Kann eine Software die Rate an Fehltransfusionen verhindern?

Murphy M et al. Electronic identification systems reduce the number of wrong components transfused. Transfusion. 2019 Oct 4. doi: 10.1111/trf.15537. [Epub ahead of print]

Dem britischen Hämovigilanzsystem der NIH, Serious Hazars of Blood Transfusion (SHOT) wurden zwischen 2016 und 2017 vier Todesfälle durch die Verwechslung von Blutkonserven gemeldet. Ebenso gemeldet worden waren 606 Beinaheverwechslungen, davon 566 (93) Fälle der Verwechslung bei der Blutentnahme (Wrong Blood in Tube).

Nun unterstützt das NIH  seit Jahren die 22 eigenen Krankenhäuser mit 5 Mio bei der Etablierung von elektronischen Sicherheitssystemen, die die Prozessschritte Blutabnahme, Versand von Probe und Produkt sowie die Verabreichung des Produkts abdecken. Eine Fragebogenuntersuchung hat nun erstmalig das Resultat erbracht, dass diese Systeme tatsächlich die Zuordnungsfehler verhindern oder zumindest die Anzahl reduzieren. 

Von den antwortenden 93 Einrichtungen benutzten ca.17 % elektronische Prozessabsicherungen und 35% herkömmliche Verabreichungstechnik. Dabei  sicherten die Systeme zu 17% alle Schlüsselschritte (Blutabnahme, Versand von Probe und Produkt sowie die Verabreichung des Produkts) ab, 9% nur 2 der Schritte, 3% nur zur Blutprobenentnahme und 5% für Blutabnahme und Verabreichung. Insgesamt wurden fast 30% der Blutprodukte in den Häusern mit elektronischer Prozessunterstützung nicht abgedeckt (550 000 von 1,95 Mio).

Innerhalb des Untersuchszeitraums von 2015-2016 ereigneten sich 57 Fehltransfusionen in den befragten Krankenhäusern. Der Fehler ereignete sich nachweisbar bei der Röhrchenbeschriftung ( in 3 Fällen), Probenentnahme (n= 15) und bei der Verabreichung (2); erstaunlicherweise ereigneten sich die meisten Fehler in der Blutbank: Probenempfang (5), Bearbeitung /Austestung (17), Komponentenauswahl (8), Etikettierung (1).

Bei den Häusern, die ein elektronisches Sicherungssystem benutzten, waren keine Fehler im Zusammenhang mit Blutentnahme, Etikettierung oder Verabreichung aufgetreten. Da wo Ausnahmen von der Anwendung des Systems bestanden, da traten die 3 Verwechslungen in dieser Gruppe auf: Bei der Notfallversorgung mit Blutgruppe 0 und der Notfall-Entnahme aus dem Blutkühlschrank. In der Gruppe der EInrichtungen mit manuellem, herkömmlichen System traten 17 Verwechslungen auf. Einer war eine AB0-inkompatible Fehltransfusion und bedingte Nierenversagen beim Patient.

Durch die Verwendung des elektronischen Systems wurde ein um 59% niedrigeres Risko für eine Verwechslung erreicht (OR, 0.41; 95% CI, 0.12-1.47; p = 0.191). Beinahefehler waren im manuellen System ebenfalls häufiger (85%, n=484  von 571), die meisten bei Blutabnahme und Etikettierung der Probe. Im elektronisch unterstützten System ereigneten sich lediglich 17 Fehler bei der Probenentnahme und Etikettierung der Proben und 20 bei der Verabreichung.

Diese Ergebnisse sprechen für sich. Auch wenn unser System nach meiner Einschätzung mehr Fehlerereignisse im klinischen als im Labor und Blutbankprozess aufweist- Alle profitieren von einer elektronischen Unterstützung.  Fordern wir ihre Etablierung bei uns !

Pubmed  

Für Sie gelesen von T. Frietsch

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