Praxis der Thrombozytentransfusion bei Intensivpatienten
Ning S et al. Platelet Transfusion Practices in the ICU: Data From a Large Transfusion Registry.Chest. 2016 Sep;150(3):516-23. doi: 10.1016/j.chest.2016.04.004
Thrombozytenkonzentrate werden nicht nur hierzulande, sondern auch in Kanada auf Intensivstationen zu großzügig verabreicht: Bei einer retrospektiven Untersuchung an 3 kanadischen universitären Intensivstationen ereigneten sich innerhalb der letzten 10 Jahre (bis 2015) knapp 16 000 TK- Transfusionen für etwas mehr als 7000 Patienten! Meist (79%) waren es herzchirurgische Patienten. Der Median der Thrombozytenzahl vor Transfusion war 87 × 10(9)/L (Interquartilen-Range [IQR], 57-130). Transfundiert wurde zu 80% bei Thrombozytenwerten über 50 × 10(9)/L und sogar zu 18% bei Werten über 150 × 10(9)/L ! Thrombozytendysfunktion wurde meist angenommen, selten gemessen. Der Effekt einer Einheit Thrombozyten war ein mittlerer Anstieg um 23 × 10(9)/L (IQR, 7-44). EIn Fünftel der Verabreichungen (22%) war uneffektiv und mit AB0-Inkompatibiltät, Koagulopathie, Lebererkrankung, Sepsis, Erythrozytenkonzentraten und Kryopräzipitatverbreichung verbunden. Auch hierzulande sind Thrombozytentransfusionen wohl zu liberal verabreicht und die pathologische Funktion wird oft nur angenommen anstatt gemessen.
Praxisaspekte: AB0-kongruente TRansfusionen und die Messung des Inkrements sind wichtige Schlussfolgerungen dieser wichtigen retrospektiven Studie.
Rezensiert von T. Frietsch