Thrombozytenfunktionalität von Pool- oder Apherespräparaten

Fiedler SA et al. Evaluation of the in vitro Function of Platelet Concentrates from Pooled Buffy Coats or Apheresis. Transfus Med Hemother 2020, DOI: 10.1159/000504917

Thrombozytentransfusion als Pool-TK oder als Apheresethrombozyten-Konzentrat eines Einzelspenders? Bislang gelten sie trotz aller Argumente als gleichwertig (siehe Stellungnahme des AK-Blut 2015 und die Stellungnahme des BDT von Zimmermann & Bender 2011 (Berufsverband deutscher Transfusionsmediziner), lässt auch die Versorgungslage kaum eine Bevorzugung der einen oder anderen Form zu. Aber wenn man Unterschiede zum Beispiel in der Funktionalität der Thrombozyten ausmachen könnte, wären individuelle Anprechraten möglicherweise zu verbessern. Bisherige Studien fanden keine Unterschiede in Effektivität (zB: Triulzi et al., Blood 2012), aber vermehrt ernsthafte Nebenwirkungen und allergische Reaktionen auf Apheresekonzentrate (Daurat et al., Transfusion 2016).

Die Arbeitsgruppe des Paul-Ehrlich-Institituts (PEI) hat verschiedene Parameter zur Form, Energiehaushalt und Funktionalität von gelagerten Thrombozyten verglichen. Jeweils 20 Pool-Konzentrate aus dem BuffyCoat nach Zentrifugation von mehreren Einzelspenden und 20 Apheresekonzentrate wurden am den Tagen 2, 4 und 7 nach Spende verglichen.

Untersucht wurden Stoffwechsel (Glukoseverbrauch und Laktatbildung), Degranulation (Annexin V Bindung mittels Flowzytometrie FACS),  Morphologie (Transmissions-Elektronenmikrospkopie und Shape Change (SAP-2000, Chronolog), Aktivierung (ELISA auf CCL5/ RANTES, CXCL-7/NAP-2 (neutrophil activating protein-2), soluble P-selectin, CD40L, IL-6, C3a und C5b-9 als auch Aggregation mittels Lichttransmissions-Aggregometrie (Chrono-log series 490; Probe & go Labordiagnostica, Lemgo) und Thrombelastometrie (ROTEM delta, Werfen) unter Ruhe und Shearstress -Simulation (ibidi-Perfusionssystem, Martinsried, Germany).

Sterilität und Thrombozytenzahl war in beiden Präpartionsforen über die Lagerungsdauer bis 7 Tage stabil. Alle Parameter waren vergleichbar, bis auf einzelne und nur punktuelle Abweichungen im Verlauf bis zum Ende der Untersuchungsperiode. Die gleichbleibenden Stoffwechselparameter zeigten für beide Produkte stabile Lagerungsbedingungen an. Die dIskoide Morphologie als Ruhezustand der Thrombozyten , Chemokinfreisetzungsmuster, Reaktion auf Shearstress und Rezeptorverhalten bei Stimulation waren gleich.

Die Aggregationsantwort auf ADP und Kollagen zeigte aber erhebliche Minderungen sowohl in einzelnen Apherese- als auch Poolkonzentraten. Ähnliches ließ sich, wohlgemerkt ohne Unterschied zwischen den Herstellungsarten, für die teilweise erhöhten Konzentrationen an bioaktiven Peptide und Zytokinen wie IL-6, CXCL7 und RANTES bereits zu Beginn der Lagerungsperiode bemerken. Erstaunlich ist, dass diese vermutlich durch die Lebensführung und/oder nicht erfasste Medikamenteneinnahme der Spender verursachte Variabilität nicht durch das Poolen mehrer Spender ausgeglichen werden konnte. Aber diese Unterschiede bestätigen die unterschiedliche Wirksamkeit von Thrombozytenkonzentraten beim Empfänger.

Wie dieser zu begegnen ist? Die Autoren  des PEI gaben darauf in der Diskussion keine zufriedenstellende Antwort. Ob deshalb eine systematische Funktionstestung der Spender angezeigt wäre? Dazu wäre eine größere Studie zum Einfluss der möglichen individuellen Faktoren der Spender auf die Arzneimittelqualität notwendig. Hinsichtlich der Qualitätsansprüche an ein künstlich hergestelltes Pharmakon wäre aber sicher ein gleichbleibender Stimulationseffekt auf die Gerinnung gefordert.

Die Lagerung der je 20 Thrombozytenkonzentrate fand in 100% Plasma statt, dies ist aber entgegen der gängigen Praxis der deutschen TK-Herstellung: Apheresekonzentrate sind in ACD-A Stabilisatorlösung gelagert, die Buffycoat-Poolkonzentrate in 70% nicht glukosehaltige Additivlösungen und 30% Plasma. Wollte man eine Vergleichbarkeit in der Studie herstellen oder die Gleichwertigkeit der Präparate testen? 

Die Methodik der PEI-Untersucher hat bereits berechtigte Kritik an einzelnen methodischen Details (wie der Beurteilung der Plättchenfuntkion mit eine ROTEM delta, der Beurteilung der Morphologie in nicht standardisierten Proben und der statistische Nachweis bei nicht allzu großer Fallzahl) hervorgerufen (Wolny et al. Clin Lab 2020 (3))

Ein Artikel , der mehr Fragen aufwirft, als eine Diskussion über Pool oder Apherese zu beenden. Schade.

Pubmed

 

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Für Sie gelesen von Th. Frietsch

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