Ticagrelormonotherapie nach komplexer Koronarintervention

Mehran R, et al. Ticagrelor with or without Aspirin in High-Risk Patients after PCI. N Engl J Med. 2019 Nov 21;381(21):2032-2042. doi: 10.1056/NEJMoa1908419.

Nach komplexen Koronarinterventionen mit Drug eluting Stents (DES) ist die bisherige duale Plättchenhemmung gängige Praxis, aber mit einem Blutungsrisiko verbunden je länger sie dauert und damit auch der Morbidität und Mortalität. Die Monotherapie mit Acetylsalicylsäure (ASS) ist hinsichtlich der Verhinderung von thromboembolischen Komplikationen unterlegen. Die Monotherapie mit dem P2Y12-Rezeptorenhemmer Ticagrelor (T) ist bisher in dieser Indikation nicht erprobt.

Die Daten der TWILIGHT-COMPLEX randomisierten Studie wurden nun noch im Rahmen einer post hoc-Analyse auf Unterschiede hinsichtlich der Blutungskomplikationen und der thromboembolischen Komplikationen nach komplexer Koronarintervention (KKI) untersucht.

Den Patienten, die 3 Monate nach einer KKI die Fortführung einer dualen Plättchenhemmung von T (2x 90mg) mit ASS (1x 80-100mg) für ein weiteres Jahr erfuhren wurden Patienten gegenüber gestellt, die eine Monotherapie mit T drei Monate nach KKI für ein Jahr weiterführten.

Als KKI war die Intervention in 3 oder mehr Gefäßen, langstreckige Stenteinlage >60mm, mehrfache Stentimplantation in eine Bifurkation, erfolgte Artherektomie, Interventionen in der linken Koronararterie, im Bypassgefäß oder die Korrektur eines chronischen Verschlusses definiert. Gemessen wurden als primäres Studienziel die Blutungskomplikationen anhand der BARC-Skala, sekundär Moralität, Herzinfarkt, Stentthrombosen und zerebraler Insult.

Die BARC-Skala ist auf eine Definition der FDA zurückzuführen (OpenAcess Publikation): 0 - keine Blutungen; 1 - unbedeutend, spontan terminiert, erfordert keine medizinische Fachintervention; 2 - beträchtlich (verursacht entweder fachgerechte Untersuchung oder nichtchirurgische Blutstillung oder Krankenhausaufnahme); 3a - Hämoglobin-Abfall um 3-5 g/dl Hb oder Bluttransfusion chirurgische Blutstillung; 3b - Hämoglobin-Abfall >5g/dl Hb, oder kardiale Tampinade, oder chirurgische Blutstillung oder/und vasoaktive Substanzen erforderlich; 3c - intrazerebrale Blutung, intraokuläre Blutungen oder Subkategorien; 4 - Blutungskomplikationen der koronaren Bypasschirurgie; 5 - wahrscheinliche oder definitive fatale Blutung.

Ausgewertet wurden die komplexen und nichtkomplexen Koronarinterventionen: Nur bei den komplexeren Koronarinterventionen halbierte die alleinige Einnahme von 2x90mg T für ein Jahr in einem Abstand von 3 Monate nach KKI das Risiko für BARC 2, 3 und 5 Blutungen (Hazard Ratio HR 0.54 (95% Konfidenzinterval CI 0.38-0.76)), für Koronarthrombolysen (HR0.54 (0.38-0.76), für Revaskularisationen (HR 0.51 (0.24-1.09)) und reduzierte schwerer Blutungen nach BARC 3 und 5 um 60% (HR 0.41 (0.21-0.80)) oder nach der Definition der ISTH (Internationale Gesellschaft für Thrombose und Hämostaseologie) (HR 0.41 (0.22-0.79)).

Ischämische Komplikationen wie Myokard- oder zerebraler Infarkt waren in allen Gruppen gleich.

Das heißt das die einjährige Monotherapie mit Ticagrelor 3 Monate nach komplexen Koronarinterventionen mit einem geringeren Blutungsrisiko, aber gleichem anti-ischämischen Schutz wie die duale Plättchenhemmung T+ASS verbunden ist. Das ist eine Bestätigung der GLOBAL-LEADERS-Studie, die zwar mehr Patienten untersucht hat, aber keine Placebo-Kontrollgruppe hatte.

Damit ist die Evidenz zur Aussage der postinterventionellen Plättchenhemmung nach komplexen Koronarinterventionen noch immer nicht hieb und stichfest, aber doch plausibel und einleuchtend. Monotherapie mit Ticagrelor reduziert die Blutungskomplikationen bei gleichem protektiven Effekt!

Pubmed

Open Access

 

Für Sie gelesen von Th. Frietsch

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