert und haben keine allgemeinen Krankheitssymptome (siehe Info RKI). Das Orthopoxvirus lässt sich nach Abstrich der Hauteffloreszenzen mittels PCR (Real-Time-PCR) nachweisen.

Für diese oligo und asymptomatischen Patienten wäre also ein Blutspendetermin wahrnehmbar. Das Affenpockenvirus ist am ehestens durch gleichgeschlechtlichen Sex übertragbar. Mit der in Deutschland nicht mehr strikten Rückstellung von homosexuellen Blutspendern besteht als bei uns nun eine Infektionsmöglichkeit über eine Bluttransfusion. Ob sich die jeweiligen Erreger über eine Blutspende übertragen lassen und ob es bereits dokumentierte Fälle der Übertragung gegegeben hat, ist unklar. 

Gleich mehrere Artikel von verschiedenen Autoren aus USA und Großbritannien sind nun dieser Frage nachgegangen, der zweite in Transfus Med ausführlicher und detaillierter und eher zu empfehlen.

Greninger A et al. Monkeypox and the safety of the blood supply. Transfusion 2022 Sep 10. Pub ahead of print; doi: 10.1111/trf.17100. Online ahead of print.

Harvala &Simmonds: Evaluating the risk of transfusion and transplant-transmitted monkeypox infections. Transfus Med 2022;22 September 2022. epub ahead of print; https://doi.org/10.1111/tme.12918

Die systemische Aussaat der Erreger ereignet sich über Monozyten lymphogen wie hämatogen, bereits vor und während des Beginns einer oftmals milden Symptomatik (Adler H et al. Lancet Infect Dis 2022;22:1153-1162. doi:10.1016/S1473-3099(22)00228-6). Im Blut sind 105 DNA-Kopien in Tier und Mensch nachweisbar, was aber nicht sicher für eine Infektiösität ausreicht. In menschlichen Blutkulturen ist es bislang nicht gelungen, den Erreger aus Tieren zu vermehren. Bislang ist auch eine Übertragung durch eine Blutspende nicht bekannt geworden. Auch der Effekt auf die Viruselimination durch Leukozytendepletionsfilter ist nicht erprobt worden. Allerdings sind Amotosalen-Behandlung und UV-Bestrahlung der Produkte wirksam (Lin et al. Transfusion 2005).

Da aber der Übertragungsweg der sonst mittels Blut- und Schleimhautkontakt übertragenen Viruserkrankungen wie Hepatitis und HIV auch der Weg zur Verbreitung des Affenpockenwirus ist, muss angenommen werden, dass das Risiko für eine Übertragbarkeit durch Blutkonserven auch bei Affenpocken besteht. Ob die besonderen Vorsichtsmaßnahmen im Allgemeinen zur Eindämmung beitragen, wie im Memo von der ECDC, dem europäischen Pendant zum amerikanischen CDC, das europäische Zentrum für Infektionsschutz ECDC erwähnt, wird sich zeigen (siehe ECDC. Monkeypox multi-country outbreak. 2022). Das Screening auf DNA beim Spender ist noch nicht etabliert, wäre aber nützlich. In Großbritannien sind zumindest Spender mit einer nachgewiesenen Infektion für 28 Tage und Kontaktpersonen für mindestens 21 Tage von der Blutspende auszuschließen. Ob in Deutschland alle Blutspendedienste die spezifische Frage nach einer stattgehabten Infektion oder dem Kontakt zu einem/r Erkrankten in den Voruntersuchungsfragebogen der Spender bereits aufgenommen haben, ist ungewiss.

Da die Affenpocken nach der Covid-19 Viruspandemie nicht die letzten Erreger sein werden, auf die wir in vielfältiger Weise reagieren müssen, können wir noch éinmal mehr die Krisensituation erproben. Dazu gehört die Spendertestung und Erforschung aller Unklarheiten in Zusammenhang mit diesem Virus, auch wenn wir noch lange nicht mit Covid-19 fertig sind.

Für Sie gelesen von Th. Frietsch

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