Risiken der Fremdbluttransfusion in der Herzchirurgie

Gerber DR. Risks of packed red blood cell transfusion in patients undergoing cardiac surgery. J Crit Care. 2012 Jul 2. [Epub ahead of print]

Der Artikel von David Gerber ist eine publizierte Literaturrecherche über die Risiken der Fremdbluttransfusion in der Bypass-Herzchirurgie. Eine kurze Übersicht über die potenziellen physiologischen Mechanismen ist gefolgt von der Auflistung von retrospektiven und prospektiven verblindeten Studien mit einem relevanten „Outcome“ in diesem Kollektiv. Es handelt sich nicht um eine "richtige" Meta-Analyse: Such-, Auswahl- und Bewertungskriterien der Studien sind nicht angegeben und eine Evidenz-basierte Empfehlung oder eine bezifferte Wahrscheinlichkeit für ein bestimmtes Risiko wird nicht gegeben. 

Trotzdem bemerkenswert ist, das an den Ergebnissen der Suche des Autors sich retrospektive und prospektive Studienergebnisse für die meisten Folgen der Fremdbluttransfusion entsprechen: Anämie wird deutlich besser toleriert auch in diesem Kollektiv als bisher angenommen. Liberale Transfusionsregimen sind mit deutlich schlechterer Überlebens- und Komplikationsrate vergesellschaftet. Kurzzeit- wie Langzeitnachbeobachtungen sind meist gleichsinnig- auch noch nach 6-10 Jahren unterscheiden sich die Mortalitätsraten der transfundierten von den der nichttransfundierten Herzpatienten, der Ausmaß der Bluttransfusion ist meist ein unabhängiger Vorhersagewert für Komplikationen und Mortalität. Kardiale Komplikationen treten nach Fremdblutanwendung häufiger auf- allen voran das Vorhofflimmern 1-5 mal häufiger und linear vom Transfusionsvolumen abhängig. Ein höherer Hämatokrit ist mit einer höheren Inzidenz perioperativer Myokardinfarkte und Linksherzinsuffizienz verbunden. Fremdbluttransfusionen bedingen aber auch vermehrtes Lungenversagen durch TRALI und Hypervolämie-Lungenödem. Erythrozytentransfusion verlängert dosisabhängig die Beatmungsdauer und erhöht die ARDS-Inzidenz für dieses Kollektiv. Nur eine Studie fand keinen Anstieg der postoperativen Infekte (Sepsis, Bakteriämie, Wundinfekte), oft dosisabhängig mit jeder Einheit Erythrozytenkonzentrate ansteigend. Akutes Nierenversagen und die Abhängigkeit von Vasopressoreneinsatz, Wundheilungsstörungen und Einschränkungen der Lebensqualität bei Bypasspatienten waren nach Einsatz von Fremdblut häufiger.

Weniger konsistent, aber nicht so umfassend dargestellt, ist in diesem Artikel der Einfluss von Alternativen Strategien wie EPO, Cell Saver Einsatz oder Eisenbehandlung. Diesbezüglich gibt es weit weniger Studien. Die Abkehr von numerischen Hämoglobinwert als Transfusionstrigger aus der Arbeit von Brevig et al 2009 (Ann Thorac Surg 2009; 87:532-9) ist der überzeugenste Punkt eines mutlidisziplinären Einsatzes mehrerer Strategien.

Insgesamt ein überzeugender Artikel, wenn man bereits überzeugt ist- für Zweifler aber methodisch nicht sauber genug.

T. Frietsch

 

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