Restriktive versus liberale Transfusionstrigger in der Orthopädie

Müller S et al. Mortality, Morbidity and Related Outcomes Following Perioperative Blood Transfusion in Patients with Major Orthopaedic Surgery: A Systematic Review. Transfus Med Hemother 2018 Feb. 28: DOI: 10.1159/000481994 epub ahead of print

Restriktive versus liberale Transfusionstrigger in der Orthopädie- macht es in diesem speziellen, meist älterem und komorbidem Kollektiv einen Unterschied? Immerhin werden in der Orthopädie 10% der perioperativen Blutkonserven verbraucht. DIe Autoren des PEI in Langen haben die Morbidität und Mortalität von restriktiv und liberal transfundierten Patienten zusammengefasst: Die Meta-Analyse erfolgte aus 8 kontrollierten Studien (RCT) (n= 3693) und 6 Beobachtungsstudien (OS)(n=4,2 Mio). Die Alterspanne in den RCTs war von 70 bis 86 Jahre (Mean 77,6J) und 70% der Patienten waren weiblich, bei den OS 64 bis 86 Jahre (Mean 70,4J) und 64% Frauen.   

Bei den RCTs hatten die restriktiv behandelten Patienten die Hälfte des Risikos eine Bluttransfusion zu erhalten.

Das Ergebnis der RCTs war bezüglich der 

  • 30-Tage-Mortalität (RR 0.98, 95% CI 0.43– 2.27, Z = –0.04, p = 0.97), 
  • thromboembolische Ereignisse (RR 0.76, 95% CI 0.41–1.41, Z =-0.88, p = 0.38), 
  • zerebrale Ischämien (RR 0.36, 95% CI 0.12 to 1.13, Z = –1.75, p = 0.08), 
  • Myokardinfarkte (RR 1.55, 95% CI 0.95–2.53, Z = 1.74, p = 0.08), 
  • Pneumonie (RR 0.82, 95% CI 0.46–1.46, Z = –0.67, p = 0.51) und 
  • Verweildauer (Differenz means 0.01, 95% CI, –0.49 to 0.50, n.s.) nicht unterschiedlich, ob restriktiv oder liberal transfundiert wurde. 
  • Die Rate an Wundinfektionen war ebenso nicht unterschiedlich, obwohl ein gerade nicht signifikanter Trend zu einer reduzierten Rate in der restriktiven Behandlungsgruppe zu ersehen war(RR 0.58, 95% CI 0.33–1.02, Z = –1.90, p = 0.06).

Die Observationsstudien waren hinsichtlich ihrer Studienziele und auch der Ergebnisse nicht so gut zusammenzufassen. Eine große amerikanische Datenbankanalyse von KLika et al. mit 4,2 Mio verglich die allogene/homologe Transfusion mit keiner Transfusion. Bei den Observationsstudien wurden nicht restriktive und liberale Strategien verglichen, sondern Fremdblut mit Eigenblut bzw. MAT, bzw. mit keiner Transfusion: 

  • 30 Tage Mortalität- nur 1 Studie homolog versus keine Transfusion, n= 4,2 Mio - kein Unterschied, 
  • thromboembolische Ereignisse- 3 Studien, davon 1 Studie Eigenblut versus homolog, n = 9482 - kein Unterschied, 2 Studien homolog vs keine Transfusion und autolog versus homolog, n= 4,2 Mio, erhöhte Rate durch Fremdblut (OR 1,77 für Lungenembolie und OR 1,56 für Venenthrombose)
  • Myokardinfarkt- nur 1 Studie autolog versus homolog, n= 2884, erhöhte Rate durch homologe Transfusion
  • Wundinfektionen- alle 6 OS- alle finden erhöhte inzidenz durch Fremdblut
  • Pneumonierate- 1 Studie n= 12177, autolog vs homolog vs. keine Transfusion, erhöhte Rate durch homologe Transfusion, am geringsten ohne Transfusion
  • Verweildauer- 4 Studien n= 4,2 Mio- am kürzesten mit autologer oder ganz ohne Transfusion

Die wesentlichen Ergebnisse sind meiner Ansicht nach die der RCTs. Dass darunter die Studie von Jeff Carson et al. mit 2016 von 3693 Patienten eine übergroßen Stellenwert hat, ist klar. Das besondere Charakteristikum seiner Patienten war die hohe kardiovaskuläre Komorbidität. Die Transfusionstrigger in den RCTs "liberal" reichten von Hb 10 über 11,3 g/dl bis hin zu "Standard", "restriktiv" von 7,3 oder <8 g/dl über 9,7g/dl bis hin zu "risikoadjustiert". Trotz dieser Unzulänglichkeiten überzeugt die wesentliche Botschaft- auch in diesem orthopädischen Kollektiv- keine Nachteile der restriktiven Strategie.

Die Observationsstudien sind meiner Ansicht durch die Inklusion des hohen Anteils der Patienten aus Studien des  Vergleichs von Fremdblut mit keiner Transfusion nicht aussagekräftig. Es ist einleuchtend, dass transfusionspflichtige Patienten ein schlechteres Outcome erzielen. Man hätte sich deshalb die Beschränkung auf den Vergleich von autolog zu homolog auferlegen sollen, auch wenn die Fallzahl dann kaum auswertbar gewesen wäre.

Pubmed (zur Zeit noch nicht in Pubmed)

Für Sie gelesen von T. Frietsch

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