Liberale Transfusionstrigger bei Schädel-Hirn-Trauma ?

Larcipretti LLL et al. Copyright © 2025 by the Society of Critical Care Medicine and Wolters Kluwer Health, Inc. All Rights Reserved. Critical Care Medicine www.ccmjournal.org e963 DOI: 10.1097/CCM.0000000000006585

Die internationalen Transfusionsleitlinien der amerikanischen Transfusionsmediziner AABB (Association for the Advancement of Blood and Biotherapies)basierend auf 45 Studien mit Erwachsenen (n=20.599 Patienten) und sieben pädiatrischen Studien (n=2.730 Patienten) empfehlen restriktive Transfusionsstrategien sowohl für Erwachsene als auch für pädiatrische Patienten im Krankenhaus sowie für hämodynamisch stabile Patienten (Carson JL, Stanworth SJ, Guyatt G, et al: Red blood cell transfusion: 2023 AABB International Guidelines. JAMA 2023;330:1892–1902). Es fehlten bislang jedoch noch ausreichende Daten, um die liberale oder restriktive Transfusionspstrategie bei Patienten mit Hirnverletzungen anzuwenden.  

Die Autoren führte eine systematische Literatursuche und Metaanalyse allerrandomisierter kontrollierter Studien (RCTs) zur Transfusion bei Schädel-Hirn-Trauma (SHT) bei 1.533 Patienten durch, davon 769 (50,2 %) in der Gruppe mit liberaler Transfusion und 764 (49,8 %) in der Gruppe mit restriktiver Transfusion. Die gesamte Studienpopulation umfasste 622 Frauen (40,6 %). Die Art der traumatischen Hirnverletzung umfasste Motorrad- und Autounfälle, Stürze und Körperverletzungen. Zielparameter waren das neurologische Outcome (Glasgow Outcome Skala, GOS) nach 6 Monaten, die Mortalität, Komplikationen und Krankenhausverweildauer (LOS).

Es fanden sich keine Unterschiede in 3 Studien zur Sterblichkeit (RR, 0.98; 95% CI, 0.76–1.27; p = 0.91), keine Unterschiede bei Infektionen (RR: 1,08; 95 %-KI: 0,95–1,23; p = 0,22), keine Unterschiede bei thromboembolischen Ereignissen (RR: 1,42; 95 %-KI: 0,97–2,08; p = 0,08, und auch keinen Unterschied bei der LOS (MD, –1.45; 95% CI, –4.85 to 1.96; p =0.41;jedoch fand sich vermehrt ARDS (R, 1.88; 95% CI, 1.14–3.10; p = 0.01) mit liberaler Strategie.  In 4 der 5 inkludierten Studien waren Daten zum neurologischen Outcome bezüglich der Transfusionsstrategie (RR, 1.16; 95% CI, 1.00–1.34; p =0.05) zu finden. Die Ergebnisse favorisierten nach Exklusion einer Studie wegen der zusätzlichen Verwendung von Erythropoetin zur Anämietherapie die liberale Transfusionsstrategie (RR 1.24; 95% CI, 1.06–1.45; p < 0.01; I2 = 0%) in ihrem Effekt auf das neurologische Outcome bei SHT. Die verwendeten Transfusionstrigger in den zugrundeliegenden Studien waren übereinstimmend Hämoglobinwerte (Hb) in der restriktiven Gruppe um 7 g/dl und in der liberalen Gruppe von 9 g /dl.

Die Autoren fordern daraufhin die Revision der Leitlinie bezüglich eines liberaleren Transfusionstriggers von 9g/dl Hb für SHT. Obwohl die Meta-Analyse die derzeit umfänglichste Evidenz mit den besten Studien ist, ist die Fallzahl jetzt nicht überragend. So ist die Abwägung zwischen den Komplikationen der liberalen Strategie assoziierten erhöhte Raten an ARDS, Bluttransfusionen und den anderen im Trend (aber nicht signifikant) häufigeren Infektionen und Thromboembolien extrem schwierig. Andere bekannte Nebenwirkungen der Fremdbluttransfusion wie Immunsuppression, Verwechslungsgefahr, TACO und Übertransfusion sind in dieser Analyse nicht berücksichtigt. Aus dieser Perspektive ist vielleicht eine Umschreibung der Leitlinien mit Vorsicht zu genießen. 

Pubmed

Für Sie gelesen von Th. Frietsch   

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