Wie tief darf der Hämoglobinspiegel fallen? Wo ist die Untergrenze des Transfusionstriggers?

Guinn NR et al. Severe anemia associated with increased risk of death and myocardial ischemia in patients declining blood transfusion. Transfusion. 2018 May 24. doi: 10.1111/trf.14768. [Epub ahead of print]

Wie tief darf der HB fallen?

IDie Gefahr, an einer Anämie zu versterben, ist eine Annahme, die sich aus der Physiologie begründet oder aus Fallberichten von nicht transfundierten Patienten geschlussfolgert werden kann. Jetzt hat die Forschergruppe um Richard Weiskopf eine datengestützte Beziehung zwischen Hämoglobinspiegel (Hb) und Ischämischer Komplikation hergestellt sowie das Risiko der Sterblichkeit durch tiefe Anämie beziffert.

Aus einer retrospektiven Datenanalyse von Patienten, die sich aus verschiedenen Gründen einer Transfusionsbehandlung verschließen, konnten interessante Zusammenhänge dargestellt werden: Die meisten Gründe der Anämie waren chirurgische Eingriffe gefolgt von gastrointestinalen Blutungen. Die Ätiologie der Anämie war häufiger internistisch als chirurgisch bedingt (OR, 0.42; 95% CI, 0.20-0.89; p = 0.02).  

Das Sterbe-Risiko es gesamten Kollektivs erhöhte sich um 47% pro Gramm pro Deziliter (g/dl) Hämoglobinspiegel (Hb) unter einem Hb von 8g/dl. Dabei war akute Anämie ein unabhängiger Kofaktor (OR, 1.89; 95% CI, 1.41-2.55;p < 0.0001), nicht aber chronische Anämie (OR 1.23; 95% CI, 0.92-1.65; p = 0.16). Die perioperative Mortalität (gesamt) durch Anämie war bei 10% und verringerte sich mit jedem g/dl Hb um das 1,59 fache (95% CI, 1.05-2.42; p = 0.03), im multivariaten Modell um das 1,64 fache 95% CI, 1.08-2.48; p = 0.02) innerhalb von 30 Tagen nach dem tiefsten Hb.  

Interessanter Weise war das Infarktrisiko nicht mit einem Abfall von 1 g/dl erhöht (OR 1.13; 95% CI, 0.87-1.48; p = 0.36) , wohl aber bei Komorbidität von Diabetes und KHK (OR 1.42; 95% CI, 1.07- 1.90; p = 0.016).

Anhand dieser Studie anhand von Daten von Patienten, die aus verschiedenen Gründen nicht transfundiert werden konnten, können unsere derzeitigen Transfusionsrichtlinien und Trigger teilweise bestätigt und in Einzelfällen weiter spezifiziert werden.  Wieder einmal eine gelungene und lesenswerte Arbeit. 

Pubmed

Für Sie gelesen von T. Frietsch

 

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