Thrombelastographie zur Beurteilung der Gerinnungsaktivität bei Blutspendern und Blutkonserven

Bontekoe IJ et al. Thromboelastography as a tool to evaluate blood of healthy volunteers and blood component quality: a review. x Sanguinis (2019) 114, 643–657

Ein interessanter Aspekt bei der Anwendung von viskoelastischen Methoden ist, welchen Einfluss die Präanalytik sowie physiologische Unterschiede der Blutspender wie Verdünnnung der Probe, Lagerung, Alter und Geschlecht auf die Messparameter haben. Ebenso ist die Frage, ob die Methode sich eignet, die verschiedenen Einflüsse auf die Thrombozytenkonserven und Blutkonserven sowie Einflüsse der Lebensführung von Blutspendern abzubilden.

Jetzt hat eine Autorengruppe des holländischen Blutspendediensts Sanquin einen schönen Überblick verfasst.

Zunächst einmal wurde geklärt, wie die thrombelastometrischen Methoden und Geräte (TEG, ROTEM) funktionieren, welchen Einfluss die präanalytischen Fehlerquellen Verdünnung, Temperatur und Lagerdauer auf die Ergebnisse haben.

Im Vergleich zu Männern haben gesunde weibliche Spender kürzere Intiationszeiten (CT 3-16%) und Gerinnselbildungszeit (CFT, 5-27%) als auch eine höhere Gerinnselfestigkeit (CCFT/MA 3-11%), die durch die bekannten, hormonell bedingten höheren Fibrinogen- und F VIII-Spiegel als auch niedrigeren Protein S-Konzentration im weiblichen Plasma bedingt sind. Mit steigendem Alter ist eine Hyperkoagulobilität zu messen: Über dem 50. LJ ist die Gerinnselbildungsgeschwindigkeit beschleunigt und die Gerinnsel-Festigkeit erhöht. Ethnische Unterschiede auf die Gerinnbarkeit des gespendeten Blutes lassen sich nicht mit der Messmethode nachweisen.

Die Einnahme von Kontrazeptiva der ersten zwei Generationen erhöhte den Fibrinogenspiegel noch deutlich, was thrombelastographisch in einer um über 20% erhöhten Gerinnselfestigkeit gemessen werden konnte. Ab der dritten Generation finden sich keine Veränderungen mehr. Die Einnahme von nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) ist nur nachweisbar, wenn man spezielle Plättchenaggregationsassays durchführt. Wurden die Spender von Thrombozytenkonzentraten unter Diclofenac oder Naproxen durch solche ADP-oder Aspirin-sensitive Tests identfiziert, verschwand die Nachweisbarkeit von Naproxen während der Lagerung.

Unterschiede zwischen Nichtrauchern und Rauchern konnten nicht festgestellt werden, aber eine bis zu 17%ige Steigerung der Gerinnbarkeit unmittelbar nach dem Rauchen von 2 Zigaretten konnte nachgewiesen werden. Physiologischer Stress durch körperliches Training oder Blutspende verursacht messbare Hyperkoagulabilität und dosisabhängige Fibrinolyse. Mit sinkender Temperatur verlängert sich die Zeit bis zur Gerinnselbildung, aber die Gerinnselfestigkeit steigt.

Eine Blutspende hat je nach Art der Spende differente Auswirkungen auf die Thrombelastometrie/graphie: Vollblutspenden steigern die Gerinnbarkeit vorübergehend (für eine Stunde verkürzte Initiationsphase und leichte erhöhte Gerinnselfestigkeit) bei unveränderten Fibrinogen- und Antithrombinspiegeln. Mehrkomponent-Apheresen verringern die Gerinnselfestigkeit  parallel zu den Fibringenkonzentrationen, Thrombozytenzahlen und Hämatokritwerten.

Die Gerinnungsparameter nach Erythrozyten-Apheresen sind der Vollblutspende ähnlich: CFT um 10% kürzer, leicht (3%) erhöhte Gerinnselfestigkeit  trotz erniedrigten Fibrinogen- und um 13% reduziertem Hämoglobinspiegeln und unveränderten Thrombozytenzahlen. Thrombelastometrische Methoden sind also sensitiv für kurzfristige und geringe Veränderungen von gesunden Probanden und Blutspendern.

Testet man gelagerte Blutkompontenten mit viskoelastischen Methoden, sind verschiedenen EInflüsse der Konservierung auf die Gerinnungsfähigkeit zu messen: Für 3 Tage bei Zimmertemperatur gelagertes "Warm-"/Vollblut findet sich ab dem 10 Tag gegenüber der Kühlschranklagerung eine besser erhaltene Gerinnbarkeit in Form von gesteigerter Gerinnselbildung und Gerinnselfestigkeit.

Die TEG/ROTEM-Messungen sind über große Bereiche unsensitiv für sinkende Thrombozytenzahlen (bis zu 80 000/µl) als auch der Aggregatbildung ab dem 2. Lagerungstag bei 4°C. Thrombozytensparende Leukozytendepletionsfilter führten nicht zur  Gerinnungsaktivierung. Die Kühllagerung von leukozytenreduzierten Vollblut beeinträchtigte die viskoelastisch gemessenen Gerinnungsparameter nach 21 Tagen weniger als die Raumtemperaturlagerung und auch geringer als  Riboflavin - oder UV-Behandlung von gekühltem Vollblut, wohl auf die bessere Erhaltung der Fibrinogenkonzentration zurückzuführen. Thrombozytenzahlen sinken unter Kühllagerung um 30%.  

Bei gelagerten als auch gefrorenen Thrombozytenkonzentraten sind wertvolle Informationen über die Lagerungsschäden von Thrombozyten zu gewinnen. Die sehr detaillierte Schilderung der durch die Variation der Testbedingungen in einem standardisiertem Plasma ist sehr lesenswert.

Zusammenfassend eignen sich viskoelastische Vollblutverfahren zur Beurteilung bestimmter gerinnungsrelevanter Veränderungen bei Blutspendern und Konserven.

Pubmed

Für Sie gelesen von T. Frietsch

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