Perioperative Thombozytopenie

Nagrebetzki A et al. Perioperative thrombocytopenia: evidence,evaluation, and emerging therapies. Br J Anaesth. 2019 Jan;122(1):19-31. doi: 10.1016/j.bja.2018.09.010. Epub 2018 Oct 25.

Eine kürzliche Cochrane -Metaanalyse hat die Evidenz für die präoperative Therapie mit Thrombozytenkonzentraten bei Patienten mit Thrombozytopenie dargestellt- sehr dürftige Daten aus drei kleinen Studien mit Patientenzahlen n<100: Weder hatten die prophylaktischen Transfusionen von Thrombozyten im Vergleich zu Desmopressin oder Thrombopoetika einen positiven Effekt auf den intraoperativen Blutverlust noch auf die Mortalität.  Aber da die Patientenzahl sehr dürftig ist, könnte sich vielleicht noch etwas ändern; 2 Studien stehen noch aus, die bereits beendet sein sollten. Die untersuchten Kollektive waren hauptsächlich Patienten mit Lebererkrankungen.

Der Artikel im Brit. J. Anaesth. stellt deshalb die Daten- und Empfehlungsgrundlage zum jetzigen Zeitpunkt dar. Er stellt im Eingang die empfohlenen Transfusionstrigger (basierend auf Thrombozytenzahlen) aus den Leitlinien-Empfehlungen der amerikanischen und britischen Transfusionsmediziner AABB und JPAC, der britischen Hämatologen BCSH und der amerikanischen Gastroenterologen ASGE dar, sehr ansprechend in einer Graphik. Diese basieren auf meist retrospektive Daten und Expertenmeinungen und decken sich weitgehend mit den Querschnittsleitlinien zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten der Bundesärztekammer von 2014.  Demnach ist die einzige Gruppe von Patienten, die von einer prophylaktischen Thrombozytentransfusion profitieren könnte, die mit Thrombozytenzahlen von und weniger als 10 000/µl. Darüber ist bis zu 80 000/µl keine Korrelation von Thrombozytenzahl zur Blutungsinzidenz bewiesen. 

Im Artikel wird dann die Datengrundlage der Empfehlungen für chirurgische Eingriffe, radiologische Interventionen, maligne hämatologische Erkrangungen und Atemwegserkrankungen/manipulatonen beleuchtet. Im weiteren Kapitel ist sinnvollerweise überzeugend dargestellt, dass die in den Leitlinien nur unzureichend beleuchtete Thrombozytenfunktion der entscheidende Faktor ist, der in die Transfusionsentscheidung mit eingehen sollte. Eine Anleitung zur präoperativen Untersuchung der Thrombopenie beinhaltet die Beachtung der Pseudo-Thrombopenie, die Ursachen der krankheitsassoziierten und medikamentös induzierten Verringerung der Thrombozytenzahl. Dies ist mit einer Tabelle zu den pathophysiologischen Mechanismen ergänzt. Eine schöne Graphik beinhaltet den Algorithmus zum Vorgehen bei postoperativer Thrombopenie. Weiterhin werden die pharmakologischen Therapiemöglichkeiten der Thrombopenie ausgespart, ohne dass auf die Thrombozytentranfusion und die häufig problematische Refraktärität eingegangen wird. Inwieweit dies und eine ausführlichere Darstellung der Funktionsdiagnostik thematisch notwendig gewesen wäre, bleibt dahingestellt. Vermutlich hätte es den Rahmen des Artikels erheblich erweitert. Insgesamt eine sehr lesenswerte Darstellung eines klinisch relevanten Problems.

PubMed

Für Sie gelesen von Th. Frietsch

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