Die postoperative Überwachung des Hämoglobinspiegels nach Hüft-TEP

Trevisan C et al. An Algorithm for Predicting Blood Loss and Transfusion Risk After Total Hip Arthoplasty. Transfus Apher Sci 2018; 57:271-76

Postoperative Blutentnahmen tragen zum perioperativen Blutverlust bei und sind deshalb sinnvoll und selten einzusetzen. Wie häufig entlassen wir unsere restriktiv transfundierten Patienten nach der Hüftoperation auf die Station und finden bei Komplikationen nach Tagen heraus, dass der Blutverlust und der Hämoglobinspiegel des Patienten gar nicht kontrolliert ist oder vorsichtshalber übertransfundiert wurde? Eine Dunkelziffer...

Eine Vorhersagemöglichkeit, bei welchem Patienten wann und aufgrund welcher Kriterien die Anämie quantifiziert werden sollte, wäre deshalb klinisch wertvoll. Die Verweildauer und Anschlussbehandlung könnte besser geplant und Entrüstung nach blutiger oder blutarmer Entlassung vermieden werden. 

Einen solchen Algorithmus hat jetzt eine Arbeitsgruppe veröffentlicht: Mittels einer retrospektiven Analyse aus 2 italienischen Häusern bei 124 Patienten wurde die Vorhersagekraft der Hämoglobinspiegel an den ersten 2 postoperativen Tagen untersucht. Blutentnahmen wurden am Tag vor der Operation, 4h danach und dann täglich bis zum 5. Tag durchgeführt. Transfusionen erhielten die Patienten bei einem Transfusionstrigger unter 8g/dl oder Symptome der Anämie.
Der Trend des Abfalls des Hämoglobinspiegels wurde mit dem Transfusionsbedarf korreliert und die Vorhersagekraft eines Laborwerts zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem Algorithmus aus 2 Pfaden für Hochrisikopatienten mit einem niedrigen präoperativen Spiegel und Niedrigrisikopatienten mit hoher Hämoglobinkonzentration errechnet. Die Klassifikation des Risikos unterschied die Patienten nach der Notwendigkeit zur Abnahme einer Blutprobe oder dem Verzicht (und der Beachtung von Anämiesymptomen). Spezifität und Sensitivität des Algorithmus und die Grenzwerte für den präoperativen Hämoglobinspiegel wurden errechnet.
 
Die klinische Beobachtung, dass bei den meisten Patienten die Blutung steht und sich die perioperativen Volumenverschiebungen bis zum dritten Tag ausgeglichen haben bestätigte sich: Der Abfall des Hämoglobinspiegels war bei transfundierten und nicht-transfundierten Patienten bis zur Stabilisierung am dritten postoperativen Tag gleich. Mittels des Algorithmus konnte die Blutabnahme am 1. oder 2. Tag nach der Operation mit ausreichender Sensitivität und Spezifität voraussagen, ob der Patient transfundiert werden musste. Vor allem diejenigen Patienten konnten mit Hilfe des Algorithmus mühelos identifiziert werden, die nicht transfundiert werden mussten (Sensitivität 100% für den negativen prädiktiven Wert): War der Hämoglobinspiegel des Patienten präoperativ hoch (> 13g/dl)(niedriges Transfusionsrisiko), aber am ersten oder 2. Tag > 10g/dl oder der Hämoglobinspiegl präoperativ niedrig < 13g/dl) (hohes Transfusionsrisiko), aber am ersten oder 2. Tag > 11g/dl, konnte eine Bluttransfusion ausgeschlossen und auf eine weitere Hämoglobinkontrolle verzichtet werden. Die Vorhersagekraft des Algorithmus für eine Transfusion war insgesamt 86,5% (Spezifität) mit einer Sensitivität von 68,6%. 
 
Dieser Algorithmus könnte helfen, den Einsatz postoperativer Hämoglobinkontrollen und Überwachungslogistik ohne Einbuße an Patientensicherheit zu optimieren. Er sollte aber keinesfalls zur Zulassung von Patienten mit einer präoperativen Anämie (Hb < 13g/dl) und der geplanten Transfusion postoperativ benutzt werden.
 

Pubmed 

Für Sie gelesen von T. Frietsch

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