Die Probleme der aktuellen Transfusionsmedizin aus Sicht der AABB

Cushing MM et al. Transfusion 2018 Mar 14. doi: 10.1111/trf.14559. [Epub ahead of print]

Das Komitee für klinische Transfusionsmedizin der amerikanischen Blutspende-Organisation AABB hat einen Bericht ihrer Einschätzung zu den aktuellen Problemen in der Transfusionsmedizin veröffentlicht: Darunter die Stellungnahmen zu Einfluss der Lagerungsdauer von Erythrozytenkonzentraten auf das klinische Outcome, Einfluss der Blutspendercharakteristik auf den Empfänger von Blutprodukten, Blutstillung bei Patienten mit Hämophilie und Vitamin-K-Antagonisten, Transfusionsstragegie im Blutungsschock, Pathogeninaktivation, Transfusionmedizin in der Pädiatrie, Therapeutische Apherese und extracorporalen Unterstützung.

Bemerkenswert vor allem ist eine Tabelle, in der die wesentlichen Befunde zusammengefasst sind, kurz, prägnant und evidenzbasiert. Hier die Übersetzung im einzelnen:

Lagerungsdauer von Erythrozytenkonzentraten Ältere Konserven (bis 42 Tage) haben keinen Einfluss auf die Mortalität- 15 Studien mit über 31 000 Patienten (HR 1.04; 95% CI,0.98-1.10) inclusive Daten aus der SCANDAT und INFORM Studie. Der Trend zu erhöhter Sterblichkeit bei der Versorgung mit frischen EK soll weiter beforscht werden.
Charakteristik der Blutspender Basierend auf Qualitätsanalysen führen Alter und Geschlecht zu erheblichen Variationen des Hämoglobingehalts und Hämolyserate. Nur in einer von 3 Studien hat die nicht-geschlechtsgleiche Verabreichung von EKs zu einer erhöhten Mortailität geführt. Eks von jungen und weiblichen Spendern verursachten eine erhöhte Sterblichkeit in 2 großen retrospektiven Studien. Stoffwechsel- und Genomforschung bei Spendern könnte den Zusammenhang aufklären.
Blutstillung bei gestörter Hämostase Der rekombinante, humane monoklonale Antikörper Emicizumab überbrückt die Gerinnungsfaktoren IX und X , ersetzt den fehlenden Faktor VIII bei Hämophilen und ist positiv effektiv getestet zur Reduktion von Blutungsepisoden bei Blutern und Hemmkörperhämophilie. Die einmalige intravenöse Verabreichung von Ciraparantag reversiert Edoxaban innerhalb von 10 minutes für 24 h ohne prokoagulatorische oder sonstige Nebenwirkungen. Andexanet-apha stellt bei akuten Blutungen die Anti-Xa-Aktivität zu 89% unter Rivaroxaban und zu 93% unter Apixaban wiederher, mit nachlassendem Effekt nach 4h, aber zufriedenstellend für 12h. Eine Einzeldosis von Idarucizumab reversiert den Dabigatraneffekt sicher und effektiv auch in äkteren, nierensinsuffizienten Patienten, die wiederholte Verabreichung reversiert den antikoagulatorischen Effekt sicher und effektiv bei dringlichen chirrugischen Eingriffen. 
Hämorrhagischer Schock Jede Minute zählt: Eine Studie an 12 Zentren hat gezeigt, das die Sterblichkeit mit jeder Minute um 5% steigt, in der nicht der entsprechende Algorithmus (Massive Transfusion-Protokoll mit der unmittelbaren Verabreichung mit Blutprodukten) gestartet wird. Die Sterblichkeit ist erhöht, wenn zum hämorrrhagischen Schock ein Schädel-Hirntrauma hinzukommt; die Versorgung mit Prothrombinkomplexpräparaten ist deutlich wirksamer zur INR - Normalisierung und Hämatomausmaß-Begrenzung als die Versorgung mit Plasma. Tranexamsäure reduziert die Mortalität der postpartalen Blutung ohne Anstieg der Thromboserate. Die wissenschaftliche Evidenz zur Verringeriung der Transfusionsrate und der Morbidität durch den Einsatz der Thrombelastometrie wächst. 
Pathogeninaktivierung Pathogeninaktivierte Thrombozytenkonzentrate reduzieren die Transfusionsreaktionen und das Übertragungsrisiko für Infektionen als auch die Notwendigkeit zur Bestrahlung bei Gefahr der G-v-H. Reaktion. Sie erhöhen allerdings das Risiko für Refraktärität als auch den Dosisbedarf druch niedrige Inkremente ohne die Mortalität oder das Blutungsrisiko zu erhöhen. Die Gerinnungsfaktor-Aktivität bei pathogeninaktivierten im Vergleich zu unbehandeltem Plasma beträgt 73% vs. 87%. Gefiergetrocknete pathogeninaktivierte Konzentrate haben weniger Fibrinogengehalt. Riboflavin- und UV-Behandlung als auch Amustaline- Behandlung von Eks reduzieren Lagerungs und Überlebenszeit der Erythrozyten.
Kindertransfusion Blutspender zwischen 16 und 18 J haben ein höheres Risiko für Eisenmangel (CHILL-Studie). Eine systematische Literatur-Analyse (Keir 2016) ergab, dass eine liberale Transfusionsstrategie für Neugeborene nicht besser als eine restriktive Behandlung ist. Auch für Neugeborene wirkt sich die präoperative Anämie negativ auf die Mortaliät aus.
Apherese, Photopherese etc. Der monoklonale Antikärper gegen Anti-von-Willebrandfaktor Caplacizumab ist effektiv zur Behandlung der Thrombotischen thrombozytopenischen Purpura TTP, verursacht aber mehr Rückfälle nach einem Monat bzw. einem Jahr nach Absetzen. Therapeutische Plasmapherese wird zur Alzheimerbehandlung zur Verringerung von zirkulierenden albumingebundenen Amiloid-beta-Proteinen in zwei noch nicht beendeten Studien untersucht. Die Photopheresegesellschaft Großbritanniens hat ihre Leitlinien mit den Angaben zur Patientenselektion und Behandlungsregimen veröffentlicht. 

Im Text sind weitere lesenswerte Ergebnisse bei diesem guten Beitrag. 

PBM

Für Sie gelesen von T. Frietsch

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