Simulationstraining in der Hämotherapie ist hocheffektiv

Lutgendorff MA et al. Interprofessional obstetric simulation training improves postpartum haemorrhage management and decreases maternal morbidity: a before-and-after study. BJOG 2023 Aug 14. doi: 10.1111/1471-0528.17640. Online ahead of print.

Werden in der Luftfahrt oder Notfallmedizin die seltenen kritischen Situationen von den Entscheidungsträgern eingeübt, verbessert sich die Erfolgsquote und verringert sich das Risiko für die Beteiligten. Warum sollte sich das bei anderen Bereichen oder medizinischen Fachdisziplinen anders sein?

Bei der Massivtransfusion ist das ebenfalls möglich, die IAKH bietet ein computergestütztes Simulationstraining vor Ort an  (siehe auf der Seite der IAKH AG). Dass ein Simulations-Training auch für eines dieser hämotherapeutischen Notfälle hocheffektiv ist, ist aber nicht mit hoher Evidenz nachzuweisen gewesen, wie eine Cochrane Data Base Analyse von 2020 ergab.

Zur Erhöhung der Beweiskraft hat nun ein amerikanisches Team der Johns-Hopkins-Universitätsklinik in Baltimore gezeigt, wie der Effekt des computergestützten Trainings bei der postpartalen Blutung (PPH) in einer Studie zum Vorher- und Nachher-Vergleich ist. Sie benutzten dabei das Ausbildungssystem des Militärs an 8 Standorten mit ca. 40 000 Geburten pro Jahr. Untersucht wurde dabei primär, ob sich durch das Training die Rate an PPH, erst in zweiter Linie Surrogatparameter wie der Verbrauch an Blutprodukten, Uterotonika oder Tranexamsäure,aber auch die Hysterektomierate, die Krankenhausverweildauer unhd mütterliche Letalität verbessern lässt.

PPH war definiert als der Blutverlust mit einem Blutungsvolumen > 1000ml bei der Geburt.

Über 70 % des Personals (n=721 Personen in 54 Teams) wurde einem 4-stündigen Training unterzogen. Die folgenden ca. 5000 Geburten wurden mit einer gleichen Anzahl von Entbindungen vor dem Training verglichen. 

Nach dem Training wurden mehr Schwangere als mit Risiko für PPH behaftet eingestuft (41.6% vs. 8.7%), obwohl die Entbindungsart und andere Charakteristiken der Schwangeren gleich waren. Allerdings war die  PPH-Rate nicht signifikant geringer (5.48% vorher  vs.  5.14%, p = 0.46), die mütterliche Sterblichkeit aber sank etwas (6.35% vorher auf 5.28% nachher (p =  0.03) und auch die Verweildauer im Krankenhaus fiel leicht von 2.05 auf 2.01 Tagen (p = 0.04). Die Prophylaxe und Therapie der PPH erfolgte mit gezielten Maßnahmen nun in 51% aller Entbindungen gegenüber vorher nur in 8% der Fälle. Der Gebrauch an TXA verdoppelte sich beinahe von 2.72%  vs.  4.76%,  p = 0.001), die Inzidenz der Massivtransfusion fiel um 57%, die Hysterektomierate stieg von 0 auf 4 Fälle (p =  0.03). 

Damit konnte durch das Training der Mitarbeiter eine Verbesserung beim Umgang mit der postpartalen Hämorrhagie erreicht werden. Absolvent/innen des Trainings waren besser darauf vorbereitet, PPH-Notfälle zu bewältigen und angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Das interprofessionelle Simulationstraining in der Geburtshilfe hatte messbare Auswirkungen auf die Verringerung der mütterlichen Morbidität, auf die Verweildauer der Gebärenden und auf eine verbesserte interprofessionelle Zusammenarbeit, Teamarbeit und Kommunikation.

Pubmed

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Für Sie gelesen von Th. Frietsch

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