Thrombozyten für intensivpflichtige Kinder

Nellis ME et al. Platelet Transfusion Practices in Critically Ill Children. Crit Care Med. 2018 May 4. doi: 10.1097/CCM.0000000000003192

 

Die Querschnittleitlinien Hämotherapie 2014 (QL) und auch die aktuellen Empfehlungen der amerikanischen Transfusionsmediziner AABB sehen eine Indikation zur  Thrombozytentransfusion bei Kindern ab einer Thrombozytenzahl von unter 30 000/µl wegen Alloimmunthrombopenie bei Neugeborenen und unter 50 000/µl bei Frühgebohrenen mit HPA-kompatiblen Produkten (QL, Empfehlungsgrad 2C+), bei Nichtverfügbarkeit kompatibler Konzentrate nur unter 30000/µl für beide Kollektive (QL, Empfehlungsgrad 1C) und prophylaktisch nur bei Blutungsgefahr mit kompatiblen TKs (QL, Empfehlungsgrad 1C), prophylaktisch unter 10 000/µl wegen hypoproliferativer Thrombopenie (QL 1C, AABB), bei aktiver Blutung mit Thrombopathie (AABB), stärkerer Blutung an der HLM und Thrombozytenzahlen unter 100 000/µl an der ECMO(AABB). Ob diese evidenzbasierten Empfehlungen weltweit umgesetzt sind, ist unklar beziehungsweise ist auch nicht sicher, ob der Großteil der Anwendungen von Thrombozytenkonzentraten damit abgedeckt ist.

Wie eine aktuelle Studie jetzt beweist, ist der Einsatz von Thrombozytenkonzentraten (TK) bei intensivpflichtigen Kindern von 3- 16 J  von den allgemeinen Richtlinien und Indikationen bei Erwachsenen abweichend und meist prophylaktisch. Die prospektive multizentrische Kohortenstudie aus den JAhren 2016-2017 überprüfte eine Stichprobe von knapp 17 000 kleinen Patienten aus 82 Institutionen in 16 Ländern (USA 58%, Europa 28%, Ozeanien 5%, Mittlerer Osten 5% und Asien 4%). Die zugrundeliegenden Erkrankungen der Kinder waren in 39% Lungenversagen/respiratorische Insuffizienz, in 22% septischer Schock, und 12% herzchirurgiscer Eingriff inklusive Einsatz der Herz-Lungen-Maschine (HLM). Onkologische Diagnosen hatten 44% der Kinder.  Therapien von Bedeutung waren Milrinongabe (17%), Aspirin(3%), Antiphlogistika (NSAR, 2%), ECMO (17%), kontinuierliche bzw. intermittierende Dialyse/Hämofiltration (11% bzw. 1%) oder Absorber-Rezirkulation (1%). Die meisten Patienten waren zum Zeitpunkt der TK-Transfusion beatmet (64.4%). In 87% wurden Apheresekonzentrate, in 13% Buffy-coat-Konzentrate, leukzytenreduziert (93%), pathogen-inaktiviert(5) oder HLA-identisch (1%) verwendet.

Die Thrombozytentransfusion wurde in 3,3% aller Kinder verabreicht- bei 67% der Applikationen prophylaktisch, bei 21% wegen geringer Blutung und nur 12% wegen starker Blutungen. Die mittlere Dosis/Transfusion lag bei 9,4ml/kg( 5,5-13,1ml/kg), im Median 4 Einheiten (2-11) zu einer Medikamenten Gesamtdosis von 32.4ml/kg (14,0-91,4). Der gemessende Inkrement war bei den Patienten am geringsten, die an der ECMO oder HLM waren. In 35% war die Thrombozytenzahl vor Transfusion über 50 000/µl. Transfusionsreaktionen traten in 6% auf (febril(3%), Hypotensionen(3%), Urticaria (0,6%) und Bronchospasmus (0,2%)). Die damit unabhängig verbundene Sterblichkeit (im Mittel 25%) variierte stark von 18 bis 35% und erhöhte das Risiko zu versterben um 0,2% pro jedes ml TK (OR 1.002; 95%CI 1.001-1.003; p=0.005).

Das demonstriert auf beeindruckende Weise die Notwendigkeit, die Evidenzlage für die Transfusion von Thrombozytenkonzentraten bei Kindern zu verbessern, um die Effektivität und Sicherheit für die jeweilige Indikation zu finden. Und vielleicht darüber auch die Transfusionsgewohnheiten und Ansichten bei Erwachsenen gleich mit zu ändern- die sind nämlich nicht nur in weiteren britischen und kanadischen Studien ähnlich fehlindiziert (Ning S et al.und Stanworth SJ et al.), sondern auch bei uns (Nguyen XD et al.). Mögen sich die Transfusiontrigger für EKs anhand der überwältigen Evidenzlage aus zahlreichen Publikationen allmählich herumgesprochen haben (siehe dazu auch eine aktuelle Publikation aus den Staaten von Lilly et al. 2018), die für Thombozytenkonzentrate sind es nicht!! 

 

Pubmed 

Für Sie gelesen von T. Frietsch

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