Plasma- Flüssiglagerung im Kühlschrank des Schockraums

Stettler GR e al. 28-day thawed plasma maintains α 2 -antiplasmin levels and inhibits tPA-induced fibrinolysis.Vox Sang 2020 Sep 7. doi: 10.1111/vox.12997.

Wenn Gefrierplasma (GFP, FFP) aufgetaut im Kühlschrank des Schockraums gelagert und nach einer Woche transfundiert wird, ist es dann noch wirksam? Diese in den USA bereits mit kürzerer Lagerung bei 4°C praktizierte Methode wurde hinsichtlich der Rest-Aktivität der Gerinnungsfaktoren untersucht. 

In den USA verspricht man sich davon die effektive Therapie der Trauma-induzierten Koagulopathie (TIC) und der Gewebsthromboplastin (TPA) induzierten Hyperfibrinolyse. Effektive Fibrinogenkonzentrate sind nicht in allen Staaten der USA zugelassen und mit Plasma wurde eine zusätzliche Verdünnungskoagulopathie vermieden. Die GFP-Lagerung im Kühlschrank des Schockraums wurde bislang wegen der Aktivitätsminderungen der Gerinnungsfaktoren FV, FVII und FVIII auf 5 Tage begrenzt. Damit war eine Verwurfrate von 2,2% verbunden, was 130 000 Einheiten oder 7 Mio US$ Verlust jährlich bedeutete.

In Deutschland behandelt man die TIC und Hyperfibrinolyse eher mit Antifibrinolytika, Fibrinogenkonzentrat und F XIII-Konzentrat. Trotzdem ist die Volumensubstitution mit Plasma im Trauma für einige noch eine vielversprechende Therapieoption, weshalb uns diese Studie auch hierzulande interessieren kann. Abseits dieser klinischen Erwägungen ist die Arbeitsgruppe aus Colorado an der Fragestellung interessiert, welche Plasmaproteine in der Entstehung der TIC involviert sind. Sie haben in einer früheren Studie gefunden, dass Tissue-Plasmin-Aktivator (TPA) eine wesentliche Rolle bei der traumainduzierten Hyperfibrinolyse spielt, während der Plasminogen-Aktivator-Hemmer PAI-1 und Alpha-2-Antiplasmin (A2AP)  als im Plasma bereits vorhandene Proteine die überschießende Fibrinolyse aufhält. Diese Proteine sind normalerweise nur in geringer Konzentration in normalem Plasma vorhanden. Die Frage ist nun, ob diese beiden Fibrinolysehemmer nach einer entsprechenden Lagerung immer noch in ausreichender Aktivität und Konzentration vorlägen, um eine klinische Wirksamkeit in der TIC zu besitzen.

Dafür hatte die Arbeitsgruppe die Konzentration mittels ELISA in verschiedenen Zeitabständen der Plasmalagerung (FFP im Vergleich zu flüssig gelagertem GFP) von 8 Freiwilligen gemessen. Mit einem modifizierten Thrombelastographie-Verfahren (Moore et al. 2015) konnte auch die Fibrinolyse in denselben Abständen gemessen werden. 

Die Ergebnisse sind interessant: Die Konzentration von A2AP bleibt auch während einer 28 Tage- Kühlschrank (Flüssiglagerung) von GFP konstant. Allerdings betrug die PAI-1 Konzentration nahezu nur 1 Fünftel der Konzentration in frischem Nativplasma (1,10 +/- 0,54 ng/mL vs. 4,79 +/– 1,41 ng/mL) und wurde nicht auf Lagerungsstabilität untersucht. Die Fähigkeit des flüssig gelagerten Plasmas in Abwesenheit oder Zugabe von TPA (TPA-Challenge) die Fibrinolyse zu verhindern war dennoch vergleichbar mir der von FFP und zu allen Zeitpunkten über 28 Tage erhalten. Allerdings korrelierte der Ausmaß der Clot-Festigkeit und der Fibrinolyse schwach mit der Lagerungsdauer. Wurde die Probe mit A2AP-freiem Plasma verdünnt, führte das im Gegensatz zur Verdünnung mit Kochsalz nicht zur Hyperfibrinolyse.

Die Autoren versprechen sich durch ihre Ergebnisse den effektiven Einsatz des flüssig gelagerten Plasma zur Verhinderung der trauminduzierten Hyperfibrinolyse als Alternative zur Verdünnung mit Kristalloiden. Sie führen das hauptsächlich auf die erhaltene Aktivität des A2AP (Alpha-2-Antiplasmins) als effektiven direkten Hemmer des Plasmins zurück. Allerdings scheinen auch andere Proteine wie das nur in geringen Konzentrationen vorhandene (und dennoch aktiv wirksame?) PAI-1 als Hemmer der TPA-induzierten Fibrinolyse zur Verfügung zu stehen.

Pubmed

Für Sie gelesen von Th. Frietsch

 

 

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