CAPSID- Rekonvaleszentenplasma gegen COVID-19 doch wirksam

Körper S et al. Results of the CAPSID randomized trial for high-dose convalescent plasma in severe COVID-19 patients. J Clin Invest 2021 Aug 31;152264. doi: 10.1172/JCI152264.

Die vom Paul-Ehrlich-Institut koordinierte deutsche kontrollierte Studie zur Anwendung des Rekonvaleszentenplasmas (RKP) ist jetzt im Journal of Clinical Investigation erschienen. Die bisher veröffentlichten Studien (wir berichteten mehrfach in "Für Sie gelesen") waren eher enttäuschend. Es hatte sich kein verlässlicher Effekt bei schwersten Verläufen gezeigt, vielleicht weil uneinheitliche Dosierungen, nicht standardisierter Antikörpergehalt und ein zu später Applikationsszeitpunkt verwendet wurden.

Die multizentrische Studie der Anwendung von RKP bei Covid-19 Patienten wurde von Prof. H. Schrezenmeier aus Ulm geleitet. Bei meist männlichen Erkrankten (73%) im Alter von 60 Jahren (53-66) konnten n=53 RKP-Behandlungen mit n=52 Covid-19-Standardtherapien verglichen werden. Wenn sich in der standardbehandelten Kontrollgruppe zum 14.Tag eine wesentliche Verschlechterung ergab, konnte ein Wechsel in die RKP-Behandlung erfolgen, der dann gesondert ausgewertet werden sollte (n=7). Ein Großteil der Betroffenen war übergewichtig (Median BMI 29,4) und vorerkrankt (56% Hypertonus, 32% Diabetes, 22% Herz-Kreislauferkrankung). Keiner der Patienten war geimpft, hatte ein fortgeschrittenes Tumorleiden oder benötigte chronisch-medikamentöse Immunsuppression.

Es vergingen 7 Tage (IQR 4-10) vom Symptombeginn bis zur Randomisierung. Knapp 60% der Patienten benötigten zum Zeitpunkt der Randomisierung Sauerstoff oder non-invasive Beatmung und 34% invasive Beatmung. Beide Gruppen erhielten gleichermaßen antivirale und supportive Therapie nach gängigen Leitlinien.

Der Effekt der Behandlung auf die Überlebensrate (1) und Beatmungsdauer/Atemhilfen (1) am 21.Tag bzw. die Zeit bis zur klinischen Verbesserung (objektivierbar nach einem Score-Unterschied von 2 Punkten) (2) oder die Sterblichkeit (2), die Beatmungsdauer (2), die Intensiv- bzw. Krankenhausverweildauer (je 2) und die Zeit bis zum ersten PCR-negativen nasopharyngealen Abstrich wurde als primäres (1) und sekundäres (2) Studienziel untersucht.

Der Vorteil des Designs lag in einer einheitlichen Dosierung von 3 Einheiten RKP (846ml) innerhalb von 5 Tagen mit einem definierten Gehalt an neutralisierenden Antikörpern gegen das Covid-19-Virus von 1:160 (IQR 1:80-1:320), zumeist blutgruppengleich und nur von einem ungeimpften Spender. Die verabreichten neutralisierenden AK wurden pro Patient berechnet und als Einheiten angegeben; im Mittel ca. 6800 E (IQR 3400 - 13500). Der Verabreichungszeitpunkt des RKP war gemäß Studienprotokoll am ersten Tag nach Randomisierung; am 3. und 5.Tag wurden die anderen 2 Einheiten gegeben.

Das primäre Studiensziel, der Behandlungserfolg, die klinische Verbesserung am 21.Tag stellte sich in der RKP-Gruppe bei n=23 vs. n=17 ohne signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen ein (43% vs. 33%, p=0.32, n.s.). Das sekundäre Studienziel, die mittlere Zeit bis zur klinischen Verbesserung war 26 Tage in der RKP-Gruppe vs. 66 Tage in der Kontrollgruppe (p=0.27, n.s.). Die Verweildauer im Krankhaus war 31 Tage unter RKP-Behandlung vs. 51 Tage in der Kontrollgruppe (p=0.24, n.s.). Allerdings war der Unterschied in der Subgruppe der hochtitrig-RKP Behandelten zum einen hinsichtlich des primären (56.0% vs. 32.1%) Studienziels als auch der Zeit bis zur klinischen Besserung (20 Tage vs. 66 Tage, p<0.05) signifikant unterschiedlich, ebenso die Verweildauer (21 vs. 51 Tage, p=0.03) und die Überlebensrate am Tag 60 (91.6% vs. 68.1%; p=0.02). Waren die Entzündungsparameter bei Randomisierung nicht zu hoch bzw. war noch keine invasive Lungenunterstützung (Beatmung oder ECMO) notwendig, so war das primäre Outcome besser. Nebenwirkungen und Komplikationen waren in beiden Gruppen vergleichbar. Die Patienten, die wegen klinischer Verschlechterung noch spät in die RKP-Gruppe übernommen wurden, starben alle und wiesen keinen Behandlungserfolg auf.

Anerkennend muss gesagt werden, dass die CAPSID-Studie auch viele schwere erkrankte Patienten eingeschlossen hat, die sonst in anderen Studien fehlen, und dass die RKP-Therapie in Qualität, Kompatibilität und Verabreichungsmodus sinnvoll gewählt wurde. Leider war die Anzahl von Patienten nicht ausreichend und eher unterpowert.

So bleibt als Botschaft für die Praxis und zukünftige Studien - wenn RKP, dann so früh wie möglich, mindestens 3 Einheiten und in hoher Konzentration an neutralisierenden AKs.

Genau der letzte Punkt ist aber das Problem, da die Bestimmung der neutralisierenden AK sehr aufwendig und logistisch nicht überall machbar ist.

Ingesamt aber mal eine Studie, die zeigt, dass das überlegte Design und die gute Durchführung manchmal doch einen Unterschied machen kann.

Pubmed

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Für Sie gelesen von Th. Frietsch

 

Nachtrag zum Thema: Die spanische Multizentrische RKP-Studie ConPlas-19 ist im Septemberheft des gleichen J Clin Invest publiziert: Ebenso unterpowert zum Thema Mortalität findet sich aber ein signifikanter Vorteil der frühen und einmaligen Therapie mit einer Einheit nach 28 Tagen, wenn der Anteil der Patienten verglichen wurde, die beatmet werden mussten, ECMO erhielten oder gestorben waren (RKP vs. Standard:  8.4% vs. 17.0%; p=0.021).

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