Erhöhte Thromboserate unter Tranexamsäure: HALT-IT

Halt-it-Trial-Coll. Effects of a high-dose 24-h infusion of tranexamic acid on death and thromboembolic events in patients with acute gastrointestinal bleeding (HALT-IT)... Lancet 2020; 395: 1927–36

Bisher hatten Meta-Analysen gezeigt, dass Tranexamsäure (TXA) die Sterblichkeit bei Patienten mit gastrointestinalen Blutungen verringern kann (RR 0,60, 95% CI 0,42–0,87). Allerdings sind in diese Analysen nur eine Vielzahl kleinerer Studien mit insgesamt etwas über n=1000 Patienten eingeflossen. 

Eine große kontrollierte multizentrische Studie mit 164 Krankenhäusern aus 15 Ländern (UK, Australien, Spanien, Irland, Georgien, Rumänien, Nepal, Saudi-Arabien und andere) hat während einer 6 -jährigen Studiendauer bis 2019 über 12 000 Patienten mit schweren oberen und unteren gastrointestinalen Blutungen untersucht. Die Tranexamdosierung in der Verumgruppe ( n=5 994) betrug 1g Loadingdosis (in 10 min) gefolgt von 3g über 24h. Primäre Studienziel war die Letalität aufgrund der Blutung innerhalb von 5 Tagen. Thromboembolien erforderten eine Bildgebung oder eine Obduktion.

Unter TXA verstarben n=222 (4%) innerhalb der ersten 5 Tage, in der Placebogruppe n=226 (4%)(risk ratio [RR] 0,99, 95% CI 0,82 –1,18). Die Todesursachen Verbluten, Organversagen, sonstige und die Gesamtheit aller Ursachen waren in beiden Gruppen nicht unterschiedlich verteilt (RR um 1). Für andere Todesursachen fanden sich folgende Risiken: Thromboembolie (RR 1,54), Pneumonie (RR 1,36) und Malignom (RR 1,63) zu Ungunsten von TXA, beziehungsweise Sepsis (RR 0,69) zu Ungunsten von Placebo. Die Anteile für Versterben durch Blutung innerhalb einer Periode bis zu 28 Tagen als auch  die Nachblutungsrate war durch das angewandte TXA-Schema nicht verringert. Der Transfusionsbedarf in beiden Gruppen war vergleichbar.

Arterielle Thromboembolien im Sinne von Myokardinfarkten oder Schlaganfällen traten in beiden Gruppen gleich häufig auf (n=42 [0,7%] vs. n=46 [0,8%] ; RR 0,92; 95% CI 0,60 - 1,39). Jedoch waren venöse thromboembolische Komplikationen wie tiefe Venenthrombosen und Lungenembolien in der TXA_Gruppe häufiger als unter Placebo (n=48 [0,8%] vs. n=26 [0,4%]; RR 1,85; 95% CI 1,15 - 2,98).

Das Ergebnis ist eigentlich wenig überraschend. Große Varizenblutungen (die meisten Verstorbenen hatten obere GIB) sind durch Gerinnungstherapie nicht zu beenden. Ferner ist die Hyperfibrinolyse gegenüber des Mangels an hepatischen Gerinnungsfaktoren bei Gastrointestinalblutungen pathogenetisch weniger bedeutsam. Weiter kritisch anzumerken ist auch, dass nur jeweils 16% in beiden Gruppen in weniger als 3h die Studienmedikation bekommen hatte und die mittlere Dauer von Beginn der Blutung bis zur Randomisierung über 21h betrug. Die frühe Verabreichung im Trauma oder der postpartalen Blutung war früher in wegweisenden Studien festgestellt worden. Bei gastrointestinalen Blutungen kommen die Patienten einfach später und der Beginn der Blutungen ist nicht sofort klinisch einfach zu terminieren.

So ist als Essenz dieser großen kontrollierten Studie nun die Verwendung von Tranexamsäure bei Gastrointestinalblutung wegen des fehlenden Effekts und der Gefährdung durch venöse Thromboembolien keine Option mehr. Diesbezüglich eine wichtige Studie.

Pubmed

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Für Sie gelesen von Th. Frietsch

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