Ist die Transfusion wegen postpartaler Anämie unbedenklich?

Patterson JA et al. Outcomes associated with transfusion in low-risk women with obstetric haemorrhage.Vox Sang 2018 EPUB AHEAD OF PRINT 6 August 2018 DOI: 10.1111/vox.12707

Bluttransfusionen für die milde postnatale Anämie?

Postpartale Blutungen definiert als > 500ml nach vaginaler und > 750ml nach Schnittentbindung ereignen sich bei 5-15% aller Geburten und erfordern Bluttransfusionen in 0,1-2%. Bei transfundierten Frauen sind im Vergleich zu den Gebärenden, die nicht transfundiert werden müssen, erhöhte Sterblichkeit, vermehrt Wundinfekte und Sepsis, höhere Pneumonieraten und häufiger Organversagen zu verzeichnen. Vergleicht man allerdings liberale und restriktive Transfusionsstrategie, ergeben sich keine Unterschiede.

Während starke Blutungen einleuchtender Weise mit Massivtransfusion und schlechtem Outcome laut den oben angeführten Meta-Analysen aus randomisierten und Beobachtungsstudien verbunden sind, ist die Beziehung zwischen schwachen Blutungen, geringen Mengen an Bluttransfusionen und Outcome bei gesunden Frauen mit niedrigem Risiko für eine postpartale Blutung (PPH, anamnestisch PPH oder Sectio) unklar. Denkbare Indikationen für konservative oder aber Transfusions-Therapie mit 1 bis 2 Einheiten von Erythrozytenkonzentraten wären große postpartale Müdigkeit, Still- und Bondingstörungen, Postpartum-Depression,  Konzentrations- und Denkstörungen.

Eine große retrospektive Datenbankanalyse aus Australien zeigt jetzt aber, dass selbst in diesem Kollektiv eine Transfusionstherapie vermutlich die schlechtere Wahl ist: Von nahezu 220 000 Geburten waren 165 000 mit einem geringen PPH-Risiko verbunden. In dieser Gruppe ereignete sich in 9,1% (n=15 000) eine PPH, die bei 1700 (1,1%) zur Transfusion von 1 bis 3 Einheiten EK führte ((1–2 EK n= 1069, 3+ EK = 633). Frauen, die keine Transfusion bekamen oder benötigten, wurden mit den Frauen gematcht, die "gering" mit 1 oder 2 Einheiten transfundiert wurden. Im Median war der Transfusionstrigger bei den transfundierten Frauen ein Hämoglobinspiegel (Hb) von 7,6g/dl, mit 75% aller Transfundierten noch über 7,0 g/dl.

Die Therapie führte im Mittel zu einem Anstieg des Hb auf einen Median von 8,9g/dl (8,3-9,6), aber bei 61% zur Übertransfusion (Hb > 10g/dl). Nach Matching und Anwendung eines Propensity Scores (n= 1065 pro Gruppe gering transfundiert:1 bis 2 EK gegenüber n= 1056 nicht transfundiert) ergab sich für die Gruppe der transfundierten Frauen eine erhöhte Komorbidität (OR 7,0, 95% CI(2,8, 17, 8)) und Krankenhausverweildauer (4 vs.3 Tage). Transfundierte stillten weniger häufig bei Entlassung und mussten häufiger wegen Blutungen innerhalb von 6 Wochen wieder ins Krankenhaus aufgenommen werden.  

Auch für diese Studie gilt, dass sie den kausalen Zusammenhang zwischen niedrig-dosierter Transfusion von 1 bis 2 EK und der Folgekomorbidität bei Gebärenden nicht zweifelsfrei herstellen kann. Jedoch fordert sie auf, die Therapie der Bluttransfusion auch bei ausgeprägterer Anämie nach der Geburt nicht unkritisch einzusetzen, bis die Unbedenktlichkeit dieser Therapie belegt ist. 

 

Pubmed

Für Sie gelesen von T. Frietsch

 

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