Aggressive Gerinnungs- und Schocktherapie des Polytrauma mit FFP

Moore HB et al. Plasma-first resuscitation to treat haemorrhagic shock during emergency ground transportation in an urban area: a randomised trial. Lancet. 2018 Jul 28;392(10144):283-291. doi: 10.1016/S0140-6736(18)31553-8

Plasma-first für die Früh-Therapie des Polytraumas?

Die Zeitverzögerung bis zum Einsetzen der Gerinnungstherapie bei blutenden Polytraumen erhöht die Mortalität drastisch. Moderne Prähospital-Strategien sehen den Einsatz von Lyoplasma und Tranexamsäure vor, ohne dass eine Evidenz dieser Therapie nachgewiesen ist. Eine Forschergruppe hat nun ind der COMBAT-Single-Center- RCT-Studie den frühen Einsatz von gefrorenem Plasma getestet und erstaunlicherweise gefunden, dass der frühe Einsatz innerhalb von 30 min zumindest im städtischen Einsatzgebiet bei kurzen Transportperioden ohne den gewünschten Effekt auf die Sterblichkeit blieb.

Bei einer vergleichsweise kleinen Anzahl von relevant Verletzten (n= 125, Plasmagruppe n=65, mit durchschnittlich 2 Einheiten Plasma behandelt, die oftmals nicht beide vor Eintreffen im Schockraum gegeben werden konnten),  war weder die 28 Tage- noch die 24h-Mortalität signifikant unterschiedlich zwischen Plazebo- und Plasmabehandelten (15 vs. 10%, p=0,37, bzw. 10 vs. 12%, p= 0,68). Unterschiede fanden sich auch nicht bei der Morbidität hinsichtlich ALI, MOV, Beatmungsdauer , ICU und Krankenhausverweildauer. Verletzungsschwere (53% ISS >25) und demographisches Profil der Verletzten war genauso vergleichbar in beiden Gruppen wie die Gerinnungsparameter im Routinelabor und in der Thrombelastographie bei Eintreffen im Krankenhaus.

Genau letzteres scheint auch eines der Knackpunkte der Studie zu identifizieren: Die Selektion der Patienten mit Koagulopathie. Direkt nach der Verletzung hatte keine Gruppe eine diagnositzierbare Koagulopathie. Auch die mindere Effektivität zur Korrektur eines Gerinnungsmangels von Plasma versus Gerinnungskonzentrat scheint eine Rolle zu spielen: Bis zur Schockraumaufnahme stieg die INR in der Kontrollgruppe mehr als in der Plasmagruppe. Außerdem hatte die Plasmagruppe tendenziell mehr Hyperfibrinolyse und Schock am Unfallort.

Da die Single-Center-Studie im Gegensatz zu weiteren aktuellen Studien (siehe PAMPer Trial) steht, muss meiner Meinung geklärt werden, ob nicht auch im prähospitalen Setting die innerhospitalen Prizipien des Gerinnungsmanagements gelten müssen: Zielgerichtete Therapie nach genauer Diagnosestellung mit effektiven Konzentraten, falls verfügbar. Auf diese Studien gilt es weiterhin zu warten...

Pubmed

 

Für Sie gelesen von T. Frietsch

 

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