Liberale Transfusionstrigger in der Sepsis?
Permpikul C et al. Optimal hemoglobin threshold for blood transfusions in sepsis and septic shock: a retrospective analysis. Intern Emerg Med. 2025 Feb 20. doi: 10.1007/s11739-025-03889-4
Eine retrospektive Datenanalyse aus Thailand hat die Transfusionsstrategie in der Sepsis untersucht und gefunden, dass der restriktive Transfusionstrigger von einem Hämoglobingehalt von 7 g/dl einer liberalen Strategie unterlegen ist.
Die Fähigkeit der Verbesserung der Sauerstoffversorgung in der Mikrozirkulation von transfundierten Erythrozytenkonzentraten (EK) ist häufig angezweifelt worden. Die Mortalität als Folge des Multiorganversagens sollte ein valider Parameter sein, um diese Fähigkeit von EK-Transfusionen nachzuweisen.
Diese These versuchte eine thailändische Autorengruppe mit einer retrospektiven Studie bei n=806 transfundierten internistischen Intensivpatienten zu generieren. Sie ermittelte die 28-Tage-Sterblichkeit anhand des Vergleichs von n=480 liberal (zwischen Hb 7 bis 9 g/dl) und n= 326 retriktiv (< 7g/dl) transfundierten Sepsispatienten.
Die Patienten waren im Mittel 66 J alt, hatten einen APACHE II Score von ca. 20 +/- 7 (leichtes bis mittleres Risiko zu Versterben); Sie waren zu 75% beatmet. Dabei fällt im gesamten Kollektiv erstaunlicher Weise eine Tendenz zu ungünstigeren Komorbiditäten und Behandlungsoptionen auf, die sich großteils nach der multivariaten Analyse und Matching ausgeglichen darstellt.
Die mittleren Hämoglobinwerte betrugen 8,1 ± 0,8 g/dl bzw. 6,3 ± 0,8 g/dl für jede Gruppe (P < 0,001), weshalb die restriktiv transfundierten auch signifikant mehr transfundiert wurden ( 2 vs 1 EK). Am 28. Tag lag die Sterblichkeitsrate in der liberalen Gruppe bei 51,2 % (246 Patienten), im Vergleich zu 59,2 % (193 Patienten) in der restriktiven Gruppe (Odds Ratio [OR] 0,88, 95% Konfidenzintervall [CI] 0,79–0,98, P = 0,031). Beim gematchten Gruppenvergleich betrug die Mortalität nach 28 Tagen 46,8 % in der liberalen Gruppe (141/301 Patienten) gegenüber 59,3 % in der restriktiven Gruppe (178/300 Patienten) (OR 0,78, 95 % KI 0,66–0,92, P = 0,002). Eine multivariante Analyse ergab, dass eine Transfusion bei einem Hämoglobinwert von 7–9 g/dl eine unabhängige Variable ist, die mit einer geringeren 28-Tage-Mortalität verbunden ist (OR 0,70, 95 % KI 0,49–0,99, P = 0,042). Weitere mit der 28-Tage-Mortalität korrelierte Faktoren waren Thrombozytenzahl ≤ 150 × 103/µl, Albumin ≤ 2,5 g/dl, Schock, künstliche Beatmung und Nierenersatztherapie. Diese retrospektive Studie lässt darauf schließen, dass eine RBC-Transfusion bei Hämoglobinwerten von 7–9 g/dL mit einer geringeren 28-Tage-Mortalität bei Sepsispatienten einhergeht als eine Transfusion bei Hämoglobinwerten unter 7 g/dL. Es wurden jedoch keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Krankenhausaufenthaltsdauer oder der Häufigkeit von Komplikationen durch septischen Schock zwischen den beiden Gruppen beobachtet.
Damit hat die retrospektive Analyse für die Sepsis eine These generiert, nämlich früher zu transfundieren, um den Ischämieschaden zu vermeiden, die auch anders lauten könnte. Nämlich, dass das Doppelte an Transfusionsvolumen mit der schlechteren Überlebensrate zusammenhängen könnte... Auffällg an dieser Publikation ist, dass der APACHEII Score jetzt nicht sonderlich hoch war, der (new)SOFA oder der ältere SIRS-Score (also die Scores für den Inflammationsprozess schlechthin) nicht angegeben war und i Titel von septischem Schock die Rede war, der aber nicht weiter belegt war, der Hämoglobinverlauf und andere erhebliche Daten zur Einschätzung fehlten.
Also bleiben randomisierte Studien und bessere Darstellungen zum Thema abzuwarten...
Für Sie gelesen von Th. Frietsch