Bluttransfusion und kurative Tumorchirurgie

Petrelli F et al. Red blood cell transfusions and the survival in patients with cancer undergoing curative surgery: a systematic review and meta-analysis. Surg Today 2021 Jan 3. doi: 10.1007/s00595-020-02192-3. Online ahead of print

Die Immunsuppression durch Bluttransfusionen (Erythrozytenkonzentrate EK, Thrombozyten TK und Plasma GF) ist vermutlich durch den Leukozytenanteil und durch lösliche Anteile im Plasma bedingt. Beteiligt ist die Hemmung von aktivierten Monozyten und zytotoxischen T-Lymphozyten, die Reduktion der Interleukin (IL)-2 Produktion, gesteigerte T-Lymphozytenaktivierung sowie die Freisetzung von immunsuppressiven Prostaglandinen. So der Stand der immunologischen Publikationen zu diesem Thema.

Zuletzt hatte Prof. D. Fischer von der Uni Heidelberg auf die Folgen für Krebspatienten hingewiesen, die sich am Tumor mit unter großen und blutverlustreichen Operationen unterziehen müssen (Fischer D. et al. Red blood cell transfusion and its alternatives in patients with cancer. Crit Rev Onco Hematol 2019; 134:1-9.doi: 10.1016/j.critrevonc.2018.11.011.).
Jetzt kommt aus Italien eine neue Meta-Analyse, die die existierenden Daten statistisch anspruchsvoll ausgewertet hat und in Surgery Today veröffentlicht wurde.

Aus 123 retrospektiven Studien mit nicht ganz 185 000 (n=184 190) Patienten aus den letzten 30 Jahren mit einer Nachbeobachtungszeit von zwischen 10 und 100 Monaten wurden die Gesamtüberlebenszeit und das Krankheitsfreie-Überleben ermittelt und mit einer Trial-Sequence-Analyse versehen.

Bei den transfundierten Patienten ergab sich ein erhöhtes Risiko zu versterben [HR=1.50 (95% CI 1.42–1.57), p<0.01] sowie auch ein erhöhtes Rezidivrisiko [HR=1.36 (95% CI 1.26–1.46), p<0.01]. Die Transfusion war ein unabhängiger Risikofaktor zu versterben (48%). Das Risiko, zu versterben, war für Transfundierte auch in frühen Tumorstadien erhöht [HR=1.45 (1.36–1.55), p<0.01].

In der weiteren Subgruppenanalyse wurden verschiedene Arten der Malignomerkrankung getestet. Für alle ergab sich ein mehr oder weniger erhöhtes Risiko: Gastrointestinal HR=1.58 (95% CI 1.48–1.68; p<0.01), urogenital HR=1.30 (95% CI 1.21–1.38; p<0.01), thorakal HR=1.24 (95% CI 1.11–1.38; p<0.01), sonstige 1.69 (95% CI 1.17–2.43; p<0.01).
In Studien mit einer längeren Nachbeobachtungszeit war das erhöhtes Risiko erhalten (>60 Monate - 1.50 (95% CI 1.34–1.68; p<0.01).

Einschränkend muss gesagt werden, dass die in dieser Meta-Analyse bearbeiteten Studien ausschließlich retrospektiv und mit einem hohen Heterogenitätsniveau waren. Dann war natürlich bei einer so großen Anzahl der Patienten aus 3 Dekaden nicht berücksichtigt, welche leukozytendepletierte oder -reduzierte Konserven erhalten hatten. Man könnte argumentieren, dass Bluttransfusion so lange als sicher gelten kann, wie noch nicht mit kontrollierten und prospektiven Studien das Gegenteil erwiesen ist.
Auf der anderen Seite nehmen wir Hinweise auf mögliche Risiken für den Patienten auch nicht in Kauf, wenn es Alternativen gibt. Hat ein Patient eine vermutete Allergie auf ein Element der Standardtherapie, ersetzen wir es durch ein besser verträgliches oder verwenden Alternativen.

Diese Alternativen existieren für Malignompatienten, werden aber noch mit einem höheren Risiko verbunden, da bisher die Bluttransfusion als uneingeschränkt sicher galt. Intravenöse Eisentherapie ist mit den neuen Präparaten effektiv und sicher ( DeLoughery T. Safety of oral and intravenous iron.Acta Haematol. 2019;142(1):8-12.doi: 10.1159/000496966. Epub 2019 Apr 10.), Erythropoetin auch bei Tumorerkrankungen (Park S et al. Clinical effectiveness and safety of erythropoietin-stimulating agents for the treatment of low- and intermediate-1-risk myelodysplastic syndrome: a systematic literature review. Acta Haematol 2019;142(1):8-12.  doi: 10.1159/000496966.  Epub 2019 Apr 10.) unbedenklich und die maschinelle Autotransfusion mit Leukozytendepletion intraoperativ einsetzbar (Frietsch T et al. Die Sicherheit der maschinellen Autotransfusion in der Tumorchirurgie. Anästhesist 2020; 69 (5): 331-351. doi: 10.1007/s00101-020-00751-4.).

Wir haben also eine Neubewertung der Risiken vorzunehmen.

Pubmed

 

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