Maschinelle Autotransfusion bewahrt die Immunantwort (?)

Roets M et al. Intraoperative cell salvage: The impact on immune cell numbers. PLOS one 2023; 18(8): e0289177.

In einer australischen Kohortenstudie wurden perioperativ die für die Immunantwort verantwortlichen Leukozytenzahlen analysiert und dann einem Transfusionseinfluss zugeordnet: Entweder keiner Transfusion, nur maschinelle Autotransfusion (MAT) oder MAT in Kombination mit Fremdblut (MAT/RBC).

Untersucht wurden B-Lymphozyten (CD20+), NK Zellen (natural killer cells) (CD56+), Monozyten (CD14+), T Lymphozyten (total CD3+ und T-Zell Subpopulationen: T-Helfer (CD4+), zytotoxische T-Zellen (CD8+), Effektor- T-Zellen (CD4+ CD127+), aktivierte Effektor-T Zellen (CD4+ CD25+ CD127+) und regulatorische T-Zellen (CD4+ CD25+ CD127-)), plasmazytoide dendritische Zellen (pDC; Lineage-, HLA-DR+, CD11c-, CD123+), klassische dendritische Zellen (cDC) (Lineage-, HLA-DR+, CD11c+), und cDC activation (Lineage-, HLA-DR+, CD11c+), co-stimulatory/adhesion molecules und pDC (CD9+, CD38+, CD80+, CD83+, CD86+, CD123+).

Diese wurden vor einer großen orthopädischen Operation mit einem geplanten Einsatz der MAT sowie postoperativ und 48 h danach analysiert. Ausgewertet wurden n=18 (10 m/8 w) Patienten in einem vergleichsweise jungen Durchschnittsalter von 45 +/- 22 J (Immunkompetenz anzunehmen).

Im Vergleich mit dem präoperativen Ausgangswert waren unmittelbar postoperativ alle Leukozyt-Subtypen (inclusive des Verhältnisses von Lymphozyten zu Monoxyden (LMR)) in ihrer Anzahl erheblich erniedrigt und auch nach 48h zeigte sich bei den meisten noch keine Erholung auf den Ausgangswert. Die MID (Midrange Zellen- Monozyten, basophile und eosinophile Granulos zusammen) blieben sogar auf unter die Hälfte erniedrigt. Durch den Einfluss der Operation waren ebenso Veränderungen der immunkompetenten Zellen und T-Zell-Suptypen sowie die Marker für Reifung und Aktivierung messbar: Monoxyden und B-Lymphos stiegen nach der Operation bis 48h an. Zytotoxische (CD8+) und CD3+ T-Zellen waren postoperativ dezimiert, ebenso aber auch die immunsuppressiven regulatorischen T-Lymphos. NK-Zellen verringerten sich postoperativ bis 48h, ohne sichtbare Erholung in diesem kurzen Zeitraum. Weitere sonstige Veränderungen des Zellpanels sind in der Orginalpublikation einzusehen. Von den kostimulatorischen und adhäsiven Markermolekülen der Immunantwort waren die klassischen sowie die plasmazytoiden cDC postoperativ auf die Hälfte reduziert und erholten sich auch nach 48h nicht. 

War während des Eingriffs keine Transfusion notwendig, war weder das Verhältnis noch die Anzahl aller immunkompetenten Zellen und T-Zell-Subtypen perioperativ verändert. Bei Patienten, die transfundiert wurden, war die Leukozytenzahl postoperativ erhöht (mehr in der MAT- Gruppe als in der MAT-PRC Gruppe. Die Lymphozyten verhielten sich umgekehrt- sie waren bei beiden Gruppen postoperativ erniedrigt, erholten sich aber weitgehend innerhalb 48h in beiden Gruppen. Die MID waren lediglich in der Gruppe ohne Fremdblut (MAT) im perioperativen Verlauf (über alle drei Zeitpunkte) signifikant reduziert. In einem weiteren Ansatz wurde der Einfluss der jeweiligen Transfusionsart auf die Abwehrkompetenz gegen Infektionen kalkuliert. Dafür wurden NK-Zellen, Monoxyden, B-Lymphozyten, CD3+-, CD8+-, CD4+-T-Lymphozytensubpopulationen inclusive der regulatorische T-Zellen untersucht. Im Gegensatz zu den anderen beiden Gruppen war in der ICS Gruppe ein postoperativer Anstieg der NK-Zellen, und eine signifikante Reduktion von CD8+ und CD3+ zu beobachten. Vor allem die immunmodulatorischen CD25+ CD 27- und CD25+ und CD27+ T-Zellen waren bei ICS und ICS-RBC- Behandlung unterschiedlich und durch die Fremdblutbeigabe deutlich nach 48h erhöht.  DCs verhielten sich bei MAT und MAT-RBC nahezu gleichsinnig- reduziert unmittelbar postoperativ und noch nicht wieder auf dem präoperativen Niveau nach 48h. Lediglich CD11c-CD123+ war in der MAT-Gruppe postoperativ nur minimal verändert, jedoch deutlich in der MAT-RBC und nach 48h in beiden Gruppen unter dem Ausgangswert.

Im Gegensatz zur Fremdbluttransfusion konnte die Behandlung mit ausschließlich MAT die NK-Zellen und deren Aktivierung erhalten. NK-Zellen bewirken durch die Freisetzung von zytotoxischen Proteinen die Zerstörung von Krebszellen und Viren, weiterhin ebenfalls durch Freisetzung von Interferon und Tumornekrosefaktor die Aktivierung von Makrophagen und dendritischen Zellen. Im Gegensatz zu allen Operierten und Fremdbluttransfundierten dazu konnte eine postoperative Steigerung der Monozytenzahlen durch MAT nicht beobachtet werden. Eine gesteigerte Monozytenzahl in Verbindung mit verringerter CD11c+ cDC Expression ist mit Immunsuppression und einer erhöhten Rate an Infektionen vergesellschaftet gewesen. Durch den Vergleich von MAT und Fremdbluteinfluss konnte auch die Analyse der Oberflächenmoleküle und ihrer bekannten Rolle an Aktivierung und Signalgebung/Stimulation und Interaktion zwischen den immunkompetenten Zelltypen eine interessante Beobachtung gemacht werden: pDC im Gegensatz zu cDC waren bei MAT weniger reduziert bis zu 48h postoperativ, was ebenfalls für eine verbesserte postoperative Imunkompetenz spräche. 

Allerdings war die Interpretation der T-Lymphozyten Suptypen (zum Beispiel die Reduktion von zytotoxischen CD8+ durch MAT) nicht immer eindeutig, was die positiven Auswirkungen des Fremdblut- bzw. der MAT- Einflusses auf die Immunkompetenz zum derzeitigen Wissenstand anging. In der Literatur gibt es keinen Hinweis auf Immunsuppression durch MAT, wohl aber auch Fremdblut, auch mit Leukozytendepletion, genannt "TRIM-transfusion induced immune modulation".  

Insgesamt eine sehr interessante Arbeit zur Immunmodulation durch Transfusionen, in sonst selten publizierten (weil schwer zu untersuchenden) Bereichen der zellulären Immunantwort.  

Pubmed

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Für Sie gelesen von Th. Frietsch

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