Die Wirkung der EK-Transfusion auf die Gewebeoxigenierung

Nielsen SD et al. The effects of red blood cell transfusion on tissue oxygenation and the microcirculation in the intensive care unit: a systematic review. Transfus Med Rev. 2017 Oct;31(4):205-222

Auf der Intensivstation werden viele und häufige Erythrozytenkonzentrate transfundiert, immer mit dem Ziel, die Gewebsoxygenation zu verbessern, aber oftmals muss die Wirksamkeit der Maßnahme angezweifelt werden. In nur wenigen Studien wurde dann auch der Effekt direkt gemessen. Diese Studien  sind nun in einer Metaanalyse zusammen ausgewertet worden. Insgesamt 17 pro- und retrospektive monozentrische Studien (3 retrospektiv, 10 prospektive Beobachtungsstudien und 4 randomisiert) wurden ausgewählt, die mit Mikrodialyse oder Near-Infrarot-Sensoren, Dunkelfeldbildgebung, Magen-pH etc. die Gewebeoxygenierung gemessen haben (Die Methoden sind in dem frei zugänglichen Artikel schön beschrieben). Oftmals wurden zusätzlich Laktatspiegel, zentralvenöse Sauerstoffsättigung (cvSpO2), Sauerstofftransport und -verbrauch errechnet.

Insgesamt 933 Patienten wurden eingeschlossen, meist aus Studien mit Fallzahlen unter Hundert. Eine pädiatrische Intensivstation eines Zentrums aus Uganda trug mit 270 Patienten überproportional viel bei. Auch von der zugrundeliegenden Erkrankung und vermutlich Erkrankungsschwere war das untersuchte Kollektiv breit gestreut: post-operative, Trauma-, Sepsis-Patienten, schwer anämische Kinder, Beatmungspatienten mit Organversagen und auch stabile Intensivpatienten waren eingeschlossen worden. Die Studien verglichen als therapeutische Interventionen nicht primär Messmethoden zur Oxygenierungsverbesserung, sondern sie verglichen die TRAnsfusion von leukozytendepletierten EKs mit nicht-leukozytendepletierten EKs, EK-Transfusionen versus Albumininfusion und kürzer versus länger gelagerte EKs.

Die Oxygenierung wurde je nach Meßmethode wie folgt verändert:

  • mit globalen Methoden (ScvO2, SvO2, DO2-VO2, OER) : Die Oxygenierung wurde durch Bluttransfusionen nicht verbessert. Dieses Ergebnis ist in 7 von 9 Studien erzielt worden; in einer Studie wurden die vorher pathologisch niedrigen Oxygenierungswerte gebessert und in einer kleinen retrospektiven Studie (n=67) auf der herzchirurgischen Intensivstation verbessert.
  • Magen-PH- kein Effekt.  Das Resultat stammt aus 2 kleinen RCTs mit relativ schwer kranken Intensivpatienten.
  • Laktat/Laktatclearance-unklar 2 von 3 Studien waren jeweils retrospektiv bzw. prospektiv beobachtend- sie beobachteten bei Erwachsenen keinen Effekt (n= 74), während die restliche Studie aus Afrika randomisiert einen Abfall des Laktats bei Kindern nachweisen konnte (n=270).
  • Orthogonal Polarization Spectral Imaging (OPS)/Sidestream Dark Field Imaging (SDF)- uneinheitlich, meist kein Effekt. 5 Studien nutzten diese Messtechnik mit einer Eindringtiefe ins Gewebe von 1mm, in 3 Studien ohne Effekt der Transfusion auf die gemessene Oxygenierung, in einer Untersuchung war keine statistische Analyse durchgeführt worden und in einer weiteren Studie war eine Verbesserung der Oxygenierung nur nach leukozytenreduzierten Einheiten zu bemerken.
  • Near-Infrared Spectroscopy (NIRS)- uneinheitlich. 6 Studien verwendeten die NIRS -Methode zerebral oder am Thenar und 4 davon waren überwiegend negativ (n= 206)- d.h. sie maßen keine Verbesserung in den 4 gemessenen Parametern (nur eine Studie maß einen  Verbesserung in 1 von 4 Parametern, eine Studie konnte eine Verschlechterung der Oxygenierungsparameter nach Transfusion messen). 2 Studien, darunter die bei Kindern (n= 270) und bei Erwachsenen mit Sepsis (zerebrale Methode mit n=20 Patienten) waren positiv - 
  • Microdialyse- positiv in einer retrospektiven Studie (n=37). Bei diesem Verfahren wird mit Gewebesonden die Konzentration von meist Laktat, Pyruvat, Glucose und Glycerol gemessen. Zur Beurteilung der Gewebeoxygenierung wird das Laktat/Pyruvat-Verhältnis gemessen. Es kam in dieser einen Untersuchung zu einer geringen Verbesserung um 5,3%.
  • Haut-Gewebesauerstoffpartialdruck- negativ. Eine kleine Studie (n=19) verwendete die Methode ohne Stratifizierung nach Prätransfusionsniveau und ohne Subgruppenanalyse.

Zusammenfassend wurde bestätigt was in früheren Publikationen wiederholt berichtet wurde.  Der Effekt der EK-Gabe auf die Oxygenierungssituation ist, wenn vorhanden, mit den zur Verfügung stehenden Methoden nicht überzeugend nachzuweisen. Ein Grund mehr, jede Transfusion kritisch zu überdenken.

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