Liberale vs. restriktive EK-Transfusion bei Frühgeborenen

Fu X, Zhao X, Weng A, Zhang Q. Comparative efficacy and safety of restrictive versus liberal transfusion thresholds in anemic preterm infants: a meta-analysis of 12 randomized controlled trials [published online ahead of print, 2022 Dec 21]. Ann Hematol.

Stark untergewichtige Frühgeborene werden mit einer über 90%-igen Wahrscheinlichkeit in den ersten Tagen transfundiert. Die in dieser Situation abzuwägenden Risiken der Anämie sind Organschäden durch Ischämie und Entwicklungsstörungen gegenüber den Risiken der Transfusion wie Hirnventrikel-Einblutungen, Retinopathie, nekrotisierende Enterokolitis und Bronchodysplasie, wie auch eine erhöhte Sterblichkeit.

Die bisher vorliegenden kontrollierten Studien zur Transfusionsstrategie bei untergewichtigen Frühgeborenen waren nicht eindeutig, noch zu heterogen und auch die Fallzahlen nicht ausreichend groß. Aber auch in diesem Gebiet zeichnete sich die generelle Erkenntnis von anderen Kollektiven ab, dass eine restriktivere Indikationsstellung der Erythrozytentransfusion einer liberalen Therapie nicht unterlegen ist. Weitere Studien (auch aus diesem Jahr 2022, wir berichteten in "Für Sie gelesen") fügten der Datenlage nur kleine Fallzahlen und keine neuen Entscheidungskriterien hinzu.

Die nun vorgelegte und aktuell publizierte Meta-Analyse von Fu et al. hat aber nun 4 noch nicht berücksichtigte, da in chinesischer Sprache publizierte Studien hinzugefügt und kommt beim Einschluss von 12 RCTs auf eine Fallzahl von eingeschlossenen n=4380 Frühgeborenen. Darunter waren 2 Studien bei untergewichtigen, 5 bei stark und 5 Studien bei extrem untergewichtigen Frühgeborenen. Die restriktiven und liberalen Transfusionstrigger waren uneinheitlich (siehe Tabelle 2 des Supplements), die Randomisierung nicht immer angegeben. Resultierend war ein mittlerer Unterschied zwischen den Gruppen von ca. 1g/dl.

Der Transfusionsbedarf und das Transfusionsvolumen war nur in der Fixed-effects-Modell-Analyse bei der restriktiven Gruppe geringer, ohne Signifikanz im Random-effects-Modell (für den statistischen Laien: Das Fixed-effects-Modell beachtet lediglich die Veränderungen (zb. Hb-Gehalt) bei den Individuen (inner-individuelle Varianzen) und nicht wie das Random-effects-Modell auch die Varianz zwischen den Individuen (inter-individuell) - das Random-effects-Modell ist also das robustere Verfahren).

Die liberale Strategie erhöhte den Hämoglobingehalt stärker. Die restriktive Transfusionsstrategie verlängerte die Sauerstoffpflichtigkeit und die Atemunterstützung/Beatmungszeiten um ca. 3 Tage, bei gleicher Krankenhausverweildauer (kürzer bei restriktiver Strategie im Fixed-effects-Modell).

Die "Safety Outcomes" waren ohne Unterschied zwischen den Gruppen, auch im Fixed-effects-Modell: Der Verbund aus Tod und neurologischer Entwicklungsstörung (p=0.87), Gesamtsterblichkeit (p=0.91), neurologischer Entwicklungsstörung (p=0.34), bronchopulmonaler Dysplasie (p=0.40), nekrotisierender Enterokolitis (p=0.36), Frühgeborenen-Retinopathie (p=0.26), Ventrikeleinblutungen (p=0.80), Apnoephasen (p=0.43), Sepsis (p=0.81), periventrikulärer Leukomalazie (p=0.25) und persistierender Ductus Arteriosus (p=0.05).

Die Autoren schlussfolgern, dass restriktiv und liberal zwar gleichwertige und sichere Strategien wären, dass aber die liberalere Transfusionsstrategie bei Frühgeborenen doch eventuell mit Vorteilen bei der Verkürzung der Atemunterstützungstechniken verbunden ist. Die weiteren Outcome-Parameter seien aufgrund der hohen Heterogenität der Daten nicht sicher zu beurteilen. Dass die Hämoglobinspiegel bei der liberaleren Strategie deutlicher ansteigen, ist kein Argument für einen Vorteil der Strategie (man könnte es in der Diskussion so herauslesen), sonder ein Beleg für die tatsächlich durchgeführte, wirksame Strategie - eine Grundlage für einen berechtigten Vergleich. Auch wenn ich den Unterschied von 1 g/dl Hb immer noch grenzwertig deutlich finde.

Persönlich denke ich, dass diese eigentlich gute Arbeit als weiterer Schritt zur akzeptierten Sicherheit der restriktiven Strategie auch bei dieser Patientengruppe gelten kann. Wie immer bei Meta-Analysen bleiben aber bestimmte Fragen aufgrund der Methodik nicht mit letzter Sicherheit beantwortbar.

Pubmed

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Für Sie gelesen von Th. Frietsch

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