Rekonvaleszentenplasma oder Hyperimmunglobuline gegen Covid-19?

Piechotta V et al. Convalescent plasma or hyperimmune immunoglobulin for people with COVID-19: a living systematic review. Cochrane Database Syst Rev 2021 May 20;5(5):CD013600.doi: 10.1002/14651858.CD013600.pub4.

Die Studien und Meta-Analysen zum Rekonvaleszenz-Plasma (RKP) bleiben enttäuschend.

Es ist erst kürzlich im Mai in LANCET veröffentlicht worden, dass das "Recovery Trial" trotz einer extrem hohen Fallzahl nur unsichere positive Effekte zeigt. Die große europäische kontrollierte Studie hatte hochtitriges RKP verwendet, trotzdem war bei ca. 5000 Patienten gegenüber einer gleich behandelten Kontrollgruppe kein verbessertes Überleben oder klinische Verbesserung demonstriert worden. Zumindest waren die unerwünschten Wirkungen und Transfusionsreaktionen in der RKP-Gruppe nicht deutlich gesteigert.

Zur Alternative, dem Hyperimmunglobulin-Konzentrat, liegen gemäß eines neusten Cochrane Data Base-"Living Review" noch nicht genug Studien vor. Es fanden sich im jüngsten Update nur 20 Studien, davon lediglich eine kontrollierte RCT, drei systematische Kohortenstudien mit Kontrollgruppe (im folgenden "KKS" für "kontrollierte Kohortenstudie") und 16 Beobachtungsstudien ohne Kontrolle (im folgenden "UKS" für "unkontrollierte Kohortenstudie"), aber 98 neue Studien zum RKP oder Hyperimmunglobulin sind Stand ANFANG JUNI 2021 angelaufen, davon 50 randomisiert.

In den bis Juni 2021 abgeschlossenen Studien waren n=5443 Teilnehmer eingeschlossen, von denen 5211 mit RKP behandelt wurden. Zum Hyperimmunglobulin ist bislang keine Studie abgeschlossen.

Aus den 4 kontrollierten Studien (die RCT wurde frühzeitig gestoppt, aber die bis dahin eingeschlossenen 103 Patienten und 52 RKP-Empfänger wurden berücksichtigt) konnten ingesamt n=339 Teilnehmer mit insgesamt 107 RKP-Empfängern erfasst werden. Die Kontrollgruppen erhielten die jeweils gleiche Covid-19-Therapie ohne RKP.

Die Gesamtmortalität zum Zeitpunkt der Krankenhausentlassung war (Daten aus einer KKS, n=21) ohne Unterschied (Risk Ratio (RR) 0.89, 95% confidence interval (CI) 0.61-1.31; very low-certainty evidence).

Die Zeitspanne bis zum Versterben (Daten aus dem RCT, n=103 und einer KKS mit n=195) ist nur unsicher verschieden (RCT: Hazard Ratio (HR) 0.74, 95% CI 0.30-1.82; KKS: HR 0.46, 95% CI 0.22-0.96; very low-certainty evidence).

Die Verbesserung der klinischen Symptomatik wurde anhand der Notwendigkeit für apparative/maschinellen Unterstützung der Atmung untersucht (1 RCT, n=103; 1 KKS, n=195): Nach den Zeitspannen von 7, 14 und 28 Tagen ist kein sicherer Unterschied festzustellen (RCT: RR 0.98, 95% CI 0.30-3.19), 14 days (RCT: RR 1.85, 95% CI 0.91-3.77; KKS: RR 1.08, 95% CI 0.91-1.29), and 28 days (RCT: RR 1.20, 95% CI 0.80-1.81; very low-certainty evidence).

Sicherheit bzw. Komplikationen und Nebenwirkungen des RKP wurden in 1 RCT, 3 KKS und 10 UKS berichtet, allerdings erfassten die kontrollierten Studien nur die bei RKP-Empfängern unerwünschte Arzneimittelwirkungen ("AE - adverse events" and "SAE - serious adverse events") und selten wurde die Dauer, der Schweregrad bzw. das Versterben als SAE erfasst. Die 13 Studien, die das taten, berichteten haupsächlich über allergische und respiratorische Reaktionen. Daher ist kaum eine Aussage zu treffen, ob die Behandlung mit RKP schwerere Nebenwirkung hervorruft (very low-certainty evidence). In 14 Studien (n=5201) waren schwerste und vitalbedrohliche Nebenwirkungen erfasst worden, davon der Hauptteil aus einer unkontrollierten UKS mit n=5000. Dieselbe UKS erfasste auch 15 Tote in der Kategorie "schwerste SAE", davon 4 möglicherweise oder sicher mit der Transfusion von RKP assoziiert. Aus allen anderen Studien wurden hauptsächlich Anaphylaxie, transfusions-assoziierte Dyspnoe und transfusion-related acute lung injury (TRALI) gemeldet. Aus diesen Daten kann zur Sicherheit der RKP-Behandlung nichts geschlossen werden.

Die Qualität der vorhandenen Studien ist, so die Autoren der Analyse, sehr mangelhaft, da oftmals eine Kontrollgruppe und die Randomisierung fehlen. Leider eine voraussehbare Tatsache (siehe Nachricht der IAKH zu diesem Thema) und im Nachhinein nicht zu ändern. Vielleicht hilft ein ganz aktueller Aufruf zur Standardsisierung der Methodik, aber eine gleichlautende Analyse:  Gupta T et al. Systematic review and meta-analysis of randomised controlled trials testing the safety and efficacy of convalescent plasma in the treatment of coronavirus disease 2019 (COVID-19): Evidence-base for practise and implications for research. Transfus med 2021, 29 June 2021;https://doi.org/10.1111/tme.12803

Pubmed

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Für Sie gelesen von von Th. Frietsch

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