Thrombelastographie zur Traumaversorgung der Beckenfraktur

Bostian PA et al. Thromboelastography is predictive of mortality, blood transfusions, and blood loss in patients with traumatic pelvic fractures: a retrospective cohort study. Eur J Trauma Emerg Surg 2020 Nov 11. doi: 10.1007/s00068-020-01533-8.

Beckenfrakturen sind oftmals mit einer schweren Blutung, einer Transfusionspflichtigkeit und mit einer Sterblichkeit um 15% verbunden. Oftmals ist schon aufgrund des Volumenverlusts eine Massivtransfusion notwendig, aber die frühzeitige Korrektur der Koagulopathie ist für die immer noch hohe Sterblichkeit bedeutsam. Es wäre schön, wenn sich bestätigte, dass die viskoelastischen Point-of Care-Messmethoden aufgrund ihrer raschen Verfügbarkeit und der spezifischen Fibrinolysediagnostik eine bessere und erfolgreiche Therapie ermöglichten.

In einer monozentrischen retrospektiven Kohorten-Studie aus West-Virginia in den USA wurden alle Unfallopfer mit schweren Traumen zwischen 2012 und 2016  bei Aufnahme mit einer Thrombelastographie (TEG) diagnostiziert. Dann wurde die Sterblichkeit im Krankenhaus, Transfusionsbilanz und der Verlauf der Hämoglobinkonzentration analysiert. Eine Subgruppenanalyse wurde hinsichtlich des Typs der Beckenfraktur unternommen.

Interessanter wurde eine einfache, parameter-basierte Tabelle für die Verabreichung der Blutprodukte zugrunde gelegt, die wir so einfach und als Vorlage geeignet finden, dass wir sie unten nochmalig übersetzt haben (s.u.). Bei Massivtransfusion wurde ein Verhältnis von EK-FFP-TK wie 1:1:1 vorgegeben.

Eingeschlossen wurden n=141 Patienten im Alter von 49 ± 21 Jahren und einem mittleren Schweregrad der Verletzungen (Injury Severity Score (ISS)) von 25.18 ± 12.8. Dabei waren natürlich auch abdominelle Blutungsquellen und Extremitätenfrakturen. Die große Mehrzahl (78.0%) der Patienten wurden mit einer Gesamtzahl von 1486 Blutprodukten in einem Verhältnis von EK-FFP-TK ca. 7:4:1 versorgt. Knapp die Hälfte (46.1%) musste operiert werden und bei 12.7% war eine Embolisation notwendig. Die Sterblichkeit im Krankenhaus war 14.9%.

Der Schweregrad der Verletzung korrelierte nicht mit dem Lyseaktivität nach 30 min (Ly30). Das Ausmaß der Lyseaktivität nach 30 min (gemessen mit dem thrombelastographischen Parameter LY30 von im Mittel 5.3% ± 16.1%) war mit dem Blutverlust (p < 0.0001), der Anzahl der transfundierten Erythrozytenkonzentraten (EK) (p < 0.0001) und der Sterblichkeitsrate (p = 0.0002) assoziiert. 

In diesem retrospektiven Setting konnte die Sterblichkeit trotz des TEG gesteuerten Gerinnungsmanagements nicht deutlicher gesenkt werden. Das war auch nicht das Ziel gewesen- diese retrospektive Studie sollte herausfinden, ob man und mit welchen Parametern vergleichbare Ergebnisse im eignen Haus erzielt. Die Sterblichkeit war wie in Vorstudien im gleichen Ausmaß , auch wenn das Management TEG gesteuert und das Verhältnis der Blutkomponenten anders war (z.B. Mamczak et al. EK-FFP-TK wie 2,5:1:2,8). Die Autoren führen das mit Verweis auf die CRASH-II und MATTERS auf den vermutlich zu späten Einsatz von TXA zurück.
 
Die Schlussfolgerung ist die Forderung nach einer kontrollierten Studie mit einer niedrigeren Schwelle der LY30 von ca. 3% (bisheriger Grenzwert der Hyperfibrinolyse erst ab 7,5%).
 
 
Tabelle aus der Publikation
 
TEG-Parameter Klinische Ursache Maßnahme*
R-Zeit > 10  Mangel an plasmat. Gerinnungsfaktoren FFP** +/- EK
alpha Winkel < 53 Fibrinogenverlust TKs +/- Kryo*** +/- EK
MA<50 Plättchenfunktion pathologisch TKs +/- EK
LY30 >3% Fibrinolyse Txa*** +/-EK 
 * Durch die Verfügbarkeit von Prothrombinkomplex (PPSB) und Fibrinogen und Faktor XII - Konzentrat ergeben sich für Deutschland andere Therapieempfehlungen, im Allgemeinen PPSB anstatt FFP** und Fibrinogenkonzentrat anstatt oder zusätzlich ***
 
Für Sie gelesen von Th. Frietsch 

 
 

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