Präoperative Anämie beim Colon-Carcinom: Behandlung durch Bluttransfusion?

Tokunaga R. et al. The impact of preoperative anaemia and anaemic subtype on patient outcome in colorectal cancer. Colorectal Dis. 2018 Sep 19. doi: 10.1111/codi.14425. [Epub ahead of print]

Präoperative Transfusion zur Beseitigung der prognostisch ungünstigen Anämie

Warum soll man die präoperative Anämie, die mit einem schlechtem Outcome assoziiert ist, nicht mit einer Bluttransfusion vor der Operation beseitigen? Und damit alle negativen Auswirkungen der Anämie in der postoperativen Phase auf Infektions- und Komplikationsrate, Überlebensrate und Rezidivfreies Intervall  verbessern?

Eine retrospektive Datenanalyse von 592 japanischen Patienten mit Colorektalem Carcinom über einen Zeitraum von knapp 4 Jahren (45,1 Monate) ergab eine Unterteilung in anämische (Hämoglobinspiegel Hb < 11,7g/dl, n=256) und nicht anämische (Hb > 11,7g/dl, n=336) Patienten. Die Überlebensrate war signifikant schlechter bei den anämischen Patienten (Hazard Ratio HR 2,33 (95% CI 1.583.45) in multivariater Analyse), p<0.0001) als auch das 5-Jahre-Rezidivfreie-Intervall (64,1% vs. 82,7%, p<0.0001). Bei der Unterscheidung, ob mikro-, normo- oder makrozytäre Anämie einen Einfluss auf die Rezidivrate hatte, erhielt man die ungünstigesten Anteile aller Patienten mit einem rezidivfreien 5-Jahres-Intervall für die mikrozytären Formen (jeweils 48,8%, 68% und 76,9%, p = 0.0372).

Bei den anämischen Patienten (n=211) wurde in 40% eine präoperative "Auftransfusion" veranlasst, bei 60% nicht (Es wurde nicht analysiert/publiziert, ob die transfundierten Patienten einen niedrigeren Hb hatten). Die 5-J-ÜLR (Überlebensraten waren 47,5% versus 64,8% zu Ungunsten der Transfundierten, p= 0.0124), das gesamt Überleben in der univariaten Analyse mit einem Hazard Ratio HR von 1,69 (1,11-2,55, p=0.0148) klar signifikant, in der multivariaten Analyse mit einem HR von 1.49, 95% CI 0.962.30, P = 0.0753 nur im Trend schlechter  (eingeflossen in die multivariate Analyse sind Alter, Geschlecht, Tumorlokalisation, Invasionstiefe, Lympfknoten- und Fernmetastasenstatus, Chemotherapie, Ernährungszustand, modif. Glasgow  Prognostic Score). Auch der Anteil der Patienten mit einem Rezidivfreien Intervall von 5 Jahren war in der transfundierten Gruppe deutlich geringer: Univariat HR 2,34 (1,39-3,96, P= 0.0016), multivariat HR 1,87(1,87-3,28, p= 0.0317).      

Kritisch zu betrachten ist das Studiendesign als retrospektive konsekutive Kohorte. Es ist gut möglich, dass die fortgeschritteneren Tumorstadien mit einem höhergradigen Anämiestadium und der deshalb notwendigen Transfusionstherapie assoziiert waren. Sie kann damit nicht die bislang nicht belegte oder widerlegte Strategie der präoperativen Anämiebehandlung durch "Auftransfusion" als gut oder schlecht klären. Das kann nur eine prospektive kontrollierte Vergleichsstudie. Wer macht sie?  

Pubmed

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Für Sie gelesen von T. Frietsch

 

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