Eisentherapie der postoperativen Anämie in der Orthopädie

Steuber et al.Strategies for the Management of Postoperative Anemia in Elective Orthopedic Surgery. Ann Pharmacother 2016; 50(7): 578-85

Postoperative Anämie tritt besonders häufig bei Frauen, kleiner Körperoberfläche und Afroamerikanern auf. Da die postoperative Anämie ein Kostenfaktor vor allem nach orthopädischen Eingriffen darstellt (und deshalb auch der Einsatz von Pharmaka kosteneffektiv sein kann...), hat sich die Autorengruppe zu dieser Übersicht entschlossen: Eingeschlossen in die Beurteilung wurden Resultate aus 8 prospektiven und einer retrospektiven Studie sowie einer Meta-Analyse.

Der Titel der Übersicht verleitet zur Annahme, es gäbe nun Therapieempfehlungen zur postoperativen Anämie: Aber eigentlich ist klar, dass die postoperative Anämie besonders aggraviert ist, wenn präoperativ eine Anämie bestand. So geht es in der Übersichtsarbeit auch mehr um die perioperative Gabe von intravenösem und oralem Eisen sowie Erythropoetin (EPO) bei vorheriger präoperativer Anämie. Die einzige Studie, die postoperativ intravenöse Eisensubstitution retrospektiv analysiert hat, ist die Studie von Munoz et al.. Sie erreichte eine Reduktion der Transfusionsrate von 26,4% auf 11,5% . Alleinige orale Gabe von Eisen postoperativ war uneffektiv, laut einer alten Studie aus 1992 bei prox. Femurfraktur und normalen Eisenspeichern (Zauber et al).

Der veröffentlichte Algorithmus beginnt mit der Anämiediagnostik 3 bis 6 Monate vor dem geplanten orthopädischen Eingriff (hierzulande kaum praktikabel), mit der Therapie und Korrektur einer eventuell vorhandenen Eisenmangelanämie mit oralem Eisensulfat 2-3x 325mg/die. Zwei bis 4 Wochen präoperativ soll dann nochmal untersucht werden: Wenn immer noch eine Anämie festgestellt werden kann, dann soll EPO 600 IE/kg/Woche bis zur stationären Aufnahme gegeben und das orale Eisen weitergeführt werden. Ist unmittelbar vor dem Eingriff immer noch eine Anämie nachweisbar, soll EPO und Eisensubstitution intravenös erfolgen und Eisen postoperativ weitergeführt werden.

Die Übersicht ist nicht ganz unbrauchbar für uns deutsche Ärzte, stellt sie doch eine klare Empfehlung zur Anämietherapie perioperativ und auch eigentlich postoperativ dar. Der Grad der Anämie wird nicht beachtet- jede Anämie der WHO-Definition , also < 13 g/dl beim Mann und < 12,5 g/dl bei der Frau wird behandelt. Gut ist auch eine vernünftig aufbauende Steigerung der Anämietherapie.  Orales Eisen ist nicht zu niedrig dosiert, aber für viele Patienten in dieser Dosis meist schlecht verträglich.

Meiner Meinung beginnt der sonst schöne Algorithmus mit der Anämiediagnostik (unrealistisch für aktuelle deutsche Verhältnisse) zu früh. Die intravenöse Eisengabe als Carboxymaltose ist in den Dosisempfehlungen mit 600mg einmalig noch zu vorsichtig.  

PubMed

 

Rezensiert von Thomas Frietsch

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