Die deutschen Kosten der präoperativen Anämie deutlich gemacht!

Vorderwülbecke G, Spies C, von Heymann C, et al. Die Kosten der präoperativen Anämie bei Hüftgelenkrevisionsoperationen. Anaesthesiologie. 2023;72(1):13-20.

Aus der Charité in Berlin kommet eine Untersuchung, die geeignet ist die Verwaltungen und Chirurgen für das Patient Blood Management ( PBM ) zu begeistern. Ein Team um Claudia Spiess, Lutz Kaufner und Christian von Heymann hatten sich die Controlling-Datensätze mit den OPS Codes für die primäre elektive Hüftendoprothetik 5-820 und 5-821 ausgesucht, um die mit Anämie verbundenen Zusatzkosten zu ermitteln. Lediglich die Anzahl der verabreichten EKs, nicht anderer Blutprodukte wurde berücksichtigt.

Es fanden sich knapp 1200 Behandlungsfälle mit kompletten Datensatz im Zeitraum 2010-2017. Das Kollektiv beinhaltete Patienten, die durchschnittlich 71 J alt waren, ASA-Status >2 zu 46%, zu 61% weiblich. Interessanterweise fanden sich in der Kohorte mit einer präoperativen Anämie (29,8%) eine signifikant höhere Inzidenz von Begleiterkrankungen wie Diabetes, Hypertonus, Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz und KHK, im Trend auch Adipositas und COPD.

 

Fast die Hälfte aller Patienten wurde außerhalb des OPs transfundiert, die Anämischen mit signifikant höherer Transfusionsrate (63% vs. 37%) und einem verdoppelten relativen Risiko für eine Transfusion.

 

Bei einem durchschnittlichen Erlös von 9853 € betrugen die Behandlungskosten 9475 €, Falldeckung aller Patienten 68 €.

Anämische Patienten verursachten mehr Kosten als nicht-Anämische (12 318 € vs. 8 948 €). Perioperative Transfusionen waren mit signifikant geringeren Erlösen, Falldeckungen und verlängerten Liegedauern. Eine Transfusion erhöhte die Fallkosten um 5242 € und reduzierte den Erlös um 2814 €. Die Falldeckung war mit -2455 € defizitär.

Wurden perioperativ keine Transfusionen verabreicht, war die Falldeckung bei anämischen und nicht-anämischen Patienten identisch, mit jeder Transfusion jedoch nahm die Unterdeckung in beiden Kollektiven zu.

 

Damit ist auch in unserem DRG-basierten Gesundheitssystem die Bluttransfusion als entscheidender wirtschaftlicher Faktor dargestellt, der die Rentabilität der Behandlung für das Krankenhaus ausmacht. Die entscheidende Ursache war jedoch nicht die Anämie selbst, sondern die damit verbundene verlängerte Liegedauer (11 vs. 16 Tage).

Die Vermutung, dass die Komorbidität der Anämie die Kostensteigerung ausmachten, liegt nahe. Die Autoren wandten aber mit dem "Nearest Neighbor Propensity Score Matching" ein zusätzliches Verfahren an, das einem anämischen einen nicht-anämischen Patienten zuordnet, konnten diese Vermutung nicht bestätigen.

Die Effizienz von PBM Konzepten ist aus Arbeiten von Trentino et al. 2021 und Althoff et al. 2019 zu entnehmen. Die Konzepte zur leitliniengerechten Diagnostik und Behandlung der präoperativen Anämie (z. B. Patient Blood Management) könnten mittelfristig also auch in Deutschland Behandlungskosten senken, indem die präoperative Anämie diagnostiziert und behandelt wird. Und evidenzbasierten, leitliniengerechte Medizin gemacht wird! 

Pubmed

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Für Sie gelesen von Th. Frietsch

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