Off Label Anwendung von aktiviertem Faktor

Diskussion und Ergebnisse einer Metaanalyse im New England Journal Medicine N Engl J Med 2010; 363:1791-1800: Bei der Off Label Anwendung von aktiviertem Faktor VII kommt es häufiger zu arteriellen Thromboembolien.

Levi und Koautoren haben alle plazebokontrollierten Studien an Patienten (26 Studien , n= 4119) und Probanden (9 Studien, n = 349) zusammen auf die Rate von thromboembolische Komplikationen untersucht- es fand sich kein signifikanter Unterschied zur Placebobehandlung (OR 1,17 (0,94-1,47), p=0,16)). Bei gesunden Probanden traten nur 3 Thrombosen im Zusammenhang mit Phlebitiden auf. In der Subgruppe aller Patienten allerdings traten arterielle thromboembolische Ereignisse signifikant häufiger  auf (OR 1,68 (1,2-2,36), p = 0,003). Koronare Gefäßverschlüssse waren signifikant (OR 2,39 (1,39-4,09), p = 0,002) und zerebrale Thromboembolien (OR 1,27 (0,74-2,17), p = 0,39) nur tendenziell häufiger. In Abhängigkeit vom Alter über 65 Jahre (OR 2,43 (1,34 – 4,41), p = 0,003) und über 75 Jahre OR (3,02 (1,22- 7,48), p = 0,02)traten Thromboembolien häufiger auf. Wurde die eingesetzte Dosierung (< 80µg, 80-120µg, >120µg pro kg) als Kovariate eingesetzt, traten mehr thromboembolische Komplikationen (6%, 10,3% und 11,9%)  auf, je höher die Dosierung war (p = 0,02) .

Die nun im aktuellen Heft (N Eng J Med 2011, 364 (6);574-576) veröffentlichten Diskussionsbeiträge von verschiedenen Autoren weisen mit einiger Berechtigung darauf hin, dass die retrospektive Kohortennanalyse von Levy et al. einige Schwächen aufweist: Die inhomogene Verteilung von Thrombose – zum- Blutungsrisiko im Gesamt-Patientenkollektiv (Patel et al), die unterschiedlichsten Indikationsgebiete (perioperativ, traumatisch, internistisch; präventiv, therapeutisch, etc.) als auch die nicht einbezogene Risikoabwägung des thromboembolischen Risikos gegenüber eines Verblutens.

Letzter Punkt wird aber meiner Ansicht in Zukunft dazu führen, dass die wertvolle Analyse von Levy et al. in Zukunft einbezogen wird, wenn es in der Kliniksituation darum geht, abzuwägen, ob rFVIIa off-label eingesetzt wird oder nicht. Sie bestätigt die aus theoretischen Gründen geäußerten Befürchtungen und schützt unsere Patienten vor dem unkritischen Gebrauch eines stark wirksamen prothrombotischen Gerinnungstherapeutikums. Im Angesicht der großen Steigerung der Anwendung außerhalb der Indikation Hämophile von 2000 bis 2008  in den USA (nur 3% des gesamten Absatzes in den USA waren im eigentlichen Indikationsgebiet) auf 17 813 Patienten im Jahr 2008, ist eine kritische Indikationsstellung auch hierzulande dringend geboten. In diesem Sinne ist die Analyse von Levy und Mitarbeiter bemerkenswert und klinisch wertvoll.

T. Frietsch   

Zurück